Durchstarten im B2B-Onlinehandel: Das sollten Sie wissen
#3 Der B2C-Onlinehandel boomt. Doch im B2B-Bereich halten sich viele Händler zurück. Dabei locken hier gute Chancen. Wir erklären, wie der Start gelingt.
Daniel Blasberg (Business Lead Customers & Solutions beim Verband der Vereine Creditreform) erklärt im Gespräch mit Jessica Springfeld (Handelsblatt Media Group) welche Schritte für den Start in den B2B-E-Commerce wichtig sind.
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Jessica Springfeld [00:00:01] Einkaufen. Das tun die Deutschen immer öfter online. Lebensmittel, Elektroartikel, Möbel. Doch während der B2C-Bereich, also Business to Consumer, boomt, hinkt der B2B-Bereich hinterher. Denn der Onlinehandel zwischen Geschäfts- und Firmenkunden wächst zwar ebenfalls, allerdings sehr viel langsamer. Dabei würden viele Unternehmen eigentlich gerne loslegen. Doch strukturelle und technische Hürden halten sie zurück. Denn ein Onlineshop allein macht noch lange kein B2B-E-Commerce aus. Es braucht digitale Vertriebsprozesse, Risikomanagement und Payment-Lösungen und vieles mehr. Wo also starten? Wie wird das Projekt B2B-E-Commerce zum Erfolg, zum wirklichen Wachstumstreiber? Und welche Stolpersteine sollte man großzügig umgehen?
Jingle [00:00:56] Gute Geschäfte. Businesswissen in zehn Minuten. Der Creditreform Podcast.
Jessica Springfeld [00:01:05] Alles Themen, die ich mit meinem heutigen Gast bespreche. Ich freue mich, dass er hier bei uns im Studio ist. Ich freue mich auf Daniel Blasberg. Er verantwortet und entwickelt die digitalen Services von Creditreform. Herzlich willkommen!
Daniel Blasberg [00:01:18] Hallo.
Jessica Springfeld [00:01:19] Herr Blasberg, wenn wir uns den ganzen Bereich B2B-E-Commerce anschauen, wo stehen wir da heute überhaupt?
Daniel Blasberg [00:01:27] Wir stehen heute noch am Anfang einer Entwicklung. Zur Einschätzung: Im B2B sagt man, dass man 1,3 Billionen Umsatz oder Marktvolumen sehen würde für den Handel zwischen Unternehmen. Das ist ein Riesenpotenzial, das ist nicht alles erschlossen. Und wenn man dann im Vergleich schaut, was ist im B2C heute schon das Marktvolumen, was wird da schon abgewickelt, dann ist man irgendwo bei 70 bis 80 Milliarden. Und das ist schon allein eine große Nummer, wo auch viel Potenzial von Unternehmen genutzt wird. Aber im Vergleich zu dem, was wir im B2B sehen, eben nur ein kleiner Teil. Und ich glaube, das zeigt, wo wir stehen und wo wir auch noch hin können.
Jessica Springfeld [00:02:12] Potenzial heißt ja auch immer Chancen. Kann man das beziffern, dass man sagt, du könntest das Wachstum um 20, 30, 40 Prozent steigern? Oder ist das Ganze nicht so einfach?
Daniel Blasberg [00:02:23] Es ist nicht so einfach. Aber was möchte man erreichen, wenn man E-Commerce macht? Es ist im Grunde ja ein weiterer Vertriebskanal. Ein anderer Vertriebskanal erreicht in der Regel eben auch andere Kundensegmente. Und es geht, wenn man es herunterbricht, eigentlich nur darum, neue Segmente und neue Kundengruppen auch für sich zu erschließen, also ein größeres Wachstum zu erreichen. Dafür ist E-Commerce wunderbar geeignet und das ist eben für viele so der erste Ansatzpunkt auch sich damit zu beschäftigen.
Jessica Springfeld [00:02:54] Wenn man also sagt, das Potenzial ist riesig, warum sind dann noch so wenige aktiv? Was hält die meisten Menschen Ihrer Erfahrung nach zurück?
Daniel Blasberg [00:03:02] Ich glaube, was ganz wichtig ist: Die Unternehmen sind glaube ich sehr professionell in ihren Vertriebsformen, die heute schon erprobt sind. Digital ist aber meist noch sehr neu. Es ist es ein neuer Weg, der beschritten werden muss. Man möchte die Perfektion übertragen in den digitalen Kanal. Wenn ich also heute weiß, wie ich Kundendaten erfasse, wie ich meine Risiken bewerten kann, wie ich weiß, welchem Kunden ich zu welchen Konditionen was anbiete, dann muss ich das im digitalen Prozess genauso machen. Und das Problem ist eben: Digitale Prozesse sind automatisiert, sie laufen in Echtzeit ab. Es gibt keine Zeit mehr für Entscheidungen, die man vielleicht heute auf anderem Weg trifft. Und Zeit ist dann eben nicht mehr der Verbündete, den man nutzen kann, sondern eigentlich etwas, was einem fehlt und wo man die Automatisierung wirklich gut umsetzen muss.
Jessica Springfeld [00:03:54] Wenn Sie sich jetzt so die deutsche Unternehmenslandschaft angucken. Was sind wirklich Branchen, Unternehmensbereiche, wo Sie sagen: Also meiner Meinung nach sollten die auf jeden Fall darüber nachdenken, wirklich in diesem B2B-E-Commerce einzusteigen. Und was sind Bereiche wo sie sagen ja, schadet sicher nicht, müssen aber jetzt sicherlich nicht die Frontrunner sein.
Daniel Blasberg [00:04:15] Was man sehen kann: Wer beschäftigt sich wirklich primär mit den Themen oder ist vielleicht auch schon an der Front? Das sind sicherlich die klassischen Großhändler, denn Handel mit gut konfektioniert und händelbaren Produkten, das ist immer einfacher umzusetzen. Was wir dann noch dazu sehen, dass ist dann im Grunde auch die Konkurrenz zum Großhändler: die Hersteller von Waren selber, die sagen, vielleicht brauche ich auch keinen Großhandel mehr, wenn ich eine Handelsstufe auslasse und selber in den Verkauf digital einsteige. Auch sehr naheliegend. Was schwieriger ist, sind dann Themen, wenn wir an das große Volumen denken, was Sie vorhin gesagt haben, z. B. im Maschinenbau oder bei Anlagen, die individuell gefertigt werden. Da ist es natürlich nicht so einfach, Projekte auch online zu verkaufen. Was da dann ganz gut funktioniert - und das ist immer so ein Ansatz - welche der begleitenden Produkte für Wartung, Instandhaltung und Sonstiges sind vielleicht Kandidaten für einen Online-Service? Denn die sind meistens dann eben viel besser händelbar. Und das ist dann ein zusätzlicher Service Kanal, den auch große Unternehmen dann nutzen können und etablieren können im E-Commerce.
Jessica Springfeld [00:05:23] Wenn wir jetzt ganz konkret wären, was wären die ersten Schritte auf dem Weg zum sicheren B2B-E-Commerce?
Daniel Blasberg [00:05:31] Also die ersten Schritte sind: Welche Vertriebskanäle sollen es sein? Ist es wirklich ein Shop oder ist es ein Marktplatz? Welche Technologie wird eingesetzt? Wie kann ich Technologie auch im Unternehmen erneuern oder mit alten Systemen synchronisieren? Und dann später auch die eigentlichen Prozessschritte, die Abläufe, die dann dahinter stecken. Die wollen wir natürlich mit dem Kunden gemeinsam übersetzen auf einen digitalen Vertriebsweg. Und dann schauen wir natürlich: Wie werden Kunden identifiziert? Dass ich zum Beispiel Betrügereien ausmerzen kann. Woher weiß ich, dass der Kunde wirklich genau der ist, der er vorgibt zu sein. Wie können wir dann in einer Echtzeitautomatisierung Bonitätsinformationen hinzufügen? Welche Art von Information soll das sein? Welche Entscheidungen sollen letztendlich nach welchen Kriterien getroffen werden? Und wir bauen letztendlich dann gemeinsam ein Entscheidungssystem auf, was unter anderem am Ende auch sagt, welche Zahlungsziele, Kreditlimite oder welche Zahlungsmöglichkeiten überhaupt für den B2B-E-Commerce dann verfügbar sind für den konkreten Kunden. Und er kann sie nutzen, immer dann, wenn er online etwas verkauft.
Jessica Springfeld [00:06:43] Dann gibt es ja noch eine spezielle Sache, die im B2C Handel ganz populär ist, nämlich dieses "Buy now pay later". Ich bezahle also erst mal meine Klamotten nicht, sondern probier alles an und wirklich nur das, was ich behalte, das überweise ich dann später auch. Jetzt reden wir im B2B-Bereich natürlich von oft deutlich höheren Summen, damit ist natürlich das Risiko für ein Unternehmen, wenn eine Zahlung ausfällt, auch deutlich höher. Gibt es dafür irgendeine Lösung? Ist dieses bei "Buy now pay later" überhaupt ein Thema in dem Bereich?
Daniel Blasberg [00:07:17] Also "Buy now pay later" ist im Moment ein Trend. Ich glaube, wenn man mal die Suche im Internet anschmeißt, wird man da sehr viel zu finden. Was ganz interessant ist, was ist denn "Buy now pay later" eigentlich? Es gibt eine Verzögerung zwischen der Leistung und der Zahlung. Unterschiedliche Zeiträume können das sein und das ist eigentlich nichts anderes als das, was man schon traditionell kennt. Zahlungsziele spielen da eine Rolle. Und wofür braucht man Zahlungsziele? Die haben im Grunde eine Finanzierungsfunktion. Ich muss mir vielleicht kein Geld für Liquidität von der Bank holen und nutze dann eben einen sogenannten Warenkredit. Und das spielt im B2B natürlich nach wie vor und immer schon und wahrscheinlich auch in Zukunft eine Riesenrolle. Und ist aus meiner Warte kein Trend, sondern eben auch eine Notwendigkeit, die man umsetzen muss, auch im E-Commerce.
Jessica Springfeld [00:08:16] Also eigentlich dreht sich alles darum, die Prozesse, die sozusagen abseits des E-Commerce schon gut gelernt sind und gut funktionieren, genauso sicher dann wirklich digital zu übersetzen. Gibt es denn ungefähr einen Zeithorizont, sodass man sagen kann: Naja, also heute auf morgen schon mal nicht, aber zwei Jahre müssen Sie auch nicht einplanen?
Daniel Blasberg [00:08:34] Also ich habe gelernt, seriös ist man dann, wenn man keinen Zeitraum nennt. Was klar ist, wenn die Technik steht und wenn ganz klar definiert ist, was und wie verkauft werden soll, dann kann man, diese eben skizzierten Prozesse für das Risikomanagement, Zahlungsmanagement, vielleicht auch Forderungsmanagement, die kann man relativ schnell besprechen. Aber sagen wir mal, wenn es drei Monate dauert, dann muss man nicht traurig sein, dass es drei Monate waren, sondern vielleicht war es dann auch richtig schnell. Aber man kann sicher sein, dass es nachher auch vernünftig funktioniert und alle zufrieden sind.
Jessica Springfeld [00:09:08] Wenn Sie jetzt auf die Erfahrung der letzten, sagen wir mal zwei, drei Jahre zurückschauen. Haben Sie so einen Lieblingscase, den Sie noch mit uns teilen können, bei dem Sie sagen: Da hat es wirklich einfach richtig gut funktioniert.
Daniel Blasberg [00:09:19] Meistens sind das gar nicht so Special-Lösungen mit irgendwelchen besonderen Dingen, sondern es geht eher darum, erst mal zu definieren: Welche Produkte können wir verkaufen, wie können wir dann vielleicht auch neue Kundengruppen erschließen und dann auch mit weniger exotischen Zahlungsarten. Vielleicht einfach auch mal Kreditkarten oder Wallet-Lösungen mit einbauen in Onlineshops. Und dann hat man schnell gute Erfolge, bei denen Kunden zufrieden sind und wo man eben auch das Potenzial, was man gesucht hat, sich auch erschlossen hat - ohne viel Aufwand letztendlich.
Jessica Springfeld [00:09:52] Herr Blasberg, vielen lieben Dank für die kurzen und knackigen Einblicke rund um das Thema B2B-E-Commerce. Und Ihnen, liebe Zuhörer, vielen Dank fürs Zuhören.
Jingle [00:10:07] Gute Geschäfte. Business Wissen in zehn Minuten. Der Creditreform Podcast.