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Der 13. September 2022 markierte eine Zäsur im Arbeitsrecht. Mit seinem Urteil an diesem Tag verpflichtet das Bundesarbeitsgericht (BAG) Unternehmen, die tägliche Arbeitszeit ihrer Angestellten exakt zu erfassen. Seitdem sind Arbeitgeber verunsichert: Was bedeutet das für die Vertrauensarbeitszeit und was kommt nun auf Unternehmen zu?
Unternehmen fürchten nach dem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ein Ende der Vertrauensarbeitszeit. Vor allem Unternehmen, deren Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit nicht systematisch erfassen – laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) immerhin fast jedes zweite – wünschen sich Klarheit. „Die Reaktionen reichen von Verunsicherung über Unverständnis bis hin zur Sorge, dass die Firmenkultur in Gefahr ist“, sagt Barbara Reinhard, Partnerin und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei KLIEMT in Frankfurt am Main.
Schon im Mai 2019 hat der Europäische Gerichtshof im sogenannten „Stechuhr-Urteil“ Unternehmen in der EU eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung auferlegt und die Mitgliedsstaaten aufgefordert, dieses Urteil in nationales Recht umzusetzen. „In Deutschland hat man sich auf das bestehende Arbeitszeitgesetz verlassen“, sagt Barbara Reinhard. Das verlangt lediglich, dass Stunden erfasst werden, die über die üblichen acht Stunden pro Werktag hinausgehen sowie dass an einem Tag maximal zehn Stunden gearbeitet werden darf.
Das BAG legt in seiner Entscheidung Paragraf 3 des Arbeitsschutzgesetzes als EU-rechtskonform aus – nicht aber das Arbeitszeitgesetz. „Das ist ein wichtiger Unterschied“, erklärt Reinhard. „Das Arbeitsschutzgesetz gilt zum Beispiel ausdrücklich für alle Beschäftigten, auch für leitende Angestellte.“ In seinem Urteil fordert das BAG, dass Arbeitgeber allen Beschäftigten ein System bereitstellen, mit dem diese Arbeitsbeginn und Arbeitsende sowie Pausen dokumentieren. Konkretisieren muss dies ein Gesetz zur Arbeitszeiterfassung, an dem das BMAS nun arbeitet.
Ob Arbeitsbeginn und Ende per Stempelkarte, Onlinetool oder handschriftlich festgehalten werden, haben die BAG-Richter nicht definiert. Auch nicht, ob die Zeiterfassung lediglich ein Angebot an die Mitarbeiter sein sollte oder verpflichtend ist. „Aufgrund des Bezugs zum Arbeitsschutzgesetz, gehe ich davon aus, dass ein bloßes Angebot nicht ausreicht, sondern Unternehmen tatsächlich sicherstellen und kontrollieren müssen, dass die Zeiterfassung genutzt wird“, sagt Barbara Reinhard.
In einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland Anfang März versprach Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, das neue Gesetz werde kein Ende der Vertrauensarbeitszeit bedeuten. Auch Barbara Reinhard sieht Gestaltungsspielraum in der EU-Richtlinie. Man müsse aufpassen, dass die Vorteile, die so viele etwa im Homeoffice schätzen, durch Zeiterfassung nicht verloren gingen. „Praktikabel wäre, Mitarbeiter, die viel Freiheit in Bezug auf Arbeit, Zeit und Ort genießen, von der Pflicht zur Zeiterfassung auszuschließen.“
Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Christian Raschke
Bildnachweis: istock.com / PeopleImages
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