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Zwangsversteigerungen, Schrottimmobilien und kriminelle Energie

Um fast 10 Prozent ist die Zahl der Zwangsversteigerungen in Deutschland im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Waren es 2023 noch 12.332 Fälle, bei denen eine Immobilie unter den Hammer geriet, so betrug die Zahl im letzten Jahr 13.445.

Zusammengestellt wurden diese Zahlen vom Ratinger Unternehmen Argetra, das in seinem Informationsbrief nicht nur die aktuellen Termine aufführt, sondern auch die Gesamtentwicklung zeigt. Und obwohl die Preise bei den Immobilien im Zuge der Zinserhöhungen ein wenig gefallen waren, legte das gesamte Volumen von 3,9 auf 4,3 Mrd. Euro zu. In den meisten Fällen handelte es sich um private Wohnimmobilien – vom Einfamilienhaus bis zur Eigentumswohnung.

Diese deutliche Zunahme gerade bei den Wohnimmobilien ist ein Spiegel der schlechten Wirtschaftslage. Arbeitslosigkeit und Inflation sorgen dafür, dass so mancher sich von seinem vermeintlichen Eigentum verabschieden muss. Wie die Zahlungsunfähigkeit bei Unternehmen, so ist auch der Ausfall bei Ratenzahlungen für das Eigenheim ein Indikator für die schwindende Solidität der Wirtschaft im Ganzen. Die Insolvenzen von Betrieben haben im Vorjahr um fast 25 Prozent zugenommen. Und wie die Finanzierungsprobleme bei Unternehmen, so werden nach Ansicht der Fachleute von Argetra die Zwangsversteigerungen auch 2025 ungebremst steigen.

Nicht alle Immobilien werden zwangsversteigert, wenn die Gläubiger einen Ersatz für die Zahlungsausfälle suchen – viele werden auch frei verkauft. Nun ist der Erwerb eines Hauses auf diesem Weg eine Chance, günstig den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen. In vielen Fällen liegt der Zuschlag unter dem Verkehrswert. Dabei ist der Weg dorthin nicht einfach, es gilt die Augen offen zu halten.

So läuft es:

Die Zwangsversteigerung einer Immobilie ist ein rechtlicher Prozess, der in der Regel in mehreren Schritten abläuft. Hier eine Übersicht über den Ablauf:

  1. Anordnung der Zwangsversteigerung: Der Prozess beginnt meist, wenn ein Gläubiger (z. B. eine Bank) einen Antrag auf Zwangsversteigerung stellt, weil der Eigentümer seine Schulden nicht beglichen hat.
  2. Gerichtliche Entscheidung: Das zuständige Amtsgericht prüft den Antrag und erlässt einen Beschluss zur Zwangsversteigerung. Dies wird im Versteigerungsverzeichnis veröffentlicht.
  3. Öffentliche Bekanntmachung: Die Zwangsversteigerung wird öffentlich bekannt gemacht – oft durch Aushänge und in Zeitungen. Hierbei werden Informationen zur Immobilie, dem Versteigerungstermin und den Bedingungen veröffentlicht.
  4. Besichtigung der Immobilie: Interessierte Käufer haben in der Regel die Möglichkeit, die Immobilie vor der Versteigerung zu besichtigen.
  5. Versteigerungstermin: Am festgelegten Termin findet die Versteigerung statt. Diese wird in der Regel im Amtsgericht durchgeführt. Ein Gerichtsvollzieher leitet die Versteigerung.
  6. Bieterverfahren: Die Bieter geben ihre Gebote ab. Das Höchstgebot gewinnt und der Bieter wird zum neuen Eigentümer der Immobilie.
  7. Zahlung und Übergabe: Der „Gewinner“ muss den Kaufpreis innerhalb einer bestimmten Frist zahlen. Nach Zahlungseingang erfolgt die Übergabe der Immobilie.
  8. Eintragung ins Grundbuch: Der neue Eigentümer wird schließlich im Grundbuch eingetragen, was den rechtlichen Eigentumsübergang besiegelt.
     

Den Missbrauch verhindern

Nun war es im Zuge von Immobilien-Versteigerungen zu einer Grauzone gekommen, in der sich „Investoren“ tummelten, die heruntergekommene Wohnhäuser erwarben, diese vermieteten und den Gesamtkaufpreis schuldig blieben. Meist wird nur die Sicherheitsleistung in Höhe von etwa 10 Prozent des Kaufpreises getätigt und dann die Miete so lange wie möglich abkassiert. Eine Sanierung wird nicht durchgeführt, man wartet ab, bis die Kommune oder die Mieter aktiv werden und verschwindet. Der Gesetzgeber ist im letzten Jahr tätig geworden und hat ein Schrottimmobilien-Missbrauchsbekämpfungsgesetz auf den Weg gebracht. Der Städte- und Gemeindebund freut sich über diese neue Regelung: „Wir verzeichnen in den vergangenen Jahren eine zunehmende Problematik bei Schrott- oder auch Problemimmobilien. Das liegt daran, dass zahlreiche Altbauten aus der Vor- und Nachkriegszeit jetzt in die Jahre gekommen sind und wir besonders in strukturschwachen Regionen in Deutschland, das gilt für Westdeutschland wie für Ostdeutschland, auch altersbedingt einen Umbruch erleben. Das ist ein flächendeckendes Problem, das wir zurzeit erleben.“ Dem schiebt die Gesetzesänderung bei der Ersteigerung solcher maroden Häuser nun einen Riegel vor. Jetzt muss erst der vollständige Kaufpreis hinterlegt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die Gemeinde dem neuen Eigentümer die Wohnanlage entziehen. Dazu der Städte- und Gemeindebund: „Das gab es bisher nicht und das ist der entscheidende Punkt, denn durch die gerichtliche Verwaltung würde dann künftig dem Ersteher vorübergehend die Befugnis entzogen, die Immobilie direkt in Besitz zu nehmen und zu verwalten. Mit anderen Worten, zu vermieten und dann Mieterlöse zu erzielen. Die Nutzungsmöglichkeit einer solchen Immobilie soll dem Ersteher dann so lange vorenthalten werden, bis er den vollständigen Kaufpreis bezahlt hat.“

Doch trotz der Steigerungen bei den Zwangsversteigerungen in Deutschland liegt man hierzulande noch weit von den amerikanischen Zahlen entfernt. So zeigen die neuesten Zahlen des Marktbeobachters ATTOM für den Mai 2024 32.621 Immobilien in der Zwangsversteigerung. Dies ist eine leichte Steigerung gegenüber dem Vormonat um 3 Prozent, aber insgesamt ein Rückgang um 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In den Vereinigten Staaten spielt der Besitz einer Immobilie eine deutlich höhere Rolle als in Deutschland. Die Stabilität bei den Versteigerungen lässt auch Schlüsse auf die gute Verfassung der amerikanischen Wirtschaft zu. Denn hier kommen Erinnerungen auf an die große Finanzkrise, die ihren Ursprung in der amerikanischen Immobilienkrise hatte. 2008 war es zu einer Steigerung bei den Zwangsversteigerungen von 65 Prozent gekommen in diesem Jahr haben befanden sich 243.000 Häuser von privaten Eigentümern in der Versteigerung. Um die schlimmsten sozialen Verwerfungen zu vermeiden, war die Politik aktiv geworden. Der Spiegel titelte damals: „US-Banken reißen tausende Häuser an sich.“ So weit wird es in Deutschland nicht kommen, dennoch gibt die Steigerung bei den Immobilien, die wohl auch nach der Gesetzesänderung anhalten wird, ein unschönes Bild der aktuellen wirtschaftlichen Situation in Deutschland ab.

Quellen: Argetra, MDR, Spiegel



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