Creditreform Magazin

Exporte mit staatlicher Deckung

Die geopolitisch unsichere Lage zwingt viele Mittelständler zur Suche nach neuen Märkten. Der Bund hilft ihnen dabei mit Kreditgarantien, unter anderem schon während der Fertigung.

Seit fast drei Jahren sind die weltweiten Handelsbeziehungen massiven Belastungen ausgesetzt. Immer wieder sind Lieferketten unterbrochen. Keine Frage: „Von daher sind Exportkreditgarantien aktuell wie nie“, sagt Axel Radü, Abteilungsleiter Strukturierungsberatung bei der KfW IPEX-Bank, einer Tochter der staatlichen Förderbank KfW. Dies gelte nicht nur für den Export, sondern auch für Direktinvestitionen deutscher Unternehmen, die heutzutage vielfach deutlich riskanter erscheinen. Auch hier unterstützt der Bund Investoren durch Kreditgarantien, die politische Risiken abdecken.

„Angesichts der weltweiten Lieferkettenprobleme sind Exportkreditgarantien aktuell wie nie.“
Axel Radü, KfW IPEX-Bank

Doch vor einer Direktinvestition – soweit es überhaupt dazu kommt – steht fast immer der Export. Auch wenn die absolute Anzahl in den vergangenen Jahren gesunken ist, liefern immer noch rund 333.000 kleine und mittlere Unternehmen ihre Produkte auch ins Ausland. Damit liege die Exportquote der KMU bei elf Prozent, teilt das Institut für Mittelstandsforschung mit. Im Zehnjahresvergleich ist diese Quote leicht gestiegen. Und laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz setzt sich auch die hohe Nachfrage nach Exportkreditgarantien fort.

2021 hat der deutsche Staat Exportgeschäfte in Höhe von 20 Milliarden Euro abgesichert. Um Arbeitsplätze am Standort Deutschland zu schaffen und zu sichern, unterstützt auch die aktuelle Regierung die Exportgeschäfte von Unternehmen und deren exportfinanzierenden Banken in risikoreichen Märkten wie Entwicklungs- und Schwellenländern. Dabei gewähre der Staat nur solche Exportkreditgarantien, die von privaten Versicherern nicht gegeben würden, erklärt Radü.

Suche nach neuen Märkten

Angesichts der erwähnten Krisen suchen etliche Firmen neue Auslandsmärkte. „Die Diversifikation von Absatz- und Beschaffungsmärkten wird immer wichtiger für die Stabilität von Unternehmen“, betont ein Sprecher der Commerzbank. Welche Länder interessant sein könnten, hänge von der jeweiligen Branche ab. Auch der Aspekt Transportwege spiele heute eine wichtige Rolle. Für Exportgeschäfte immer bedeutsamer sei auch das Thema Nachhaltigkeit.

Dazu KfW-Experte Radü: „Im Kontext der Energiewende verzeichnen wir eine stabile Nachfrage nach Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien. Dies wird durch die Neuzusagen unserer Abteilung Energie und Umwelt in Höhe von 2,6 Milliarden Euro im Jahr 2021 untermauert.“ Auch ein Sprecher der Deutschen Bank nennt mit Blick auf die mittelständische Kundschaft des Instituts Klimaschutz und Umwelt als Triebfeder für die Expansion ins Ausland. In Webinaren der Bank standen zuletzt die Zielmärkte Lateinamerika und Afrika im Fokus.

Engagements mit Risiko

Ein Engagement im Ausland kann für einen Mittelständler indes schnell existenzbedrohend werden – auch das zeigen die aktuellen Krisen. Daher gibt es eine Reihe von Absicherungsmöglichkeiten, die über Vorkasse und Akkreditive hinausgehen – eben staatliche Exportkreditgarantien. Die Anträge werden von Euler Hermes bearbeitet. Darum hat sich in der Umgangssprache der Begriff „Hermesdeckungen“ etabliert. Euler Hermes gehört zum Allianz-Konzern. Die Tochtergesellschaft kümmert sich im Auftrag und für Rechnung des Bundes um die staatliche Exportkreditabsicherung. Das private Kreditversicherungsgeschäft der Allianz wurde Ende März 2022 in Allianz Trade umbenannt (zuvor ebenfalls Euler Hermes).

Die Vorteile staatlicher Exportkreditgarantien sind offensichtlich: Neben der Risikostreuung ist es mit dem Bund im Rücken für ein kleines oder mittleres Unternehmen auch wesentlich einfacher, eine Bank zu finden, die das Exportgeschäft finanziert. Oft ist es für ausländische Kunden interessanter, einen Lieferantenkredit oder einen Bestellerkredit einer Bank zu einem günstigen deutschen Zinsniveau in Anspruch zu nehmen, als höhere Zinsen im eigenen Land zu zahlen, heißt es dazu in einer Produktbroschüre von Euler Hermes. Die Exportkreditgarantie stehe grundsätzlich allen deutschen Exportunternehmen zur Verfügung. Entscheidend sei, dass das Geschäft oder Projekt für den Bund förderungswürdig ist, also hierzulande Arbeitsplätze gesichert oder geschaffen werden, und vom Risiko her zu vertreten ist. Zu Letzterem erklärt Radü: „Derzeit sind zum Beispiel Deckungen für Exporte nach Belarus oder Russland aufgrund der unsicheren politischen Lage ausgesetzt.“ Ansonsten versicherbar seien die folgenden Risiken: Erstens die Bonität des Importeurs; zweitens die Konvertierung der lokalen Währung und der Devisentransfer sowie drittens politische Risiken, die auch Sanktionsaspekte beinhalten.

Radüs Ausführungen zufolge ist das Instrumentarium umfassend. „Der Exporteur kann bereits die Risiken, die er in der Fabrikationszeit eingeht, absichern lassen oder später die Forderungen, die über einen Lieferantenkredit oder – sofern eine Bank die Finanzierung übernimmt – einen Finanzkredit entstehen.“ Entweder schützt die Kreditdeckung also den Lieferanten oder die Bank; Kombinationen sind freilich auch möglich. Generell, so der Fachmann weiter, gebe es Einzelabsicherungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette: von der Fabrikation bis zur Ausfuhr sowie für Verträge in allen Phasen und für verschiedene Kreditlaufzeiten. Zudem stehe die ganze Palette auch als Sammeldeckung für die Bündelung von mehreren Lieferungen zur Verfügung. Dieses Produkt ist insbesondere für Exporteure interessant, die an eine Vielzahl von Kunden in verschiedenen Ländern außerhalb der EU oder der OECD liefern.


In fünf Schritten zur Absicherung

1. Das Risiko kennen
Wie schlimm wäre es, wenn die Forderung ausfällt? Wie schlimm wäre es, wenn alle Forderungen des Abnehmers ausfallen? Wie schlimm wäre es, wenn plötzlich keine Zahlungen mehr aus einem bestimmten Land kommen?

2. Das richtige Produkt wählen
Eine Spezialanfertigung sollte man anders absichern als eine Ersatzteillieferung. Ein Export in die USA ist anders abzusichern als ein Export nach Asien. Länderbesonderheiten sind zu beachten.

3. Das Produkt für sich nutzen
Je nach Absicherungslösung kann man eine Finanzierungsmöglichkeit nutzen oder dem Abnehmer ein Zahlungsziel anbieten, welches man sich durch die Hausbank finanzieren lässt, zum Beispiel mit einem Nachsicht-Akkreditiv.

4. Frühzeitig abstimmen
Die Bank sollte frühzeitig eingeschaltet werden, damit man gesammelte Erkenntnisse in die Vertragsverhandlungen einfließen lassen kann. Das spart Zeit und Geld.

5. Die richtige Bank finden
Es gibt einfache und komplexe Geschäfte beziehungsweise Projekte. Die ausgewählte Bank sollte sowohl genügend Erfahrung und Expertise als auch ein gutes internationales Netzwerk haben.

Quelle: Commerzbank


Details entscheiden

Die Wahl des „richtigen Produkts“, betont der Commerzbank-Sprecher, „ist das Allerwichtigste“ (siehe dazu auch die Checkliste: „In fünf Schritten zur Absicherung“). „Es geht um sehr viele Details, die letztlich entscheiden, ob eine Absicherung auch wirksam ist.“ Gerade bei großen Projekten sei eine enge Abstimmung zwischen Bank und Unternehmen unerlässlich. Neben den klassischen Absicherungslösungen gebe es auch neue digitale Lösungen. Hier könne eine Bank beraten und das Unternehmen bei der Umsetzung begleiten. „Eine erste Einschätzung, ob ein Geschäft deckungsfähig ist, erhalten Unternehmer recht unkompliziert über das AGA-Portal – die Abkürzung steht für Auslandsgeschäftsabsicherung der Bundesrepublik Deutschland –, indem wenige Daten zu unter anderem dem Importland, Auftragswert, abzusichernden Risiken, Zahlungsziel und Kunden übermittelt werden“, erklärt Radü. Für die weitere Detaillierung ständen dann auch die Berater von Euler Hermes zur Verfügung (zur Beratersuche bei AGA siehe: „Nützliche Internetseite“). Nach der Vorprüfung erfolge die formale Antragstellung bei Euler Hermes durch die Bank. Dazu wieder Radü: „Wir stellen das Exportgeschäft der staatlichen Exportkreditversicherung, kurz ECA, vor und begleiten den Exporteur während des gesamten Prozesses bis zur Ausstellung der Deckungsurkunde.“ Nicht verschwiegen werden sollte der Abstimmungsaufwand, der für eine ECA-gedeckte Finanzierung notwendig ist: Lieferung, Finanzierung und Deckung müssen harmonisiert und „aus einem Guss“ sein. Dies erfordert eine detaillierte Abstimmung unter den beteiligten Parteien – das heißt zwischen Exporteur, Importeur, Bank und ECA, damit am Ende ein konsistentes Vertragswerk steht.

Netzwerke nutzen

Auch die Hausbank eines Mittelständlers kann beziehungsweise sollte mit Rat und Tat helfen können. Die Deutsche Bank wirbt zum Beispiel mit der Einbindung in ein globales Netzwerk in mehr als 150 Ländern und daraus folgendem Zugang zu lokalen Märkten, Strategieberatung, Bedarfsanalyse und Produktauswahl. Auch beim Aufzeigen möglicher Risiken könnten die Firmenkundenberater behilflich sein. Der Sprecher des Instituts empfiehlt, „dass sich jeder Exporteur bereits bei der Anbahnung eines internationalen Geschäfts mit der Bank in Verbindung setzen möge“. Gerade in Zeiten geopoli­tischer Unwägbarkeiten sei das wichtig. Die staatliche Garantie bekommen Unternehmer nicht kostenlos. Neben der Antragsgebühr, die laut Radü abhängig vom Auftragswert bei Euler Hermes zwischen 100 Euro und 6.000 Euro beträgt, ist insbesondere das Deckungsentgelt relevant, das von dem gedeckten Forderungsbetrag, der Bonität des Bestellers, dem Rating des Besteller Landes, der Risikolaufzeit und der Art des gedeckten Risikos abhängt. Eine Selbstbeteiligung im Schadensfall ist vorgesehen, sie beträgt je nach Produkt in der Regel 5 bis 15 Prozent der gedeckten Forderung.

Fazit: Krieg und Krisen zwingen Unternehmen zur Neuausrichtung ihrer Absatzmärkte im Ausland. Sofern dabei Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen oder gesichert werden, unterstützt der Bund dieses Bemühen mit Exportkreditgarantien. Mittelständler sollten sich über die Fördermöglichkeiten informieren – direkt bei der KfW oder der Hausbank.


Nützliche Internetseite

  • agaportal.de -> Mit dem Vorab-Check erfahren Unternehmen anhand von fünf Fragen, ob sich ein Exportgeschäft grundsätzlich für eine Exportkreditgarantie eignet. Zudem finden Interessierte über das Portal einen Ansprechpartner/Berater in der Nähe.



Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Stefan Terliesner