EU-Taxonomie und ihre Konsequenzen für die Unternehmen
Seit der Einführung der EU-Taxonomie ist Nachhaltigkeit kein weicher Faktor mehr, sondern ein ernstzunehmendes Thema, welches zukünftig EU-weit rund 50.000 Unternehmen betreffen wird.
Doch was verbirgt sich hinter dem Begriff EU-Taxonomie? Welche konkreten Anforderungen ergeben sich daraus für die Unternehmen und inwieweit spielt darin die Nachhaltigkeit und Rating eine Rolle? Genau diesen Fragen sind Prof. Dr. Carsten Reuter (Experte für Einkauf und Lieferketten) und Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann (Experte für Unternehmensethik und technologische Transformation) von der TH Aschaffenburg im Rahmen von mainproject TV nachgegangen. Der Dritte im Bunde: Prof. Dr. Michael Munsch, Vorstand der Creditreform Rating AG in Neuss (Experte für Rating und ESG-Taxonomie) und Honorarprofessor an der Universität Innsbruck.
Die Zahlungsfähigkeit und Bonitätsanalyse von Unternehmen war schon immer eines der Hauptthemen von Creditreform. „Heute gehen wir so vor, dass wir Zahlungserfahrungen über moderne Systeme mit anderen Informationsbausteinen wie Finanzdaten (Jahresabschlussanalysen) aggregieren. Ergänzend dazu überprüfen wir auch die Verhaltensdaten und qualitativen Faktoren von Unternehmen. Diese werden zu einer Bonitätsaussage zusammengeführt, welche auch über die kommenden Jahre treffende Prognosen liefern soll. Das sind in der Regel Aussagen über die Insolvenzgefahr und Insolvenzwahrscheinlichkeit für die nächsten 1-5 Jahre. Nun kommt ein weiterer Zweig an Wirtschaftsinformationen hinzu: Die sogenannten ESG-Faktoren, die aus der EU-Taxonomie abgeleitet werden können. Dies wird ein völlig neuer, zu berücksichtigender Faktor sein, welchen wir mit unseren bisherigen Informationen verknüpfen werden“, erklärt Finanzexperte Munsch.
EU-Taxonomie und die darin verankerte Nachhaltigkeit
Die EU hat sich zum Ziel gesetzt bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu sein und bis zum Jahr 2030 den CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um über 50 Prozent zu vermindern. Dazu braucht es Investitionen in Höhe von mehreren Milliarden Euro. Diese Projekte lassen sich nicht ausschließlich über öffentliche Gelder finanzieren, daher ist an dieser Stelle privates Kapital gefordert. Dieses private Kapital kommt von Investoren, die wissen möchten, ob es sich tatsächlich um Projekte handelt, die auf die besagten EU-Taxonomie-Ziele einzahlen. Dafür hat die EU Rahmenkriterien in Form von der EU-Taxonomie geschaffen, welche eine abgestimmte Berichtspflicht für Unternehmen enthalten. Unternehmen sind dazu aufgefordert, ihr eigenes Geschäft in die Taxonomie einzuordnen, um dann zu definieren, inwieweit der Umsatz, die Betriebsausgaben und die Investitionen entsprechend der Taxonomie als nachhaltig eingestuft werden können. Ergänzend kommt hinzu, dass die EU einen Prüfungsstandard entwickeln wird und die Wirtschaftsprüfer entsprechend dieser Standards die Unternehmen zukünftig prüfen.
Corporate Sustainability Reporting Directiv
Aber auch die Corporate Sustainability Reporting Directiv, abgekürzt CSRD wird zukünftig eine große Rolle spielen. In dieser Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung hat die EU die Anforderungen an das Berichtwesen der Unternehmen deutlich erweitert. Rund 50.000 Unternehmen werden umfangreich über Ökologie, Soziales und Unternehmensführung Rechenschaft ablegen müssen. Hier kommen die Banken ins Spiel: „Es wird immer offensichtlicher, dass sich Nachhaltigkeitsfaktoren auf die Vergabe der Kredite auswirken können und eine gezielte Wahl von Projektfinanzierungen, welche in Nachhaltigkeit investieren möchten, immer mehr in den Fokus rückt“, so Prof. Dr. Munsch. Diesen Ansatz verfolgt die EU ganz bewusst und fordert die Banken auf, ihre Bankstrategie und Kreditpolitik am Ziel der Klimaneutralität auszurichten. So werden die Banken der Bankenaufsicht gegenüber bereits ab diesem Jahr berichten müssen, inwieweit ihr Kreditportfolio „grün“ oder „weniger grün“ ist. Das hat zufolge, dass nicht mehr nur die großen Unternehmen der Berichtspflicht unterliegen werden, sondern dass es auch immer mehr kleinere Unternehmen betreffen wird.
Weitere Herausforderungen
In einem Zeitaltalter, in dem Cyberkriminalität und Cyberangriffe an der Tagesordnung stehen und die Solvenz und Insolvenz eines Unternehmens maßgeblich beeinflussen, ergeben sich daraus auch neue Aufgaben für Creditreform: „Das ist nochmal eine zusätzliche Herausforderung für die Unternehmen und natürlich auch für die Kreditgeber. In unseren Rating-Projekten sind das immer wieder Themen, die wir behandeln, um die Sicherheit als Teil des Risikomanagements der Unternehmen dokumentiert zu sehen. Deshalb empfehlen wir umso eindringlicher den Unternehmen, sich mit diesem Thema rechtzeitig zu beschäftigen, denn es wird uns auch in der Zukunft weiterhin begleiten“, rät abschließend Prof. Dr. Munsch
Das ganze Gespräch als Video auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=vgUH5tVL7ZU
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