Handwerksfinanzierung im Überlebensmodus
Das Handwerk befindet sich – wie die gesamte deutsche Wirtschaft – in schwerer See. Im Vorjahr begann eine Rezession und ein Minus von 0,3 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt schlug zu Buche.
Die aktuellen Aussagen zu den Umsätzen und den Investitionen machen deutlich, dass – zumindest aktuell – der Boden für das Handwerk nicht mehr so golden ist. Es ist das Besondere an der Creditreform Analyse zur Situation des Handwerks, dass neben der Geschäftslage auch die Finanzierung untersucht wird. Aber es sind nicht nur die Probleme um die Finanzierung im Zeichen konjunktureller Rückgänge, sondern auch die Belastungen, die sich aus den Rahmenbedingungen ergeben, welche die Selbstständigkeit für den Handwerksmeister zurzeit so schwierig macht.
Im Schulterschluss mit der Gesamtwirtschaft steigen die Insolvenzen
Markantester Ausdruck der Schräglage im Bereich Finanzierung ist die steigende Zahl von Unternehmensinsolvenzen in diesem Wirtschaftsbereich, der hunderttausende von Betrieben zählt. Bis zum Jahresultimo 2023 waren 4.050 Insolvenzanträge zu zählen. Dies ist eine Steigerung von 23,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr, die etwa dem Zuwachs entspricht, den die Gesamtheit der Unternehmen in Deutschland vorlegt. Dort sind es 18.100 Fälle und ein Plus von 23,5 Prozent. Eine nähere Betrachtung der Wirtschaftsbereiche innerhalb des Handwerks lässt – wie in einem Spiegel – deren Probleme erkennen. So ist das Nahrungsmittelhandwerk mit einem Plus von 51,5 Prozent besonders betroffen von der fehlenden Konsumlust der Verbraucher. Zugelegt hat das Baugewerbe um 32,9 Prozent bei den Insolvenzen 2023 gegenüber 2022. Es ist viel die Rede vom Kollaps der Immobilienbranche (ausgelöst von der Zinserhöhung der EZB) – nun mangelt es an Aufträgen vor allem im Neubaubereich und beim Wohnungsbau. Bei diesen Zahlen ist noch hinzuzufügen, dass es sich bei den Insolvenzen volkswirtschaftlich gesehen um einen „nachlaufenden“ Indikator handelt, dass die Auswirkungen der Krise bei den Insolvenzen erst nach einiger Zeit – manchmal erst in der wirtschaftlichen Erholung – einsetzen.
Hart am Wind
Das Handwerk hat die Krise erkannt und bemüht sich, gegenzusteuern. Das zeigen Verbesserungen bei den weiteren Parametern der Finanzierung, deren Schwächung geradewegs ins Aus führen würde. Die mittelständischen Handwerksbetriebe wissen, Liquidität ist Trumpf. Und so bemühen sie sich um einen schnelleren Zahlungseingang und geringere Zahlungsausfälle. Erhebliche Forderungsverluste von über einem Prozent des Umsatzes sind von 11,3 Prozent in 2022 auf aktuell 10,0 Prozent gesunken. Der Anteil der Betriebe, die keinerlei Forderungsverluste zu erleiden hatten, nahm von 20,1 auf 22,6 Prozent zu.
Neben der Liquidität ist die Eigenkapitalquote eine wichtige Größe, wenn es darum geht, in schweren Zeiten zu überleben. Handwerksmeistern ist dies bewusst und sie haben daran gearbeitet, die Eigenkapitalquote zu verbessern. So hat die Zahl der schwach kapitalisierten Unternehmen mit einer Eigenkapitalquote unter 10 Prozent der Bilanzsumme von 34,1 auf 32,0 Prozent abgenommen. Und über ein solides Eigenkapital von über 30 Prozent verfügen in der Krise 25,9 Prozent der Betriebe – das sind 3,1 Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr.
Eigenkapital entscheidet
Die Eigenkapitalquote dient nicht nur dazu, aus eigenen Mitteln etwa Investitionen zu finanzieren, sie stellt auch bei Kreditgesprächen mit der Bank eine entscheidende Größe dar, wenn es um die Zinsbelastung und die Sicherheiten für das Darlehen geht. Aber auch wenn die Zinsen hoch sind, bleibt die Bank ein wichtiger Ansprechpartner bei der Fremdfinanzierung. Zunächst einmal ist allerdings festzuhalten: Die Kreditaufnahme durch das Handwerk hat abgenommen. So berichteten nur gut 21 Prozent der repräsentativ befragten Betriebe von neuen Krediten – 2021 vor der Zinswende waren es noch 32,7 Prozent gewesen, die sich in Kreditverhandlungen mit ihrer Hausbank befanden. In Zeiten hoher Zinsen – und der Hoffnung auf eine Zinswende – möchte sich niemand allzu lange binden. Die Frage nach der Laufzeit des Kredites macht dies deutlich: Kurzfristige Kredite mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr haben in den letzten drei Jahren von 8,5 auf 15,8 Prozent zugenommen. Dagegen nahmen die langfristigen Kredite mit einer Laufzeit über fünf Jahren deutlich ab. Waren es einmal 38,4 Prozent, die sich etwa für eine aufwendige Investition dazu entschieden hatten, so sind es nunmehr noch 26,2 Prozent. Es sind nicht nur die Zinsen, welche die Kreditaufnahme für das Handwerk aktuell so schwer macht. Insgesamt sind die Finanzierungsbedingungen – das zeigt auch der European Bank Survey – schwieriger geworden. 50,8 Prozent erkannten eine Verschärfung bei den Finanzierungsbedingungen – vor drei Jahren waren das nur knapp 15 Prozent. Von einer Lockerung sprachen nur noch 5,0 Prozent, was 2021 noch mehr als doppelt so viele Handwerksbetriebe so sahen (11,2 Prozent). Die gestiegenen Kreditzinsen wurden an erster Stelle genannt, wenn es um eine Verschärfung bei der Unternehmensfinanzierung ging (87,1 Prozent). Höhere Sicherheiten mussten 47,0 Prozent der Handwerksbetriebe bei der Bank vorweisen. Nicht in gewünschter Höhe wurde ein Kredit bei rund 16 Prozent der Befragten vereinbart. Rundheraus abgelehnt wurde die Frage nach einem Kredit bei 13,6 Prozent der Handwerker.
Was kann das Handwerk tun, um die finanziellen Auswirkungen der konjunkturellen Krise in den Griff zu bekommen? Als echte Mittelständler sorgt man zunächst für Stabilität im eigenen Haus: Das Eigenkapital wird erhöht und Forderungslaufzeiten sowie -ausfälle werden „aufs Korn genommen“. Bei manchem Betrieb, dem es vielleicht auch noch an den nötigen Kreditlinien fehlt, hat es dennoch nicht gereicht. Die Insolvenzen haben deutlich zugenommen und liegen wieder auf dem Niveau vor der Krise. Zu befürchten ist, dass noch manchem Handwerksbetrieb bei anhaltender „wirtschaftlicher Kälte“ die Luft ausgeht.