Wirtschaftliche Unsicherheit: Zahlungsmoral steigt
Die deutschen Unternehmen haben im dritten Quartal 2021 genauso (un)pünktlich gezahlt wie im Vorjahreszeitraum. Der Zahlungsverzug beim Begleichen der Rechnungen bleibt in Anbetracht der Corona-Situation auf einem niedrigen Niveau.
Der branchenübergreifende Zahlungsverzug beträgt nur noch 9,4 Tage und verharrt damit auf einem gleichbleibend positiven Wert wie im Vorjahreszeitraum mit ebenfalls 9,4 Tagen Zahlungsverzug. „Ähnlich wie das bisher rückläufige Insolvenzgeschehen und die niedrigen Überschuldungsquoten bei den Verbrauchern ist auch die verbesserte Zahlungsmoral zunächst ein paradoxes Phänomen“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform. „Zur Stabilisierung haben vor allem die massiven staatlichen Hilfsmaßnahmen beigetragen, durch die große Mengen Liquidität an die Unternehmen ausgereicht wurden“, so Hantzsch weiter.
Zudem dürften sich die „Unternehmenslenker“ mittlerweile an die Krise gewöhnt und ihr Risiko- als auch ihr Forderungsmanagement an die dauerhafte Ausnahmesituation angepasst haben. Zudem haben sich viele Mittelständler vor der Krise noch selbst mit ausreichend Liquidität versorgt, um in der heraufziehenden Krise handlungsfähig zu bleiben. Dennoch ist dies weniger ein Zeichen der Gesundung, denn es droht beim Auslaufen der Corona-Hilfen eine drastische Verschlechterung des Zahlungsverhaltens in besonders vom Umsatz abhängigen Bereichen.
Bei den Bundesländern gibt es bei der Zahlungsmoral dennoch einige Unterschiede. Vor allem die Betriebe in Baden-Württemberg (7,9 Tage), Bayern (8,1 Tage) und Bremen (8,4 Tage) zahlten branchenübergreifend im dritten Quartal 2021 am schnellsten. Am anderen Ende der Skala rangiert Berlin (10,8 Tage) vor Hamburg (10,9 Tage) und dem Schlusslicht Mecklenburg-Vorpommern mit 11,2 Tagen Verzug.
Auch bei den Wirtschaftssektoren gibt es teils große Unterschiede. Während sich die Zahlungsmoral im Baugewerbe im dritten Quartal 2021 zwar um 0,3 Tage verbesserte (13,6 Tage; 3. Quartal 2020: 13,9 Tage), ist der Verzug bei Firmen aus diesem Sektor am weitaus längsten. Bei den Konsumgütern (7,7 Tage), im arg gebeutelten Einzelhandel (7,7 Tage) und im Bereich „Chemie/Kunststoffe“ mit 7,4 Tagen wurden Rechnungen mit deutlich weniger Zahlungsverzug beglichen.
Wie lange sich diese positive Entwicklung fortsetzt, hängt vor allem von der Dauer und Intensität der staatlichen Hilfsmaßnahmen ab. Die Ampelkoalition ließ bereits verlauten, dass die wichtigsten Wirtschaftshilfen bis mindestens März 2022 als Reaktion auf weitere drohende Einschränkungen im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben fortgeführt werden sollen.
Erläuterungen:
Grundlage für die Berechnung des Zahlungsverhaltens ist das Debitorenregister (DRD) von Creditreform, in dem ca. 80 Millionen branchenübergreifende Zahlungserfahrungen über deutsche Unternehmen vorliegen. Der Zahlungsverzug eines im DRD gespeicherten Zahlungsbelegs wird in Tagen dargestellt und ermittelt sich aus der Differenz zwischen dem vereinbarten Zahlungsziel und dem tatsächlichen Zahlungseingang.
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