Creditreform Aschaffenburg Podcast

Der Podcast vom Unternehmen für Unternehmen: Nützliche Tipps für den Unternehmensalltag, interessante Expertenthemen und kreative Unternehmensstorys aus der Region Aschaffenburg, Miltenberg & Alzenau.

#03 Wie begegne ich dem Nachwuchsmangel mit einer guten Ausbildungskultur? (mit Martina Mischitz von der WIKA)

In der aktuellen Podcast-Folge der Creditreform Aschaffenburg dreht sich alles um das Thema Ausbildungskultur. Was ist für eine gute Ausbildungskultur nötig, worin unterscheidet sich die heutige Generation von früheren und wie kommuniziert man als Unternehmen die gute Ausbildungskultur nach Außen? Diesen und weiteren Fragen stellte sich Martina Mischitz im Gespräch mit Kevin Busch. Frau Mischitz ist Executive Vice President Human Ressources bei der Firma WIKA in Klingenberg - einem der größten Arbeitgeber am Bayerischer Untermain.

Eine gute Ausbildungskultur gewinnt zunehmend an Bedeutung

Ganz bald starten in den Unternehmen wieder neue Azubis ihre Ausbildung. Die meisten Betriebe haben daher natürlich längst die Ausbildungsverträge geschlossen und sind teilweise auch schon im Bewerbungsprozess für das nächste Ausbildungsjahr. Etwa jede 7. Ausbildungsstelle in Deutschland bleibt jedoch unbesetzt und rund 20 % der Lehrverträge werden wieder aufgelöst.

Unbesetzt bleiben viele Ausbildungsstellen - global gesehen - wegen des demographischen Wandels, da immer weniger Bewerberinnen und Bewerber am Arbeitsmarkt sind. Darüber hinaus wird heute ein Studium immer häufiger der praktischen Berufsausbildung vorgezogen.

Die Gründe, warum Lehrverträge wieder aufgelöst werden, sind sehr unterschiedlich, und eher individuell. Hier hat vielen Ausbildungsbetrieben die Corona-Pandemie zusätzlich zu schaffen gemacht, denn durch die eingeschränkten sozialen Kontakte - sowohl im Unternehmen als auch in der Berufsschule - fehlte den jungen Menschen häufig der soziale Austausch und der Rückhalt. Hier kann man mit einer guten Ausbildungskultur jedoch recht gut gegensteuern, was bei WIKA auch gelungen ist, freut sich Frau Mischitz.

Was gehört denn zu einer guten Ausbildungskultur?

Die Ausbildungskultur hat im Wesentlichen die Zufriedenheit der Auszubildenen zum Ziel. Diese erreicht man vor allem über die Vertrauenskultur. Hierzu zählen Fairness (z.B. in der Vergütung), Respekt und Glaubwürdigkeit.

Der Teamgeist im Unternehmen, der Stolz auf die eigene Leistung, die des Teams und des Unternehmens verbunden mit der Wertschätzung, die Mitarbeitenden entgegengebracht wird, sind wichtige Faktoren. Auszubildende legen zudem Wert darauf, dass das Unternehmen gut für die Zukunft aufgestellt ist. Damit einher geht zum einen die persönliche Zukunftsperspektive, die die Auszubildenden im Unternehmen sehen möchten. Zum anderen spielt das Thema Nachhaltigkeit für die Auszubildenden eine wichtige Rolle.

Als Beispiel für eine sinnstiftende Tätigkeit, verbunden mit dem Thema Nachhaltigkeit nannte Frau Mischitz die Übungsfirma „WIBuy“, die von den Azubis geleitet wird. Hier werden Produkte, die aus dem Sortiment genommen wurden, verkauft und so einer neuen Verwendung zugeführt, anstatt sie zu verschrotten. Die Erlöse kommen der Konrad-Wiegand-Stiftung zugute.

Der Aufbau einer Arbeitgebermarke unterstützt bei der Gewinnung von Auszubildenden

Bei den zum Teil großen Herausforderungen, Lehrstellen zu besetzen, hat sich die Bewerbersituation in einigen Branchen und Bereichen umgekehrt - die Unternehmen bewerben sich bei den Azubis.

Auch bei WIKA macht man sich derzeit viele Gedanken über die Arbeitgebermarke, berichtet Frau Mischitz. „Es geht jedoch nicht einfach darum, Menschen mit schillernden Farben und Versprechungen anzulocken. Wenn die Werbebotschaft und die Wirklichkeit nicht übereinstimmen, hat man nichts gewonnen. Das führt eben im schlechtesten Fall zum Abbruch der Ausbildung.“

Sehr viel erfolgsversprechender sei es herauszuarbeiten, was das Unternehmen als Arbeitgeber besonders macht und was es von den Wettbewerbern auf dem Arbeitsmarkt unterscheidet, so Mischitz.

Tue Gutes und sprich darüber - eine gute Ausbildungskultur muss kommuniziert werden

Alle Unternehmen - auch die Kleineren - sollten überlegen, was sie als Arbeitgeber ausmacht. Wenn die aktuellen Azubis als „Botschafter“ eingesetzt werden können, ist das die beste Visitenkarte für das Unternehmen. Damit Azubis positiv über ihre Ausbildung reden, sollten sie sinnstiftende Tätigkeiten ausüben, die sie auch fordern - auch schon im ersten Lehrjahr! Zur Kommunikation stehen den Unternehmen die Sozialen Medien offen, mit denen sehr kostengünstig viele Menschen erreicht werden können.

Eine gute Möglichkeit auf sich aufmerksam zu machen, bieten auch Aktionen, wie der „Girls‘ Day“ bzw. „Boy’s Day“. WIKA hat nicht „die eine Kommunikationsstrategie“, so Mischitz, sondern setzt auf unterschiedliche Aktionen über das Jahr hinweg, um auch schon bei SchülerInnen bekannt zu werden. Über Soziale Medien wird darüber berichtet und vor allem auch der Spaß transportiert.

Mehr Mädchen für technische Ausbildung begeistern

Unternehmen müssen künftig, zur Verbesserung der Nachhaltigkeit und des sogenannten „ESG-Scores“, strategisch mehr Frauen oder Mädchen einstellen. Gerade in technischen Berufen, wie sie auch bei WIKA vermehrt anzutreffen sind, ist der Anteil der Mädchen bei den Azubis zurzeit noch geringer.

Für WIKA sei Diversität in der Belegschaft sehr wichtig, betont Frau Mischitz. Daher werden die unterschiedlichsten Möglichkeiten der Arbeitszeit- und Arbeitsplatzgestaltung sowie Sozialleistungen angeboten, um Familie und Beruf miteinander vereinbaren zu können. Auch die Firma WIKA erhält nach wie vor mehr Anfragen von männlichen Bewerbern. Die Mädchen, die in der Ausbildung bei WIKA sind und waren, machen alle einen guten Weg, so Frau Mischitz. Viele entscheiden sich auch für eine Spezialisierung im Unternehmen und werden z. B. Projektleiterinnen in der Entwicklung oder Spezialistinnen im Vertrieb.

Mehreren Generationen gerecht zu werden, ist eine große Aufgabe

Arbeitgeber vereinen in der Regel mehrere Generationen unter einem Dach, die sehr unterschiedliche Werte, Bedürfnisse und Prioritäten haben. Was unterscheidet die heutige Generation „Z“ von früheren Generationen, wie etwa der „Generation Y“?

Hier lässt sich feststellen, dass die heutigen Auszubildenden eine sinnstiftende Tätigkeit über den materiellen Wohlstand stellen. Ein gutes Arbeitsklima und Wertschätzung sind ihnen bei der Wahl der Arbeitgeber am wichtigsten. im Gegensatz beispielsweise zur Generation „Y“ wünscht sich die Generation „Z“ eine strikte Trennung von Berufs- und Privatleben. Als Selbstverständlichkeit werden heute flexiblere Arbeitszeitmodelle und mobiles Arbeiten erwartet und auch eingefordert.

Bei den genannten Unterschieden zwischen den Generationen ist es keine leichte Aufgabe, im Unternehmen drei oder vier Generationen gleichermaßen gerecht zu werden. Die einfache Forderung, die Älteren müssen sich an die Jüngeren anpassen, wäre jedoch auch der falsche Weg, so Mischitz. Natürlich müssen sich alle im Unternehmen an die Entwicklungen der Zeit anpassen. Wichtig ist jedoch, dass niemand durchs Raster fällt und überfordert wird. Hier braucht es individuelle Lösungen und Mechanismen, die Aus- und Weiterbildungsbedarfe individuell feststellbar machen und eine gezielte Entwicklung ermöglichen.

Ausbildungs- und Weiterbildungskultur gehen Hand in Hand

Mit der Ausbildungskultur ist letztendlich auch die Weiterbildungskultur eng verknüpft. Technik, Prozesse und die Bedingungen, unter denen die Unternehmen arbeiten, ändern sich immer schneller. Um Mitarbeitenden eine langfristige Perspektive zu geben, hört die Ausbildung praktisch nie auf. Sie muss Teil der Unternehmensstrategie werden.

WIKA führt mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jährlich Entwicklungsgespräche durch, um die Wirksamkeit der Qualifizierungsmaßnahmen aus dem Vorjahr zu bewerten und Weiterbildungsbedarfe zu erkennen. Wenn die Mitarbeitenden aus der Stelle „rauswachsen“, wird geschaut, was die nächste Herausforderung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein kann.



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