Rückblick auf unsere Online-Veranstaltung: Sanktionen gegen Russland
Stephanie Kappen von der Rechtsanwaltskanzlei Bette Westenberger Brink aus Mainz berichtete in der Online-Veranstaltung der Creditreform Aschaffenburg Schurk KG am 7.4.2022 über die neuesten Entwicklungen der Sanktionen gegen Russland. Im Vortrag ging sie auch darauf ein, worauf Unternehmen achten müssen und gab Tipps, wie Unternehmen die Risiken minimieren können.
Wie Unternehmen sich nun richtig verhalten
Die EU hat im Russland-Ukraine-Konflikt umgehend reagiert: Seit dem 23.02.2022 wurden in mehreren Tranchen harte Wirtschafts- und Finanz-Sanktionen gegen Russland beschlossen.
Sanktionen gegen Länder oder einzelne Personen sind nichts Ungewöhnliches. Im Grunde gab es das schon immer. Wenn sich eine Regierung nicht so verhielt, wie es die Normen eines anderen Staates oder der Weltgemeinschaft vorgaben, wurde mit einer Bestrafung gedroht beziehungsweise diese umgesetzt. In der jüngsten Geschichte gab es zum Beispiel Sanktionen gegen den Irak und Iran, Libyen und den Libanon und bereits seit 2014 wurden nach der Annexion der Krim Sanktionen gegen Russland verhängt. Die damals entstandene EU-Verordnung 833/2014 war die Grundlage der jetzigen Liste der Sanktionen; sie wurde in diesem Jahr bereits mehrfach ergänzt und verschärft.
Was kann eine Sanktion auslösen?
Im aktuellen Fall ist es klar: Die Sanktionen gegen Russland wurden verhängt, weil unrechtmäßig fremdes Hoheitsgebiete annektiert und auf fremdem Gebiet Krieg geführt wird. Andere Gründe für Sanktionen können zum Beispiel die Finanzierung von Terrorismus, proliferationsrelevante Nukleartätigkeiten, Menschenrechtsverletzungen oder die Destabilisierung souveräner Staaten sein.
Wer verhängt die Sanktionen?
„Sanktionen sind ein wichtiges Instrument der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU. Sie werden von der EU als Teil eines ganzheitlichen und umfassenden politischen Ansatzes eingesetzt, zu dem auch der politische Dialog, flankierende Bemühungen und die Anwendung sonstiger verfügbarer Mittel gehören.“ (Rat der EU, https://www.consilium.europa.eu/de/policies/sanctions/)
In Deutschland ist es in der Regel nicht nötig, die gemeinsam beschlossenen EU-Verordnungen in nationales Recht zu überführen, denn Verstöße gegen EU-Sanktionen können nach den Regelungen im Außenwirtschaftsgesetz und der Außenwirtschaftsverordnung als Straftaten und Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Dennoch ist die Judikative und Exekutive involviert: Strafmaß und Bußgeld müssen festgelegt, die Sanktionen durchgesetzt werden. So kann im Einzelfall bis zu 10 Jahren Haft drohen oder ein Bußgeld bis zu 500.000 Euro fällig werden.
Welche Arten von Sanktionen gibt es?
Das Instrumentarium ist vielfältig: Am bekanntesten sind Embargos, also Handelsverbote, die sowohl die Einfuhr als auch die Ausfuhr betreffen können. Sie können sich auf alle Waren im ganzen Land beziehen (Totalembargo), auf einzelne Regionen im Land (Teilembargo) oder auf spezielle Warengruppen (z. B. Waffenembargo). In den Medien hört man auch immer wieder von Einreiseverboten – diese beziehen sich in der Regel auf bestimmte (natürliche) Personen oder auf VertreterInnen bestimmter Organisationen (juristische Personen). In der Regel sind davon Personen aus hochrangigen politischen Gremien und einflussreiche WirtschaftsvertreterInnen betroffen. Eine weitere Einschränkung bezieht sich auf die Verfügungsgewalt finanzieller Ressourcen, das heißt, für auf einer Sanktionsliste befindliche Personen dürfen keine Finanztransaktionen durchgeführt werden. Darunter fällt unter anderem auch der Kauf/Verkauf von Immobilien und anderen Vermögenswerten oder das Abschließen von Kredit- und Darlehensverträgen. Auch ist diesen Menschen und Organisationen unter Umständen die Gründung von Unternehmen verboten. Bei personenbezogenen Sanktionen ist zu beachten, dass ein Verstoß auch dann vorliegen kann, wenn der Vertragspartner zwar nicht in einer der Namenslisten geführt wird, aber die Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen mittelbar einer gelisteten Person zu Gute kommen. Erforderlich ist also nicht nur ein direkter Namensabgleich, sondern auch die Betrachtung von Beherrschungsverhältnissen.
Neu: Handelsverbote für Dual-Use-Waren, Luxusgüter und Kryptowährungen
Relativ neu im Katalog der Sanktionen ist das Verbot, Dual-Use-Waren zu handeln. In der Praxis handelt es sich typischerweise um zivile Güter mit besonders hoher technischer Leistungsfähigkeit oder Präzision, die auch für strategische und militärische Zwecke verwendet werden könnten; unabhängig vom Verwendungszweck sind solche Exporte nach Russland derzeit untersagt. Frisch auf der Sanktionsliste finden sich auch Luxusgüter, wobei der Begriff Luxus hier weit gefasst ist. Nicht nur teure Autos und Schmuck, sondern auch viele „normale“ Gebrauchsgüter für Haushalt und Gewerbe fallen darunter. Auch das Wertpapierhandelsverbot wurde ergänzt um die Komponente Handel mit Kryptowerten. Dies begründet sich darin, dass befürchtet wird, dass mit Transaktionen in Kryptowäh-rungen die Wirkung der Sanktionen durch den SWIFT-Ausschluss (Standardnachrichtendienst für den Zahlungsverkehr) ausgehebelt werden könnten.
Checkliste für die Risikominimierung
Als praktische Tipps gab Frau Kappen den zugeschalteten UnternehmensvertreterInnen folgende Checkliste mit auf den Weg:
- Regelmäßiges Nachschlagen der aktuell gültigen Sanktionen ist wichtig (EU-Amtsblatt, s. u.), da die Sanktionen in kurzen Abständen verschärft werden
- Risikoanalyse für das eigene Unternehmen
- Geschäftspartner-Screening erweitern auf das Umfeld (Betrachtung von Beherrschungsverhältnissen, s.o.)
- Bestehende Verträge prüfen, ggf. bei Wegfall der Geschäftsgrundlage kündigen - Fristen und Genehmigungsoptionen im Auge behalten
- MitarbeiterInnen sensibilisieren und schulen
- Sich gegenüber Kunden und Lieferanten absichern: hier kann ein Fragebogen oder eine vorgefertigte Erklärung gute Dienste erweisen, die der Geschäftspartner unterschreiben muss.
Wo können Unternehmen sich informieren?
Die Aussicht auf Gefängnis und saftige Bußgelder sind natürlich nicht schön. Daher sind UnternehmerInnen in der Pflicht, sich zu informieren, welche Geschäfte mit wem erlaubt sind und welche nicht. Alles, was das Thema Embargos betrifft, kann auf der Webseite des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – kurz BAFA – nachgelesen werden. Mit dem Link BAFA - Russland erhalten Sie einen Überblick, über die aktuellen Regelungen, die sich in den letzten Wochen mehrfach verschärft haben. Für die Einschränkungen der Finanztransaktionen ist das Servicezentrum Finanzsanktionen der Deutschen Bundesbank eine verlässliche Quelle zum Nachlesen. Diese erreichen Sie unter Russland / Ukraine | Deutsche Bundesbank. Weitere seriöse Quellen sind die Generaldirektion Zoll Zoll online - Startseite und das Amtsblatt der EU.
TIPP! Nutzen Sie auch die Auskunftsmöglichkeiten von Creditreform.
„Wir können Sie bei der Durchführung der Sanktionslistenprüfung unterstützen. Über mitgeteilte Namen von Geschäftspartnern erhalten Sie aus unserer Un-ternehmensdatenbank Auskunft über weltweit bestehende Beteiligungsverhältnisse und Konzernstrukturen. Alle Verflechtungen werden gegen die konsolidierte Namensliste der EU (Liste umfasst sämtliche Personen, Organisationen und Einrichtungen, gegenüber denen Finanzsanktionen aufgrund EU-Recht bestehen) geprüft“, ergänzte Marco Neßwald den Vortrag von Frau Kappen.