Energiepreise verhindern mehr Konsum
Nachdem es zunächst noch so ausgesehen hatte, als würde Deutschlands Wirtschaft an der Rezession vorbeikommen, zeigen die neuen amtlichen Zahlen nun, dass die Konjunktur im zweiten Quartal hintereinander ein Minus beim Wachstum hinnehmen muss.
Während die Staatsausgaben und auch die Investitionen der Unternehmen durchaus Anlass zu Optimismus im Hinblick auf die weitere Entwicklung geben, ist der Konsum weiter zurückgeblieben. Das ifo Institut bringt es auf den Punkt: „Die deutsche Konjunktur ist zu Jahresbeginn gespalten. Auf der einen Seite profitiert die Industrie von nachlassenden Lieferengpässen sowie von gesunkenen Energiepreisen und ist auf einen Wachstumskurs eingeschwenkt. Auf der anderen Seite zerrt die hohe Inflation an der Kaufkraft der privaten Haushalte und lässt den Konsum schrumpfen.“
Zwar sind die Verbraucher in Erwartung höherer Löhne auf der Basis der tariflichen Einkommenszuwächse zumindest leicht optimistisch. Anlass zur Sorge bereiten aber die Preissteigerungen – und dies vor allem rund um das Thema „Heizung“. Die Debatten um das neue Heizungsgesetz führen zu großer Verunsicherungen – und dies nicht alleine bei Immobilienbesitzern. Auch Mieter fürchten, dass die Maßnahmen für die Energieersparnis durch den Einbau neuer Heizungen, die umweltfreundlicher arbeiten, zu einer finanziellen Belastung werden könnten. Die Regierung verspricht nachzubessern, dennoch bleibt das Thema „Energiekosten und Heizung“ eine Hürde für die Verbraucher, wenn es um den Konsum geht. Der Leitindex für das Konsumverhalten, der GfK-Konsumklimaindex, zeigt sich leicht erholt und für den Juni sagen die Konsumexperten sogar einen Anstieg bei ihrem Barometer voraus – insgesamt jedoch liegen die Werte immer noch unter dem Niveau des Frühjahrs 2020 und damit tief im Minusbereich.
Wer soll das bezahlen?
Die Creditreform Tochter „Boniversum“ hat im Mai 2023 eine Umfrage veröffentlicht, die sich insgesamt der steigenden Lebenshaltungskosten, besonders aber der Preissteigerungen bei den Heizkosten annimmt. Durch den Krieg in der Ukraine, durch die Sanktionen gegenüber russischen Öl- und vor allem Erdgasimporten waren die Preise auf bisher unbekannte Höhen gestiegen. Eine Gas- und Strompreisbremse sollte den Bürgern helfen, die schärfsten Auswirkungen auf ihren Haushalt zu verhindern. Dennoch sind unter dem Strich markante Steigerungen bei den Rechnungen für Energie festzustellen. Vier von fünf von Boniversum befragten Bürgern gaben an, dass ihre Strom- und Gaspreise gestiegen seien. Danach erhöhten sich die Stromrechnungen um durchschnittlich 36 Prozent, die Gasrechnungen um 42 Prozent.
Die Inflation insgesamt, besonders aber die Energiekosten, macht den Verbrauchern Angst. So sprechen rund ein Viertel der Befragten davon, dass sie die Preissteigerungen bereits deutlich bei ihren Lebenshaltungskosten spüren. Dabei handelt es sich hier nicht um ein diffuses Gefühl, sondern in vielen Fällen um objektive Zahlungsprobleme. Fast zwei Drittel gaben an, Zahlungsauffälligkeiten hingenommen zu haben, aktuelle oder zukünftige Rechnungen möglicherweise nicht mehr bezahlen zu können oder bereits Mahnungen zu erhalten. Es kommt zu einer Eskalation beim schlechten Zahlungsverhalten. Das reicht von einer „geplatzten“ Lastschrift, von der jeder Fünfte berichtet, bis zu harten Negativmerkmalen wie Inkasso- oder gerichtlichen Mahnverfahren (17 Prozent der Befragten).
Die Auswirkungen dieser Probleme lassen nicht auf sich warten. Die Betroffenen stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand und der Konsum wird eingeschränkt. Finanziellen Stress empfinden über 20 Prozent der Befragten häufig. Und es sind sogar weitere knapp 40 Prozent, die immerhin manchmal finanziellen Stress verspüren. Nun heißt es für viele, Restaurantbesuche zu streichen und Neuanschaffungen auf das unbedingt Nötigste zu reduzieren. Die hohen Preise für das Heizen sorgen für Verunsicherung, da nutzen auch die Aussichten auf mögliche Lohnerhöhungen und staatliche Zuschüsse wenig. Mit der Diskussion über das Heizungsgesetz wurde noch Öl ins Feuer gegossen, nach Ansicht der GfK zeigen sich die Verbraucher wieder pessimistischer, was den Fortgang der Konjunktur insgesamt angeht. Wenn 55 Prozent der von Boniversum befragten Untersuchungsteilnehmer angaben, dass sie wohl ihren Lebensstandard „nach unten“ korrigieren müssten, dann wird es wohl weiter an Impulsen durch den Konsum für die Binnenkonjunktur fehlen. Die Sparneigung in Deutschland hat abgenommen, doch das ist eher dem Bemühen, Löcher durch höhere Preise zu stopfen, zuzuschreiben als der Lust zu mehr Konsum.
Nach Ansicht von Boniversum ist im Auge zu behalten, dass die prekäre Lage trotz Vollbeschäftigung für einige Menschen zur Überschuldung mit all ihren negativen Folgen für die Betroffenen, aber auch für die Gesellschaft insgesamt, führen wird.
Quellen: Creditreform Boniversum, GfK, ifo Institut