Wirtschaftsforschung Insolvenzen in Deutschland Pressemeldung

Kliniken in Not: Rote Zahlen und steigende Insolvenzen

Der Pflege- und Medizinsektor erhält mit den neuesten Zahlen zu Schließungen und Insolvenzen eine harte Diagnose. Viele Einrichtungen mussten in den vergangenen Jahren aufgeben, eine echte Linderung ist weiter nicht in Sicht. Doch es gibt in der Krankenhauslandschaft deutliche Unterschiede in Bezug auf die Überlebensfähigkeit.

Zwischen 2020 und 2024 meldeten in Deutschland 88 Krankenhäuser und Kliniken Insolvenz an – ein dramatischer Anstieg im Vergleich zu früheren Jahren. 2024 waren es 23 Insolvenzen, 2023 sogar 34. 2018 und 2019 wurden jeweils nur 10 Insolvenzen registriert.

„Dass Krankenhäuser pleitegehen, war früher nahezu ausgeschlossen. Doch in jüngster Zeit häufen sich die Insolvenzen. Dies zeigt die akute finanzielle Notlage des gesamten Sektors“, erklärt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Hantzsch sieht die steigende Zahl von Insolvenzen als Symptom einer systemischen Krise: „Die Krankenhäuser stehen unter enormen Kostendruck und leiden unter Überkapazitäten.“

„Die steigenden Kosten für Energie, Medikamente und Personal können nicht mehr durch das bisherige Vergütungssystem gedeckt werden. Gleichzeitig ist die Zahl der Behandlungen und damit die Einnahmenbasis nach der Corona-Pandemie geringer geworden“, so Hantzsch weiter. Angesichts dieser Entwicklungen sind weitere Insolvenzen in der Branche wahrscheinlich.

Zahl der Kliniken sinkt

In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Kliniken in Deutschland durch Schließungen und Zusammenlegungen um rund 200 gesunken. Der deutsche Krankenhaus- und Kliniksektor umfasst aktuell noch 2.490 Einrichtungen unterschiedlicher Trägerschaften, Größen und Spezialisierungen.

„Krankenhauspleiten und -schließungen sind immer auch ein Politikum, da sie die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung betreffen“, erklärt Hantzsch. Mit der Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Lauterbach soll die wirtschaftliche Lage der Kliniken durch die Umstellung auf feste Vergütungen und eine stärkere Spezialisierung stabilisiert werden. „Die Reformmaßnahmen sind eine Reaktion auf die aktuelle Krise. Diese Maßnahmen sind zwar dringend nötig, kommen für einige Kliniken jedoch möglicherweise zu spät“, so Hantzsch.

Fast 40 Prozent der Kliniken in den roten Zahlen

Die wirtschaftliche Lage vieler Krankenhäuser in Deutschland ist prekär und die Gewinnmargen sind äußerst niedrig. Laut einer Auswertung von 970 Jahresabschlüssen durch die Creditreform Wirtschaftsforschung schrieb zuletzt mehr als jede dritte Klinik (38,3 Prozent) Verluste. Rund ein Viertel (25,2 Prozent) der Kliniken erreichte lediglich eine Gewinnmarge von höchstens 2 Prozent, während nur 22,3 Prozent eine EBIT-Marge von über 5 Prozent aufwiesen. Die tatsächliche Zahl defizitärer Kliniken dürfte noch höher liegen, da Jahresabschlüsse aus den Jahren 2023 und 2024 nur teilweise berücksichtigt wurden.

„Gerade Häuser in öffentlicher Trägerschaft sind oft defizitär und auf Subventionen angewiesen“, erklärt Hantzsch. Hohe Personalkosten und die Aufrechterhaltung medizinischer Versorgung in unrentablen Bereichen seien dabei die Hauptursachen.

Kleine Häuser arbeiten wirtschaftlicher

Eine Untersuchung der Ertragskraft nach Größe zeigt, dass kleinere Krankenhäuser mit bis zu 1.000 Beschäftigten wirtschaftlich besser aufgestellt sind als größere Einrichtungen. Fast 30 Prozent der kleineren Kliniken erzielen eine Gewinnmarge von über 5 Prozent. Bei sehr großen Einrichtungen mit mehr als 1.000 Beschäftigten trifft dies hingegen nur auf 8,7 Prozent zu.

„Kliniken mit einer Spezialisierung auf wenige Schwerpunktbereiche sind wirtschaftlich oft erfolgreicher. Gleichzeitig müssen Gesundheitsleistungen und Notfallversorgung als Teil der Daseinsvorsorge auch in strukturschwachen Regionen sichergestellt werden. Dieser Zielkonflikt stellt die Politik vor große Herausforderungen“, so      Hantzsch weiter. Laut Hantzsch ist jedoch ein weiteres Ausdünnen der Krankenhauslandschaft in Deutschland unvermeidbar.

Methodik

Für die Analyse untersuchte die Creditreform Wirtschaftsforschung Krankenhäuser sowie Vorsorge- und Reha-Kliniken. Die Untergliederung der Wirtschaftsbereiche erfolgte gemäß der WZ-Klassifikation von 2008, der amtlichen Systematik der Wirtschaftszweige. Die Daten zu Bestandsgrößen, Insolvenzen, Schließungen und Finanzkennzahlen wurden der Creditreform Wirtschaftsdatenbank und dem Mannheimer Unternehmenspanel des ZEW entnommen.




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