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Wenn Mittelständler größere Investitionen planen, stellt sich die Frage: Der Hausbank treu bleiben oder andere Geldgeber anfragen? Mehr und mehr Firmen zapfen mittlerweile Kreditfonds an.
Pharmakonzernen Medikamentenrechte abkaufen und daraus Kapital schlagen: Das ist das Geschäftsmodell von Cheplapharm aus Greifswald. Dabei handelt es sich ausschließlich um Produkte, die keinen Patentschutz mehr haben und für die Pharmakonzerne nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Cheplapharm dagegen, ohne eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung sowie Produktion, wirtschaftet mit geringeren Kosten – und kann die Produkte über globale Partnernetzwerke effizienter vertreiben.
Seit der Gründung 1998 verzeichnet Cheplapharm steigende Umsätze und Erlöse. Mit ihnen stiegen auch die Investitionen, die der inhabergeführte Mittelständler bis 2016 fast komplett mit Hausbanken gestemmt hat. Vor drei Jahren dann beschaffte sich Geschäftsführer Sebastian F. Braun mit dem Finanzinvestor Rantum Capital frisches Kapital am Finanzmarkt, das den Erwerb von zwei Medikamentenrechten des Pharmakonzerns Roche ermöglichte. Das Besondere daran: Die eigenen Hausbanken hatten den Kreditfonds für die Finanzierung sogar empfohlen.
Kreditfonds: Anders etwa als Investmentfonds ist dieser Begriff nicht per Gesetz definiert. Die Grundlage für die Nutzung des auch als alternativer Investmentfonds bekannten Instruments hatte die Finanzaufsicht Bafin im Mai 2015 mit der Zulässigkeitserklärung gelegt. Im Kern vergibt ein Kreditfonds Darlehen an Firmen. „Kreditfonds stellen sogenannte Laufzeitkredite zur Verfügung, also Kredite, die einmal ausgezahlt und dann entweder in Raten oder in einer Summe am Ende der Laufzeit zurückgeführt werden“, sagt Bernd Egbers, Partner der internationalen Rechtsanwaltskanzlei Ashurst. „Üblicherweise werden diese Kredite genutzt, wenn Unternehmen größere Einmalzahlungen zu leisten haben wie etwa bei dem Erwerb von Firmen, der Eröffnung eines neuen Standortes oder der Anschaffung neuer Maschinen.“ Die normale Betriebsmittelfinanzierung in Form eines revolvierenden Kredits sei durch Kreditfonds üblicherweise nicht darstellbar.
Wie sehr sie nachgefragt werden, zeigen diese Zahlen: Boten 2012 lediglich neun Kreditfonds Finanzierungen in Deutschland an, stieg ihre Zahl bis 2017 auf 47. Laut dem Bundesverband Alternative Investments (BVAI) gibt es derzeit rund 35 reine Unternehmenskreditfonds, die hierzulande aktiv sind, aber nicht nur Unternehmenskredite an in Deutschland ansässige Firmen vergeben. Oft agieren diese Kreditfonds europaweit, sodass deren rein deutscher Anteil zumeist zwischen zehn und 30 Prozent liegt. Laut einer aktuellen Studie des Verbands sind Kreditfonds vor allem im Segment der Unternehmen mit fünf bis 25 Millionen Euro Ebitda aktiv. Im Fall der klassischen Unternehmensfinanzierung finanzieren sie vor allem das Wachstum der Firmen und Firmenübernahmen. Kleinunternehmen genauso wie sehr große, zumeist kapitalmarktfähige Unternehmen arbeiten der BVAI- Studie zufolge so gut wie gar nicht mit Kreditfonds zusammen.
Die Anhänger dieses Finanzierungsinstruments argumentieren mit einigen Vorteilen gegenüber der traditionellen Hausbankfinanzierung. „Größere Finanzierungen werden meist durch ein Konsortium an Banken gestemmt“, sagt Egbers, „da sprechen dann aber folgerichtig mehrere Verantwortliche mit.“ Bei einem Kreditfonds habe der Kunde nur einen Ansprechpartner, der deutlich schneller reagieren könne. „Allein bei einer Bank sind bei einer Kreditvergabe mehrere Abteilungen, wie die Rechtsabteilung, die Marktfolge und das Risikomanagement, beteiligt“, sagt Egbers. Kreditfonds seien zudem im Rahmen der Vertragsdokumentation flexibler, etwa wenn es darum geht, dem Unternehmen operative Freiheiten zu gewähren. Dazu zählen höhere Freibeträge bei der Aufnahme von weiterem Fremdkapital, der Einführung von Factoring oder auch im Hinblick auf Zahlungen innerhalb eines Konzerns.
Auch anderen Experten zufolge punkten die Fonds teilweise durch eine schnellere Bearbeitung des Kreditantrags und durch die Finanzierung aus nur einer Hand gegenüber den Banken, die ab einem Volumen von 100 Millionen Euro in der Regel andere Institute miteinbeziehen. Gerade in speziellen Unternehmenssituationen wie einem zyklischen Geschäftsverlauf oder bei der Finanzierung eines schnellen Wachstums von Unternehmen seien die Kreditfonds den Banken auch in dieser Kredithöhe überlegen. Zudem müssen die Kreditfonds nicht mit Eigenkapital unterlegt werden, weil die Fonds zu nahezu 100 Prozent mit dem Kapital institutioneller Investoren gefüllt werden, etwa durch Pensionskassen, Versicherungen oder finanzstarke Family Offices. Matthias Mathieu, Managing Partner des Kreditfonds Bright Capital, sagt: „Im ersten Halbjahr 2018 konnten Kreditfonds bei der Vergabe von Firmenübernahmekrediten bereits einen Marktanteil von fast 50 Prozent erreichen.“ Das zeige wie stark sie bereits am Markt etabliert sind. „Perspektivisch schätzen wir, dass Banken in Zeiten eines wirtschaftlichen Abschwungs weniger Neukredite vergeben und bestehende Kredite und Linien reduzieren.“ Das könnte dazu führen, dass Kreditfonds weiter an Boden gewinnen. Rechtsanwalt Egbers sieht überdies eine Chance für Kreditfonds in Familienunternehmen, die über einen international erfahrenen Finanzchef verfügen und Fremdinvestoren unter den Anteilseignern haben.
Andere Mittelstandsexperten sind skeptischer. Georg Gerdes vom Verband „Die KMU-Berater“ sagt: „In unserer Beratungspraxis finden Kreditfonds bislang kaum statt, da die Kunden in der Regel trotz der Auflagen und Prozesslaufzeiten zu ihrer Bank gehen, weil sie dort deutlich günstigere Konditionen erhalten.“ Tatsächlich kalkulieren Kreditfonds üblicherweise mit einer Marge von bis zu sechs Prozent, bei Banken sind es derzeit 3,75 bis vier Prozent. Gerdes begründet den Verzicht auf Kreditfonds auch mit der guten wirtschaftlichen Lage vieler Firmen und den damit verbesserten Eigenkapitalquoten sowie mit den bestehenden langjährigen Bankkontakten. Rechtsanwalt Egbers pflichtet Gerdes bei: Der normale, inhabergeführte Familienbetrieb gehe weiter zur Hausbank. „Das hat sicherlich auch etwas mit Tradition zu tun.“
Die Volkswirte der KfW Bankengruppe beschreiben Kreditfonds als Nischenanbieter auf Wachstumskurs. Einer Studie der Bank zufolge betrug die durchschnittliche Kreditnachfrage eines deutschen Mittelständlers zur Finanzierung von Investitionen im Jahr 2017 gerade mal rund 290.000 Euro. Fast die Hälfte der investierenden Mittelständler fragte Kredite von weniger als 50.000 Euro nach. Aktuell setze der deutsche Mittelstand daher weiterhin vor allem auf Kredite von Banken und Sparkassen zur Finanzierung von Investitionen.
Ebenfalls deutliche Vorteile aufseiten der Banken sieht KMU-Berater Erhard Stammberger. „Banken haben heute in der Regel sehr viel Geld zu verleihen und drängen es geradezu auf. Und auch sie haben in vielen Fällen ihre Prozesse so weit verschlankt, dass Kreditentscheidungen relativ schnell fallen können“, sagt er. Bei einem Klienten habe er jüngst erst erlebt, wie die Firma aus dem Gastgewerbe bereits nach sechs Tagen eine Finanzierungszusage im höheren sechsstelligen Bereich bekam.
Pro
Kontra
Quelle: Creditreform Magazin
Text: Martin Scheele
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