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Patrik-Ludwig Hantzsch
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Egal ob beim Dax-Konzern oder im Mittelstand – seit Jahren kaufen sich chinesische Investoren bei deutschen Unternehmen ein. Sie suchen Know-how, den Zugang zum europäischen Markt oder einfach nur eine gute Geldanlage. Wir zeigen, wie die Verhandlungen gelingen.
Sie heißen Wolong, Midea oder Geely – und werden in Deutschland meist argwöhnisch beäugt: chinesische Investoren, die sich an hiesigen Konzernen und Mittelständlern beteiligen. Geely etwa kaufte im Februar 2018 Daimler-Anteile mit einem geschätzten Volumen von mehr als sieben Milliarden Euro. Ein weiteres prominentes Beispiel ist die Übernahme des Industrieroboterherstellers Kuka durch den chinesischen Midea-Konzern im Jahr 2016 für knapp vier Milliarden Euro.
Chinas Schwerpunkte in der Wirtschaftspolitik haben sich verschoben. Ging es vor einigen Jahren vor allem darum, mit Übernahmen die Versorgung mit Rohstoffen zu sichern, steht inzwischen die Industrie stärker im Fokus – und mit ihr der deutsche Mittelstand. Das Regierungsprogramm „Made in China 2025“ definiert zehn Branchen, in denen die chinesische Wirtschaft in den kommenden Jahren deutlich zulegen soll, darunter IT, Automatisierung und erneuerbare Energien.
Bei jedem neuen Deal schwingt deshalb die Sorge mit, wichtiges Branchenwissen könnte nach China abwandern, übernommene Unternehmen würden sogleich filetiert, die besten Stücke davon meistbietend verkauft. Gleichzeitig werden Kahlschläge bei den Tarif- und Sozialstandards sowie der Abbau von vielen Arbeitsplätzen befürchtet.
So wie bei ATB Schorch. Bei dem Hersteller für elektrische Maschinen und Antriebe in Mönchengladbach wurden nach der Übernahme durch die chinesische Wolong-Gruppe viele Hoffnungen enttäuscht.
„Es gab Zusagen wie zum Beispiel, längst überfällige Investitionen in den Maschinenpark und in die Infrastruktur des Unternehmens zu tätigen, um im europäischen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben“, sagt Olaf Caplan, Betriebsratsvorsitzender von ATB Schorch. Eine Standortsicherung und der Erhalt der Arbeitsplätze waren nach den vergangenen chaotischen Jahren samt Insolvenz und Restrukturierung die größte Hoffnung.
„Wenn man aber die Strategie des Investors im Nachgang betrachtet, kann man eigentlich nur darauf schließen, dass das primäre Ziel der Marktzugang nach Europa war“, sagt Caplan. „Eine Produktion in Deutschland zu erhalten, war nie ein langfristiges Ziel, da es nie ein Konzept zur zukunftssicheren Ausrichtung des Unternehmens am Markt gab.“
Bis heute wurden rund zwei Drittel der Belegschaft abgebaut. Tatsächlich verfolgen chinesische Investoren sehr unterschiedliche Zielsetzungen: „Da es in China noch wenige Premiummarken gibt, möchten die Investoren über Akquisitionen von dem Goldstandard einer Premiummarke profitieren“, erklärt Yi Sun, leitende Partnerin für China Business (DACH) beim Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen EY.
Einen weiteren Grund macht die Expertin im Ausbau von Geschäftsbereichen für die Verlängerung der Lieferkette aus, damit auch margenintensive Produkte ins Portfolio aufgenommen werden können. Des Weiteren liebäugelten chinesische Investoren mit deutschen Zulieferern, um sich einen Zugang zu Kunden wie zum Beispiel Porsche und BMW zu verschaffen. Natürlich, betont Sun, sei „mit den Übernahmen auch der Transfer von Wissen und Technologien beabsichtigt“.
Dennoch sind solch negative Erlebnisse wie bei ATB Schorch eher selten. Viele übernommene Unternehmen berichten von guten Erfahrungen. Eine Teilstudie im Rahmen des Projekts „China Invest“ der Hans-Böckler-Stiftung kommt zu dem Schluss, dass das Engagement der Chinesen in der Vergangenheit meist langfristig angelegt war.
Die befragten Arbeitnehmervertreter gaben an, dass die chinesischen Geldgeber selbst bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten in den investierten Unternehmen die Langfrist-Perspektive beibehielten. Oft wurden weitere Investitionen getätigt und teilweise sogar Standortgarantien abgegeben.
Ob die bis dato positiven Erfahrungen mit Investoren aus Fernost dauerhaft Bestand haben, wagten die für die Hans-Böckler-Studie befragten Arbeitnehmervertreter noch nicht zu beurteilen. Bedenken äußerten sie vor allem hinsichtlich der Auswirkungen einer möglichen Krise in China auf die Finanzierung und Führung der Investments in Deutschland.
Für Oliver Emons, Wirtschaftsreferent der Hans-Böckler-Stiftung, begann sich das Bild seit 2016 zu wandeln: „Die Lage wurde divergenter und eine einheitliche Investitionsstrategie ist nicht auszumachen.“ Man könne nicht mehr unumwunden behaupten, dass chinesische Investoren per se Arbeitsplätze schaffen möchten.
Wenn sich etwa ein Produkt leicht kopieren und dafür genauso gut ein Werk in China aufbauen ließe, würde das Unternehmen in Deutschland schnell ersetzbar, sagt Emons. „Eine andere Situation liegt vor, wenn ein Produkt viel Erfahrungswissen erfordert und nicht so leicht kopierbar ist. Dann ist die Zukunftsfähigkeit der Firma zumindest auf die nächsten Jahre gesichert.“
Die Frage „Weißer Ritter, schwarzer Ritter?“, lässt sich also nicht pauschal beantworten. Fest steht: In den vergangenen Jahren schwächte sich der Trend der Übernahmen durch chinesische Investoren in Deutschland deutlich ab. Dies liegt laut Beraterin Yi Sun unter anderem daran, dass es mittlerweile weniger attraktive Übernahmekandidaten gibt. „Der entscheidende Grund sind vor allem die verschärften Kapitalverkehrskontrollen, die es den Investoren erschweren, Devisen aus dem Heimatland ins Ausland zur Finanzierung zu bringen“, erklärt sie. Gleichzeitig erschwert die chinesische Regierung die Genehmigungsverfahren für Übernahmen. Rittertum mit Hindernissen.
Die Devisenproblematik hat EY-Expertin Yi Sun zufolge viel Skepsis aufseiten der Verkäufer aufgebaut. Das zeigt sich daran, dass sie schon recht früh von potenziellen Investoren aus China wissen wollen, wie diese finanziert sind. Was Unternehmen darüber hinaus beachten sollten:
Text: Otto Geißler
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