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Handel: Müll vermeiden mit Kassenbon-Apps

Der Ärger über die Ausgabepflicht für Kassenbelege hält an. Digitale Lösungen sollen dafür sorgen, dass Papierberge gar nicht erst entstehen. Was Händler bei der Wahl einer Kassenbon-App beachten sollten.

Die Wut entlädt sich unter einem Facebook-Post. Mehr als 3.000 Reaktionen, 800 Mal kommentiert und über 9.000 Mal geteilt. Das Foto der Landbäckerei Scholz aus Rinteln zeigt einen Haufen Kassenbons, der die halbe Ladentheke füllt – entstanden in nur drei Stunden an einem Sonntag in nur einer Geschäftsstelle. Darunter fordert Bäckermeister Scholz entnervt die Politik auf, „diesen Blödsinn“ zu stoppen: „Nur EINER (!) wollte den Kassenbon“, schreibt er. Fotos wie dieses gibt es viele im Netz. Die neue Belegausgabepflicht ärgert Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen.

„Aktuell wird meist ein Papierbon ausgedruckt“, sagt Ulrich Binnebößel, Experte für Zahlungssysteme beim Handelsverband Deutschland (HDE). Der Verband rechnet mit mehr als zwei Millionen Kilometern zusätzlicher Länge an Kassenbons im Jahr. Große Handelsketten machen vor, dass es anders geht. Rewe ermöglicht die digitale Belegausgabe über das Bonusprogramm Payback, bei Real und Edeka kommt der Bon auf Wunsch über die Deutschlandcard. Auch für kleine und mittlere Unternehmen gibt es Lösungen. Aktuell arbeiten mehrere Startups an Smartphone-Apps zur Digitalisierung der Belege. Eine EHI-Umfrage zeigt Potenzial für die Anwendungen: Rund 40 Prozent der Händler planen demnach künftig den Einsatz digitaler Kassenbons. Laut dem Marktforschungsunternehmen Yougov würden Verbraucher vielfach die Zusendung des Belegs per E-Mail oder Messenger einem Ausdruck vorziehen.

„Bei Händlern mit vielen Stammkunden sehe ich gute Chancen.“
Ulrich Binnebößel, HDE

Neben der Digitalisierung von Belegen bieten die Apps weiteren Nutzen: digitale Haushaltsführung etwa, Spesenmanagement und Buchführung.

Fabian Gruß, Macher der App Epap, ist überzeugt, dass Features wie diese nötig sind, um sich langfristig durchzusetzen: „Momentan wird die App 100 bis 120 Mal pro Tag heruntergeladen und als digitales Haushaltsbuch verwendet.“

Händler wiederum sollen mit den Apps von neuen Marketingmöglichkeiten profitieren. „Wir bieten eine digitale Plattform für Targeting und Cross-Selling“, sagt Anybill-Gründerin Lea Frank, deren gleichnamige App nach eigenen Angaben über circa 5.000 Nutzer verfügt.

Kassensoftware über Schnittstelle anschließen

Die technische Umsetzung erfolgt über das Kassensystem. „Die Kassensoftware kann über die Schnittstelle angeschlossen werden“, sagt Naomi Jaguttis, Mitgründerin von Bill.less, einer App, die sich in der Pilotphase befindet. „Die Hardware für NFC – also für das kontaktlose Übertragen der Daten – müssen wir stellen.“

Nutzer müssen an der Kasse nur einen QR-Code auf ihrem Handy scannen lassen. Die Apps sind meist kostenlos.

Händlern stehen unterschiedliche Preismodelle zur Auswahl: Wunderbon etwa – eine App, die im ersten Quartal 2020 starten soll – verlangt je nach Firmengröße und Servicepaket eine Grundgebühr plus 19 Cent pro Kunde pro Monat.

Die App Greenbill soll 49 Euro im Monat kosten, plus eine einmalige Einrichtungsgebühr von derzeit 79 Euro.

Handelsexperte Binnebößel hält die Apps für eine gute Idee, gibt aber zu bedenken: „Es muss geprüft werden, ob sie die rechtlichen Vorgaben erfüllen.“

Die Möglichkeit, Belege digital anzubieten, sei zwar im Gesetz verankert. Zwischen Papierbeleg und E-Bon gebe es aber einen wichtigen Unterschied: Einen Ausdruck kann der Kunde anonym mitnehmen, einen digitalen Beleg erhält er nur, wenn er sich zu erkennen gibt – etwa indem er sich für eine App registriert.

Und bei den Anbietern der Apps rechnet Binnebößel mit einer Konsolidierung: „Ich erwarte, dass sich langfristig nur wenige Anwendungen durchsetzen. Kein Verbraucher will mehrere Kassenbon-Apps parallel nutzen.“

Wer das Rennen macht, lässt sich aktuell nicht sagen – Kooperationen mit Kassensystemherstellern und Händlern würden aktuell umgesetzt, heißt es zwar bei mehreren Anbietern. Konkrete Namen wurden aber bisher nicht bekanntgegeben (Stand 10. Januar 2020).

Kassenbon-Apps: Chancen der Kundenbindung nutzen

Fest steht: Der Handel muss digitaler werden, auch beim Thema Kassenbons.

Für die von Binnebößel angesprochene Problematik der anonymen Übergabe kristallisieren sich Lösungen heraus. So wirbt etwa die App Greenbill mit einer Übermittlung ohne Preisgabe persönlicher Daten und auch Epap-Gründer Fabian Gruß kündigt die Möglichkeit eines Tests ohne Registrierung an.

Grundsätzlich empfiehlt Binnebößel Händlern, abzuwägen, ob eine App bei ihren Kunden regelmäßig zum Einsatz kommt. „Bei Händlern mit vielen Stammkunden sehe ich gute Chancen.“

Wer sich für eine App entscheidet, dem rät der HDE-Experte zu einer Lösung, die Kundenbindungsmöglichkeiten anbietet. Ganz wichtig: „Mit dem Anbieter klären, was mit den Daten passiert und ob die Anwendung rechtskonform ist.“



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