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Mehr Frauen an der Macht?

Fast ein Viertel der Führungspositionen in mittelständischen Unternehmen sind von Frauen besetzt (22,9 Prozent). Bei der aktuellen Untersuchung der Creditreform Wirtschaftsforschung wurden mittelständische Unternehmen gemäß der EU-Definition mit einer Bilanzsumme von bis zu 43 Mio. Euro und höchstens 250 Mitarbeitern analysiert, ob in der Unternehmensleitung zumindest eine Frau tätig ist.

Diese Leitung kann durch unterschiedliche Funktionen im Betrieb als Inhaberin, Gesellschafterin, Geschäftsführerin oder Betriebsleiterin gegeben sein. Unternehmen oberhalb der aufgezeigten Bilanz- oder Personalgrenzen werden als Großunternehmen bezeichnet. In Großunternehmen waren 23,3 Prozent des Führungspersonals weiblich.

Ein langer Weg für die Quote

Noch die große Koalition hatte bereits 2014 beschlossen, dass in Aufsichtsräten großer Unternehmen mindestens 30 Prozent Frauen tätig sein sollen. So betrug 2022 der Frauenanteil in den DAX-Unternehmen 35,4 Prozent. Hinzu kommen ältere Quotenregelungen, etwa in den politischen Parteien oder im öffentlichen Dienst. Bei den Besetzungen der Aufsichtsräte kann es dabei durchaus zu Zielkonflikten kommen, wenn nicht nur die Frauenquote, sondern auch Mitbestimmungsregelungen im Hinblick auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu beachten sind. Die Beschlüsse zu den börsennotierten Unternehmen etwa haben zu einer Erhöhung der Quoten von Frauen in den entsprechenden Gremien geführt. Dennoch gibt es Enttäuschung, weil sich der Fortschritt nur sehr langsam durchsetzt. Die Analyse der Wirtschaftszweige zeigt, wie unterschiedlich die Gleichberechtigung in den Führungspositionen verteilt ist. Diese Unterschiede sind markanter als die zwischen mittelständischen Unternehmen und Großunternehmen. Den höchsten Anteil unter Branchengesichtspunkten verzeichnet das Gesundheits- und Sozialwesen mit 51,8 Prozent. Es folgen die „sonstigen Dienstleistungen“ mit 47,9 Prozent, Erziehung und Unterricht (37,9 Prozent) sowie schließlich Kunst, Unterhaltung und Erholung mit 30,1 Prozent. Dabei spielen sicher auch tradierte Gender-Klischees eine Rolle. Dennoch ist auch hier darauf zu verweisen, dass Frauen Führungspositionen übernehmen, was in früheren Zeiten auch hier ja ungewöhnlich war. Hinzu kommt, dass der Anteil führender Frauen auch in diesen Branchen binnen Jahresfrist um bis zu 1,2 Prozentpunkte gestiegen ist. Den geringsten Frauenanteil aller Wirtschaftszweige verzeichnet das Baugewerbe mit 7,3 Prozent. Aber auch im Bereich Information und Kommunikation (12,6 Prozent), im Verarbeitenden Gewerbe (14,9 Prozent) sowie in der Wasser- und Abfallentsorgung mit 15,3 Prozent bleibt der Anteil von Frauen in Führungspositionen überdurchschnittlich gering. Immerhin ist in den meisten Branchen eine – wenn auch teilweise sehr geringe – Zuwachsrate binnen Jahresfrist festzustellen. Eine Abnahme zwischen 2023 und 2024 zeigen nur sieben Wirtschaftsbereiche – darunter das Gastgewerbe und der Handel.

Frauen sind jünger

Die Frauenquote hat viel Kritik erfahren müssen. Es wurde argumentiert, dass solche Regelungen gegen das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit verstoßen würden. Positionen würden nicht mehr aufgrund der Qualifikation, sondern des Geschlechts wegen vergeben. Auf der anderen Seite sprechen Befürworter davon, dass bestimmte strukturelle Hürden Frauen oft daran hinderten, gleiche Chancen wahrzunehmen. Bis diese abgebaut sind, sei eine Frauenquote eine sinnvolle Übergangsregelung. Wie die Veränderungen tatsächlich greifen, zeigt aber auch das Alter der mittelständischen Unternehmen mit weiblichen Führungskräften. Junge Unternehmen weisen einen überdurchschnittlich hohen Frauenanteil mit 26,5 Prozent aus. Dies kann aber auch damit zusammenhängen, dass Frauen vermehrt Existenzgründerinnen sind, wenn auch andere Untersuchungen bei der Gründung noch ein deutliches Gender-Gap sehen. Frauen sind aber nicht nur in eher jüngeren Unternehmen führend tätig, sondern selbst auch jünger, wenn sie Führungspositionen einnehmen. Bei den kleinen und mittleren Unternehmen sind 42,0 Prozent des weiblichen Führungspersonals jünger als 50 Jahre, bei den Männern sind es nur 38,5 Prozent. So wird sich wohl der Frauenanteil allein aus demographischen Gründen weiter positiv entwickeln.

Andere Untersuchungen kommen zu ähnlichen Ergebnissen. So hat das Statistische Bundesamt den Anteil von Frauen in Führungspositionen in der deutschen Wirtschaft 2019 mit 29,4 Prozent beziffert. Damit liegt Deutschland innerhalb der EU weit hinten auf dem 20. Platz. Die KfW hat auf der Basis ihres Mittelstandspanels von 26 Prozent Frauenanteil in Führungspositionen im Mittelstand gesprochen. „Gemessen am Frauenanteil an allen Erwerbstätigen von 47 Prozent sind Frauen bei Führungspositionen im Mittelstand damit unterrepräsentiert“. Und die Bank nennt noch einen weiteren Aspekt, wenn sie darauf hinweist, dass es einen starken Zusammenhang zwischen einer Frau in der Unternehmensspitze und der weiblichen Führungsquote im Unternehmen gibt: Unternehmen mit einer weiblichen Leitung zeigen einen fünfmal höheren Anteil an weiblichen Führungskräften auf – das sind 77 Prozent (Durchschnitt: 16 Prozent).

Wie weit historische Einstellungen immer noch den Frauenanteil zumindest mitbestimmen, zeigt sich darin, dass in den ostdeutschen Ländern der Frauenanteil höher liegt als in den westdeutschen. Dabei mag aber nicht nur die Geschichte der ehemaligen deutschen Landesteile eine Rolle spielen, sondern auch der Besatz mit bestimmten Branchen, etwa dem Dienstleistungssektor. Die geringste Frauenquote weisen die beiden süddeutschen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg sowie Bremen auf. Während sich in Sachsen-Anhalt, in Schleswig-Holstein und in den Stadtstaaten Bremen und Hamburg der Anteil weiblicher Führungskräfte erhöht hat, ist er in Hessen, dem Saarland und in Berlin gesunken. Auch wenn es sich nur um wenige Prozentpunkte handelt, so zeigt doch die Entwicklung zwischen 2023 und 2024 einen positiven Trend. Es geht bei der Einführung der Frauenquote nicht nur um die Gleichstellung, sondern auch darum, das wirtschaftliche Potential durch eine erhöhte Diversität in den Führungsetagen stärker auszuschöpfen.

Quellen: Creditreform, IBBW, KfW, Statistisches Bundesamt



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