Am besten gut versichert
Die Zahl der Insolvenzen steigt. Aber Pleiten sind nur ein Grund, weshalb Geschäftsführer in Haftung genommen werden können. Daher sind D&O-Policen so wichtig. Beim Abschluss gibt es Einiges zu beachten.
Chef zu sein, ist derzeit besonders riskant. Für Fehlentscheidungen haften sie mit ihrem privaten Vermögen. In einer von Krieg, Krisen, Wandel, Transformation und (Klima-)Anpassung geprägten Welt können Führungskräfte schon mal daneben liegen, und zwar so krass, dass das Unternehmen wirtschaftlichen Schaden nimmt. Nichtstun ist auch keine Lösung. Denn auch für nicht getroffene Beschlüsse können Manager zur Verantwortung gezogen werden.
Wichtig ist daher finanzieller Schutz – und zwar in Form einer Managerhaftpflichtversicherung, auch hierzulande kurz D&O-Police genannt. D&O steht für die angelsächsischen Führungsorgane Directors and Officers – in Deutschland Aufsichtsräte, Vorstände, Geschäftsführer, Prokuristen und andere Entscheidungsträger. Für Ansprüche gegen diese Personen spielt es keine Rolle, ob der Entscheidungsträger noch im Unternehmen arbeitet oder ausgeschieden ist.
Anlässe für behauptetes oder tatsächliches Fehlverhalten gibt es viele, in der Innenhaftung etwa Kontrollmängel, Verletzung von Berichtspflichten, Kalkulationsfehler oder kriminelles Verhalten von Mitarbeitern, und in der Außenhaftung Insolvenz, Prospekthaftung oder Vertragsstreitigkeiten (siehe Übersicht: „Haftung von Managern“). Kommt es zu Ungereimtheiten, muss das Unternehmen von dem verantwortlichen Manager Schadenersatz fordern und notfalls vor Gericht treten. Ohne D&O-Police kann das für den Beklagten den finanziellen Ruin bedeuten. Das Paradoxe an dieser Versicherung: Die Kosten trägt das Unternehmen als Versicherungsnehmer. Den Schutz erhalten die Führungskräfte als versicherte Personen.
Mehr Regulierung, mehr Absicherung
„In den letzten Jahren haben sich die Haftungsrisiken erheblich verschärft“, sagt Bernhard Plückthun, Managing Director der Global Assekuranz Versicherungsmakler. Aktuell zum Beispiel lasse die Wirtschaftsflaute immer mehr Unternehmen in die Pleite rutschen. Auch die Regulierung führe zu Absicherungsbedarf. Beispielhaft nennt er Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Hinweisgeberschutzgesetz und NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz. „Angriffe auf Unternehmen nehmen zu. Es obliegt der Geschäftsführung, entsprechende Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und Fehlverhalten im Unternehmen zu verhindern.“
Den Ausführungen Plückthuns zufolge „halten die Deckungen und Leistungen der D&O-Policen grundsätzlich mit den aktuellen Entwicklungen Schritt“. Er stellt aber klar: „Der bloße Abschluss einer Managerhaftpflichtversicherung bietet in der Regel keinen vollumfänglichen Schutz.“ Ohne eine „qualitätsorientierte Auswahl“ von Beratern, Versicherern und Produkten blieben oft Lücken. Schnell abzuschließen, sei nicht angebracht. Die Lösung müsse zum Bedarf passen.
Laut Melanie Berggold, Pressesprecherin bei der Allianz Versicherungs AG berücksichtigt der Versicherer aktuelle (regulatorische) Entwicklungen in Produkt-Updates oder in neuen Tarifgenerationen. Grundsätzlich orientiere sich das Leistungs- und Deckungsangebot der Allianz an den momentanen Anforderungen für Manager. Die Sprecherin sagt aber auch, dass der Versicherer sich die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens vor Abschluss einer D&O-Police genau anschaue. Könnte eine Insolvenz drohen, „würde man dieses evidente Risiko mit entsprechenden Ausschlüssen und Eingrenzungen des Versicherungsschutzes adressieren.“
Restriktivere Risikoprüfung
Das ist ein Hinweis, dass es auch für die Anbieter gewisse Risiken gibt und sie nicht leichtfertig D&O-Policen vertreiben; selbst wenn der Bedarf im Mittelstand Fachleuten zufolge groß ist. Auch Plückthun sagt, dass sich das Annahmeverhalten der Versicherer deutlich verändert hat. „Die Risikoprüfung ist restriktiver und schadensensitiver geworden.“ Auch die Prämien – also die Kosten der Versicherung – hätten etliche Anbieter in der jüngeren Vergangenheit erhöht. Die Deckungssummen im Markt seien dagegen je nach Branche auf fünf bis zehn Millionen Euro gesunken.
Wichtig zu wissen für Manager: Die Deckungssumme einer D&O-Police gilt für alle über dieses Produkt versicherten Führungskräfte. Nimmt das Unternehmen alle oder mehrere Personen erfolgreich in Haftung und zahlt die D&O-Police den Schaden, sind zehn Millionen Euro schnell aufgebraucht. Worauf beim Abschluss sonst noch geachtet werden muss, erklärt Plückthun ebenfalls: Zunächst sind da die vorvertraglichen Anzeigepflichten. Hier müsse alles auf den Tisch. Auch müssten Fragebögen korrekt und vollständig ausgefüllt werden – dies gelte auch bei Vertragsverlängerungen. „Andernfalls droht der Verlust des Schutzes“, so der Fachmann. Für Manager als versicherte Person sei oft ein Problem, dass sie nicht über die Angaben informiert seien, die ihr Unternehmen bei der Antragstellung oder bei einer Verlängerung machen. Auch auf die Auswahl des Versicherers und des Produkts hätten Manager in der Regel keinen Einfluss.
Die persönliche D&O-Police
„Eine Lösung für Führungskräfte besteht darin, eine persönliche D&O-Police sowie ergänzende Rechtsschutzverträge zu nutzen“, erklärt Plückthun. Letztere seien sinnvoll, weil eine D&O-Police meist nicht alle Risiken abdecke. Mit dem Abschluss von zum Beispiel Strafrechtsschutz-, Vermögensschadenrechtsschutz- und Versicherungsvertragsrechtsschutzpolicen könnten Führungskräfte umfassenden Schutz erlangen. Dieser freilich treibt auch die gesamten Absicherungskosten in die Höhe.
Eine persönliche D&O-Police bieten nur wenige Versicherer an – die VOV gehört dazu. Hinter der D&O-Versicherungsgemeinschaft stehen vier Anbieter: Generali, HDI, Inter und Nürnberger. Lars Sapara, Leiter Vertrieb bei VOV, skizziert das Produkt: „Der Schutz ist grundsätzlich derselbe wie jener, den man als versicherte Person unter einer Unternehmens-D&O-Deckung erhält. Allerdings gilt bei der persönlichen Variante die Deckung nur für den einzelnen Manager. Er verfügt folglich über eine höchsteigene Versicherungssumme.“ Die persönliche Absicherung muss die Führungskraft auch selbst abschließen und bezahlen.
Versicherung gegen Insolvenz
Was die Unternehmens-D&O-Police betrifft, verweist Sapara auf eine Weiterentwicklung. VOV biete die sogenannte ReCo-Deckung an. Der Produktbaustein zielt auf die Verhinderung einer drohenden Insolvenz. Dazu der Vertriebsleiter: „Zur Vermeidung des Eintritts eines D&O-Versicherungsfalls übernimmt die VOV zum Beispiel die Kosten der Beauftragung eines Top-Spezialisten für Restrukturierung und Sanierung, der die Versicherungsnehmerin, ein Tochterunternehmen oder eine versicherte Person situationsbezogen berät.“ Das könne ein wichtiger Baustein sein, „um das Ruder herumzureißen“, sagt Sapara. Insofern sollten Unternehmen und Manager sich intensiv mit den Bedingungsinhalten des Absicherungsprodukts befassen.
Diesbezüglich hat Sapara noch einen Tipp: Weil Manager auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Unternehmen von diesem in Haftung genommen werden können, sollten sie eine sogenannte Verschaffungsklausel in ihren Dienstvertrag aufnehmen. Hiermit ließen sich Parameter wie Versicherungssumme oder Bedingungsinhalte der Unternehmens-D&O-Police zusichern. „Das schützt im Fall des Falles vor unangenehmen Überraschungen.“ Denn in der Praxis bestehe die Gefahr, dass Unternehmen nach dem Ausscheiden von Managern die D&O-Versicherungssumme reduzieren oder Versicherungsbedingungen einschränken. Chef sein ist halt in vielerlei Hinsicht riskant. Entsprechende Versicherungen machen die Risiken zumindest handhabbar. Weil die Materie komplex ist, ist vor Abschluss eine unabhängige Beratung empfehlenswert.
Haftung von Managern
Typische Fälle von (behauptetem) Fehlverhalten eines Managers
Innenhaftung(gegenüber dem Unternehmen) | Außenhaftung (gegenüber Dritten) |
Fehler bei Kauf, Verkauf | Insolvenz |
Kontrollmängel, Überwachungsfehler | Fehlerhafte Anlegerinformation |
Kriminelles Verhalten von Mitarbeitern | Sonstige Interessenkonflikte |
Verletzung von Berichtspflichten | Vertragsstreitigkeiten |
Kompetenzüberschreitung | Prospekthaftung |
Kalkulationsfehler | Haftung für nicht abgeführte Sozialabgaben |
Schwarze Kassen, Bestechungsgelder | Fehlerhafte Geschäftsberichte |
Quelle: Susanne Warning, Manager mit beschränkter Haftung. Die D&O-Versicherung im Rahmen der Corporate Governance
Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Stefan Terliesner
Bildnachweis: Thomas Barwick / Getty Images
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