Konjunktur im Mittelstand zieht an
Zu Beginn des Herbstes konnte Deutschlands Industrie nach dem coronabedingten Einbruch wieder zulegen. Der Maschinenbau und die Automobilhersteller schafften es, ihren Output zu steigern
Und dies angesichts der Lieferengpässe bei Halbleitern, die manche Bänder stillstehen ließen. Beide Branchen sind getragen vom Export. So stiegen die Waren-Ausfuhren im Juli, der Monat mit den letzten verfügbaren Zahlen, zum 15. Mal in Folge. Die Exporteure zeigen sich optimistisch.
Industrie und Handwerk
Es bleibt aber die Frage, ob Deutschlands Mittelstand ebenfalls positive Zahlen zu seiner wirtschaftlichen Entwicklung nennen kann. Kleine Mittelständler agieren regional, die Entwicklung der Weltkonjunktur trifft sie nur bedingt. Zum Verarbeitenden Gewerbe gehört die Industrie, aber auch das Handwerk. Die Creditreform Wirtschaftsforschung hat im September repräsentativ und branchenweit Deutschlands Mittelstand zu den wichtigsten Konjunktur-Parametern befragt. Dabei bemüht sich das Panel, gerade die Vielzahl kleinerer Betriebe abzubilden. Knapp 60 Prozent der 1.200 Befragten beschäftigen höchstens 20 Mitarbeiter.
Die aktuellen Antworten zeigen, dass die mittleren und kleinen Betriebe, die Deutschlands Unternehmenslandschaft bestimmen, die Corona-Krise wohl hinter sich gelassen haben. Ganz augenfällig wird dies mit einem Blick auf den Creditreform Geschäftsklimaindex. Er ist der zentrale Indikator für die Stimmung der Betriebe und zeigt einen Anstieg von minus 5,7 Punkten im vergangenen Herbst auf plus 25,2 Punkte im Herbst 2021. Das ist ein besserer Wert als vor der Krise 2019, als plus 17,1 Punkte erreicht wurden. Der Index hat eine aktuelle und eine zukünftige Komponente. Hier zeigt die Bewertung der aktuellen Geschäftssituation einen besonders markanten Sprung: Lag er im Vorjahr noch bei minus 10,3 Punkten, so erreichte er im Herbst 2021 plus 27,4 Punkte. Aber auch der Index zu den Erwartungen hat deutlich zugelegt: 2020 lag er bei minus 1,1 Punkten, 2021 ist er auf plus 23 Punkte emporgeschnellt.
Sicher hat die gute Konjunktur in der Industrie, aber auch im Handel, wo die großen Player angesiedelt sind, den Mittelständlern als Zulieferer etwa einen Schub gegeben. Es sorgt für Erleichterung, dass die hohen Zahlen zu den geimpften Personen und damit einhergehend die weitgehenden Lockerungen beim Lockdown ein positives Bild zur aktuellen Lage zeichnen. Dabei könnten allerdings die wieder ansteigenden Zahlen zur Inzidenz gerade den Ausblick auf den kommenden Winter und die weitere Geschäftsentwicklung ein wenig trüben. Zusammengesetzt ist der Creditreform Geschäftsklimaindex aus den Antworten der befragten Betriebe zu den Auftragseingängen, den Umsätzen, der Ertragslage und der Personalsituation. Mit diesen Größen im Einzelnen lässt sich die Situation kleiner und mittlerer Betriebe noch besser beschreiben.
Kurve in V-Form
Im Hinblick auf ihre Auftragslage sprachen im Herbst 2021 38,2 Prozent der Unternehmen von steigenden Ordern. Im Vorjahr waren es nur 23,6 Prozent, während 37,1 Prozent sogar sinkende Auftragszahlen vorzuweisen hatten. Ein Minus bei den Auftragseingängen konnten 2021 nur noch 12 Prozent der Befragten registrieren. Ein besonders großes Plus bei den Aufträgen bezeugen das Verarbeitende Gewerbe mit 42 Prozent und das Baugewerbe mit einem ebenso großen Anteil von Betrieben. Während das Verarbeitende Gewerbe bei den Erwartungen mit 29,4 Prozent nur einen Zugang von drei Prozentpunkten binnen Jahresfrist erreichte, betrug der Anteil der Optimisten im Hinblick auf die weitere Auftragslage im Baubereich 30,6 Prozent – nach 20,2 Prozent im Vorjahr. Über alle Branchen hinweg zeigt sich ein steigender Optimismus bei den weiteren Aufträgen, nur jeder Zehnte fürchtet sinkende Orderzahlen.
Sowohl die aktuelle Umsatzentwicklung als auch der Ausblick auf die künftige Lage bei den Umsätzen zeigen im Mittelstand einen deutlichen Sprung in den positiven Bereich. Vor Jahresfrist lag der Saldo aus gestiegenen und gesunken Umsätzen noch bei minus 10,2 Prozent. Einen rasanten Anstieg auf 29,9 Prozent bei diesem Saldo zeigt die aktuelle Bewertung der Umsatzlage 2021. Die vielzitierte Entwicklung der Kurve in Form eines V, dem plötzlichen Absturz folgt ein ebenso schneller Wiederanstieg, ist auch bei den Umsatzerwartungen zu erkennen. Lag der Saldo bei den Zukunftserwartungen vor einem Jahr noch bei minus 2,5 Punkten, so ist er nun auf plus 25,6 Punkte emporgestiegen. Alle Branchen haben deutlich mehr Optimisten zu verzeichnen. Selbst der Bau sieht trotz des Winters und der Probleme bei der Lieferung von Material und den Personalengpässen für das nächste halbe Jahr steigende Umsätze (36,8 Prozent). Nur die Dienstleister schneiden ein wenig besser ab und sprachen zu 37,2 Prozent von höheren Umsätzen in der Zukunft.
Erholt zeigt sich auch die Ertragslage. Vor einem Jahr war es nur jeder fünfte Betrieb, der steigende Erträge melden konnte, jetzt ist es mehr als jeder vierte. Dabei ist so mancher Betrieb durch die Ausfälle in der Krise finanziell angeschlagen, staatliche Hilfen mussten zur Verfügung gestellt werden und wurden genutzt, um Insolvenzen zu verhindern. Immerhin war so vor einem Jahr, mitten in der Corona-Krise, noch ein positiver Saldo bei der Gewinnsituation möglich. Bei den Erwartungen war man dagegen vor einem Jahr deutlich im roten Bereich. 2020 betrug der Saldo minus 8,8 Punkte im Hinblick auf die weitere Ertragsentwicklung, nunmehr steht er bei plus 11,2 Punkten. Es sind auch hier der Bau und die Dienstleister, welche die positivsten Aussichten für ihren Wirtschaftssektor sehen.
Mittelstand prägt den Arbeitsmarkt
Das Bundeswirtschaftsministerium schreibt in seinem jüngsten Bericht, dass es zu einer bemerkenswerten Erholung auf dem Arbeitsmarkt gekommen sei. In der schweren Situation vor einem Jahr konnte nur durch die Kurzarbeit eine schlimme Arbeitslosigkeit verhindert werden. Im Herbst 2021 sprachen 27,1 Prozent der Mittelständler davon, dass sie Personal hinzugenommen haben. Vor einem Jahr waren es nur 16,9 Prozent. Fast 18 Prozent sahen sich 2020 zu einer Verkleinerung ihres Mitarbeiterstabes genötigt. Aktuell sind es noch 11 Prozent der befragten Betriebe, die ihre Personaldecke verkleinert haben. Dabei dürfte sich der Trend beim Personalwachstum im Mittelstand fortsetzen. Fast jeder Dritte plant Neueinstellungen. Von weniger Mitarbeitern spricht nur jeder zwanzigste Betrieb – vor einem Jahr war es noch jeder zehnte. Bleibt tatsächlich zu hoffen, dass diese guten Absichten nicht durch den Fachkräftemangel, auch im Zeichen der demografischen Entwicklung, konterkariert werden.
Die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland im Mittelstand zeigt im Herbst eine positive Lage. Der Einbruch durch die Corona-Krise scheint überstanden zu sein. Trotz einer sich andeutenden Lage mit weiteren Schwierigkeiten im Hinblick auf das Virus, bleibt der ganz überwiegende Teil der Mittelständler optimistisch.