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Insolvenz oder Erfolg? Zwei Zahlen entscheiden

Die Zeiten, in denen die Insolvenz mit der Liquidation eines Unternehmens gleichzusetzen war, sind lange vorbei. Dank einer Vielzahl von Sanierungsmöglichkeiten bestehen für Unternehmen in der Schieflage Chancen zur Rettung.

Ein bekannter aktueller Fall ist der von Galeria Kaufhof Karstadt, der allerdings mit dem dritten Insolvenzantrag in wenigen Jahren ein Argument für die Befürworter darstellt, die in der Insolvenz auch größerer Unternehmen mehr die Pflicht zur Abwicklung als die Chance zur Sanierung sehen. Creditreform ist im Zusammenhang mit der Erhebung der Zahlen zum aktuellen Insolvenzgeschehen auch der Frage nachgegangen, inwiefern Betriebe in der Sanierung im Zusammenhang mit der Insolvenz schließlich besser dastehen als Unternehmen, die sich in der klassischen Insolvenz befinden.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass auch das Insolvenzverfahren die Möglichkeit zur Sanierung bietet. Im Verfahren ist zunächst ein Schutz vor Zwangsvollstreckungen oder der Verwertung von Sicherungsgut bereitgestellt. Die Gläubiger verzichten auf Teile ihrer Forderungen und weitere Instrumente sollen die Liquidität für den Geschäftsbetrieb erhalten. Mit der sogenannten „übertragenden Sanierung“ kann das schwächelnde Unternehmen verkauft werden. Dies ist naturgemäß nicht einfach umzusetzen und führt nach einiger Zeit dann doch noch in die Zerschlagung. Gerade bei den vielen Großinsolvenzen, welche die aktuelle Landschaft prägen, ist das Mittel der Wahl die Eigenverwaltung. Entscheidend ist, dass die bisherige Geschäftsführung im Amt bleibt, dass kein Insolvenzverwalter, sondern ein Sachwalter tätig wird und schließlich ein Insolvenzplan – unter Einbeziehung der Gläubiger – die Basis für das stringente weitere Vorgehen ist.

Wie erfolgreich sind Sanierungen?

Werden die neuen Optionen im Insolvenzrecht im Hinblick auf eine gelungene Sanierung, an dessen Ende ein wieder marktfähiges Unternehmen steht, tatsächlich den Hoffnungen gerecht? Die Creditreform Datenbank bietet als umfangreichste Sammlung historischer und aktueller Bilanzen eine hervorragende Ausgangsbasis, um bestimmte Kennzahlen insolventer bzw. sanierter Unternehmen zu vergleichen. Entscheidend für die Aussagen sind zwei Strukturkennzahlen – der „Verschuldungsgrad“ und die „Liquiditätsquote“.

Aufgrund der späten Veröffentlichungspflicht der Rechnungslegung in Deutschland konnten nur Jahresabschlüsse aus den Jahren 2021 und 2022 untersucht werden. Einbezogen wurden nur Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 43 Mio. Euro – Betriebe, die also nicht der Definition eines Mittelständlers entsprechen. Dabei ist aber auch festzuhalten, dass die Sanierungsmöglichkeiten tatsächlich ihren Aufwand nur bei größeren Unternehmen rechtfertigen. Die Vielzahl der Insolvenzen betrifft kleinere Unternehmen, die eine Neuausrichtung vor jeder Insolvenz in Absprache mit wichtigen Gläubigern und den Banken außergerichtlich versuchen müssen.

Noch Substanz da?

Wichtig für die Substanz eines Unternehmens ist das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital. Dazu wird eine Kennzahl gebildet, welche die Angaben zur Finanzierung ins Verhältnis setzt. In die Analyse wurden Unternehmen aus allen Wirtschaftszweigen einbezogen. Über ein „gesundes“ Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital wird auch die Branche mitbestimmen. Hier wird davon ausgegangen, dass der Anteil von Fremdkapital zum Eigenkapital höchstens doppelt so hoch sein darf. Es wird dann von einem Verschuldungsgrad 2 gesprochen. Eine solch solide Verschuldung weisen nur 0,7 Prozent der Unternehmen im Insolvenzverfahren auf. Befinden sie sich in der Restrukturierung oder Sanierung, sind es immerhin 16,4 Prozent. Insgesamt ist allerdings anzumerken, dass sich der Verschuldungsgrad im höheren Bereich über 10 – das Fremdkapital ist mindestens zehnmal so hoch wie das Eigenkapital – bei 30,3 Prozent der Unternehmen im Insolvenzverfahren und bei 25,5 Prozent der Unternehmen in der Sanierung findet. Schließlich wurde auch der Anteil von Betrieben untersucht, die einen Verschuldungsgrad von 50 und mehr aufzuweisen haben. Das sind im Insolvenzverfahren 62,1 Prozent der Betriebe, in der Sanierung – sei es im Schutzschirm, in der Eigenverwaltung oder in der übertragenden Sanierung – dagegen 49,1 Prozent. Es bleibt festzuhalten, dass das Unternehmen auch in der Sanierung im Hinblick auf seinen Verschuldungsgrad weiterhin deutlich schwächelt. Immerhin aber zeigt auch der Jahresvergleich der Unternehmen zwischen 2021 und 2022 eine Verbesserung. Bei der kräftigen Eigenkapitalsituation mit einem Grad von unter 2 waren es binnen eines Jahres immerhin fast 4 Prozentpunkte mehr und beim hohen Verschuldungsgrad von über 50 eine Abnahme von mehr als 5 Prozentpunkten bei den betroffenen Unternehmen. Im Hinblick auf diese Bilanzkennziffer lässt sich also durchaus zeigen, dass die Sanierung greift.

Es geht um die Zahlungsfähigkeit

Unternehmen in der Sanierung schneiden gegenüber insolventen Unternehmen auch bei der Liquidität besser ab. Liquidität entscheidet über die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens und nur wenige Betriebe müssen aufgrund von Überschuldung Insolvenz anmelden. Bereits die drohende Zahlungsunfähigkeit ist ja ein Insolvenzgrund, allerdings ermöglicht es nur den Betroffenen selbst, den Weg zum Gericht zu gehen. Die Liquiditätsquote wird bestimmt durch liquide Mittel – hinzu kommt das Umlaufvermögen. Demgegenüber stehen die kurzfristigen Verbindlichkeiten. Wird ein Wert über 1 erreicht, so ist die Liquidität ausreichend. Ist der Wert niedriger als 1, so stehen dem Unternehmen zu wenig Mittel zur Begleichung seiner kurzfristigen Verbindlichkeiten zur Verfügung. Im Zusammenhang mit den Zahlungsausfällen ist zu bedenken, dass sich das Umlaufvermögen, etwa gebunden in Lagerbeständen, nicht ohne weiteres zur Begleichung von Rechnungen nutzen lässt. Ein gesundes Unternehmen sollte bei der Liquidität einen Wert von deutlich über 1 vorweisen. Bei insolventen Unternehmen haben knapp 30 Prozent der Betriebe im Verfahren nur einen Wert von max. 0,5. Der Anteil der Betriebe mit einem so unzureichenden Liquiditätspolster in der Restrukturierung liegt nur bei 11,4 Prozent. Ganz deutlich wird der Unterschied bei einem Liquiditätswert von über 2,0, den fast 52 Prozent der Unternehmen in der Sanierung, aber nur 23,9 Prozent im Insolvenzverfahren bilanzierten. Wie bei der Überschuldung, so ist auch bei der Liquiditätsquote eine Verbesserung bei den sanierten Unternehmen innerhalb nur eines Jahres festzustellen – den guten Wert von über 2,0 erreichten 2021 43 Prozent der ausgewählten Betriebe (2022 waren es 8,9 Prozentpunkte mehr). Dem stehen die Unternehmen im Insolvenzverfahren gegenüber, bei denen 2021 noch 33,3 Prozent eine Quote von über 2 liefern konnten – ein Jahr später waren es dann aber schon 9,4 Prozentpunkte weniger.

Die Verbesserungen bei den Kennziffern im Hinblick auf die Verschuldung und die Liquidität zeigen, wie die Sanierungsmaßnahmen das angeschlagene Unternehmen wieder auf den Weg bringen. Auch wenn es immer wieder zu kurzfristigen Folgeinsolvenzen kommt, ist das sanierungsfreundliche Insolvenzrecht ein Königsweg, um Betriebe in den Markt zurückzubringen und zu stabilisieren.



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