Der (Alp-)Traum vom Eigenheim
Das waren noch Zeiten, als die Preise bei den Immobilien nur eine Richtung kannten: nach oben. Sie hatten für Eigentumswohnungen in Frankfurt, eine der Immobilienmetropolen in Deutschland, in den letzten fünf Jahren bis 2022 noch um 60 Prozent zugelegt.
Aber bereits Ende 2022 bröckelten die Preise. Randlagen oder Häuser mit einer schlechten Energiebilanz waren zuerst betroffen. Nun aber trifft es auch sieben der größten Metropolen (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf), wie das Statistische Bundesamt meldet. Bei den Einfamilienhäusern lag das Minus bei über 10 Prozent und Eigentumswohnungen verbilligten sich um gut 6 Prozent. Nicht ganz so drastisch fiel der Rückgang in den ländlichen Kreisen aus – hier verbilligten sich die Einfamilienhäuser um 7,8Prozent und die Eigentumswohnungen um 5,3 Prozent. Dabei spielt allerdings sicher auch eine Rolle, dass sich der Speckgürtel der Großstädte immer mehr in den ländlichen Bereich ausdehnt, weil in diesen Regionen die Immobilien insgesamt noch preiswerter zu bekommen sind.
Mehr Einwohner, weniger Wohnraum
Angesichts einer deutlichen Zuwanderung bleibt der Preisverfall dennoch kein Rätsel. Es ist die Inflation, die Baumaterialien signifikant teurer macht und es sind die Gegenmaßnahmen zu diesen Preissteigerungen, die höheren Zinsen, welche die Banken an die Kreditnehmer weitergeben. Der private Häuslebauer wird es sich sehr genau überlegen, ob er sich den Immobilienkredit noch leisten kann, wenn dieser dreimal so teuer ist wie noch vor einem guten Jahr. Zuletzt hatten die Zinsen im Sommer 2011 bei 4 Prozent gelegen. Nach zwölf Jahren Senkung begann dann im Frühjahr 2022 eine Zinsrallye, die dieses Niveau wieder erreichte. Dabei irrt, wer glaubt, dass die Banken nun an ihren Immobilienkrediten wieder mehr verdienten. Häuserkredite spielen eine große Rolle für die Banken. Wenn diese jedoch nur noch selten vergeben werden können, dann leidet dieses Bankgeschäft auch.
Wie die Banken, so leidet auch das Baugewerbe unter den steigenden Zinsen. Und dies nicht nur, weil Aufträge wegbleiben, sondern zunächst auch, weil die vergleichsweise geringen Eigenkapitalquoten in dieser Branche einen hohen Fremdfinanzierungsanteil erfordern. Im mittelständisch geprägten Bausektor weisen überdurchschnittlich viele Betriebe eine dürftige Eigenkapitalquote von unter 10 Prozent aus (34,0 Prozent). Im Durchschnitt des gesamten Mittelstandes sind es nur 30,7 Prozent der von Creditreform im Frühjahr 2023 Befragten, die eine entsprechend schwache Eigenkapitalausstattung vorzuweisen haben. Einen starken Eigenkapitalanteil von über 30 Prozent der Bilanzsumme weisen 29,2 Prozent der Baubetriebe auf, aber 34,2 Prozent branchenübergreifend die Gesamtheit der mittelständischen Unternehmen. Die Folgen zeigen sich bereits beim Insolvenzaufkommen. Der Bau erleidet aktuell unter allen Wirtschaftsbereichen die stärksten Steigerungen bei den Insolvenzanträgen und er ist bezogen auf die Zahl der Betriebe auch relativ deutlich am meisten betroffen.
Alles wird teurer
Dabei ist die Baubranche in einem Dilemma, ist sie doch angesichts der inflationären Steigerungen bei den Materialeinkäufen und auch bei den hohen Lohnkosten zu Preissteigerungen gezwungen. So ist der Hausbauer nicht nur mit einer teureren Finanzierung bei der Kreditaufnahme konfrontiert, sondern auch mit höheren Kosten für die Errichtung seines Eigenheims. Auch andere Branchen mussten ihre Angebotspreise erhöhen – der Bau jedoch besonders signifikant. So gaben im Frühjahr in der Befragung der Creditreform Wirtschaftsforschung 69,3 Prozent der Bauunternehmen an, dass ihre Angebotspreise gestiegen seien. Im gesamten Mittelstand gaben 60,5 Prozent der Betriebe dies zu Protokoll. Entsprechend haben sich die Zukunftserwartungen verdüstert. Um 4,2 Prozentpunkte auf 15,4 Prozent ist die Zahl der Pessimisten in Hinblick auf die weitere Umsatzentwicklung gestiegen. Insgesamt befindet sich der Bau allerdings noch nicht an letzter Stelle, so fürchten Unternehmen des Groß- und Einzelhandels zu 24,8 Prozent Umsatzrückgänge bis zum kommenden Herbst.
Diese Ängste sind nicht unbegründet, ziehen sich doch private Hausbauer ebenso zurück wie größere Investoren. Vonovia meldete bereits zum Jahresanfang, dass man sich angesichts der Lage am Wohnungsmarkt zu einem Stopp bei Neubauprojekten entschlossen habe. Der Zentrale Immobilienausschuss spricht davon, dass die Situation ab 2024 durch rückläufige Genehmigungs- und Neubauzahlen geprägt sei. Das Ziel bei den Neubauten, dass die Bundesbauministerin mit 400.000 Wohnungen jährlich angegeben hatte, wird wohl 2023 (wie auch schon 2022) verfehlt werden. Der Verzicht auf das Eigenheim führt dazu, dass der Markt für Mietobjekte immer teurer wird. Um mehr als 5 Prozent im Durchschnitt sind die Mieten bereits 2022 gestiegen.
Noch in der Pipeline: Grundsteuer und Heizungsgesetz
Teurer aber wird das eigene Haus nicht nur für den, der sich diesen Traum erfüllen möchte. Wer schon Besitz hat, schaut mit Angst auf den zu erwartenden Grundsteuerbescheid. Orientiert an neuen Bodenrichtwerten waren die Eigentümer dazu aufgerufen, im Zuge der Grundsteuerreform eine Erklärung abzugeben. Viele haben damit gleich einen Widerspruch angebracht, weil sie befürchten müssen, dass über die Hebesätze massive Verteuerungen buchstäblich „ins Haus stehen“. Nun wird von der Seite vieler Gemeinden beschwichtigt, doch sind die Hebesätze eine wichtige Einnahmequelle für die klammen Kommunen und nicht so einfach zu senken. Ursprünglich einmal war davon die Rede gewesen, dass es nicht darum gehe, die Grundsteuer zu erhöhen. Da aber zeigen sich viele skeptisch. Gerade große Grundstücke könnten von der Verteuerung betroffen sein, ist es doch auch durchaus das Ziel der Regierung und Gemeinden, die Grundflächen effizienter zu nutzen. Bereits jetzt gibt es einzelne Regionen, die eine Bebauung mit Einfamilienhäusern nicht mehr zulassen. Ein Einfamilienhaus, das freistehend ist, ist tatsächlich weniger energiesparend. Im Hinblick auf die Klimaschutzmaßnahmen kommt es nun zu einer Abkehr von dieser traditionellen Wohnform. Und apropos „Klimaschutz“: Auch das kommende Heizungsgesetz, das einen weiteren Schritt bei der Abkehr von fossilen Energieträgern darstellt, wird bei allen versprochenen Unterstützungen doch zunächst eine Kostenbelastung sein. So kommen zu den Problemen, die sich durch höhere Zinsen und die Inflation für die Finanzierung ergeben, noch die Belastungen durch die Maßnahmen gegen den Klimawandel.
Es ist oft kritisiert worden, dass im internationalen Vergleich in Deutschland nur ein geringer Anteil von Eigenheimen vorhanden sei. Zurzeit sieht es nicht so aus, als wenn sich daran etwas ändern würde.
Quellen: Creditreform, Statistisches Bundesamt, Vonovia, ZIA