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Druck auf Deutschlands Finanzsystem wächst

Die aktuellen Krisen, allen voran die Notlage beim Bezug von Energie, haben nicht nur direkte Auswirkungen in der Realität, weil Produktionsanlagen stillstehen oder Heizungen kalt bleiben. Auch das Finanzsystem ist gefährdet.

Dies lässt sich auch real mit der Teuerung an den Preisschildern und auf den Rechnungen ablesen. Das Beben der Krise trifft aber auch die virtuelle Welt unseres Bankensystems. Dabei geht es nicht nur um die Zentralbanken, die mit ihrer Zinspolitik auf die Inflation einzuwirken versuchen, sondern auch um die Geschäftsbanken. Es ist durchaus fraglich, ob sie dem Druck, den die Krise geschaffen hat, standhalten. Die Bundesbank veröffentlicht alljährlich ihren Finanzstabilitätsbericht, aus dessen Präsentation durch die Vizepräsidentin, Claudia Buch, wichtige Erkenntnisse zur Widerstandskraft der deutschen Banken zu gewinnen sind.

Höhere Zinsen sorgen für Abschreibungen

Buch macht zu Anfang ihrer Rede noch einmal deutlich, worum es aktuell geht: Dass wir ein widerstandsfähiges Finanzsystem brauchen, das auch in Stressphasen funktioniert. Die Banken müssen in der Lage sein, die drohenden Verluste aus eigener Kraft aufzufangen. Es gilt, eine Kreditklemme zu verhindern, die wiederum Auswirkungen in der realwirtschaftlichen Krise mit sich bringen würde.

Zunächst einmal sind die Banken von den höheren Zinsen betroffen. Auch wenn sie nun endlich wieder entsprechend höhere Zinseinnahmen generieren können, so stehen dieser positiven Perspektive doch zwei negative Faktoren gegenüber. Zum einen werden die Kreditnehmer stärker belastet, was zu einer Erhöhung des Ausfallrisikos führt, zum anderen werden die Kurse für die Wertpapieranlagen der Finanzinstitute gedrückt. Nach Aussage der Bundesbank haben die Banken im Zuge dieser Verluste ihre stillen Reserven bereits weitgehend aufgebraucht.

Gute Gewinne ließen sich bisher für die Banken aus Immobilienkrediten holen. Dabei waren zwar die Zinsen und damit die Erträge für den Kreditgeber gering, auf der anderen Seite führte aber die hohe Nachfrage nach Finanzierung auch zu einem Boom bei diesen Krediten. Für Hausfinanzierungen sind aktuell mehr als 3 Prozent Zinsen zu zahlen, vor einem Jahr waren es noch 1,3 Prozent. Diese Kosten sind für viele private Bürger auf der Suche nach einer passenden Immobilie nicht mehr zu stemmen. Hinzu kommt das Risiko, etwa bei Anschlussfinanzierungen auslaufender Wohnungskredite, dass es zu Kreditausfällen kommt. Bereits vor einem Jahr hatte die Bundesbank vor einer Immobilienblase gewarnt. Sie sieht eine Überbewertung von Wohnimmobilien in den deutschen Großstädten zwischen 15 und 40 Prozent. Wegen des Rückgangs der Nachfrage nach Immobilien beginnen die Preise zu fallen, die Sicherheiten für das Finanzinstitut sind geringer zu bewerten und das Ausfallrisiko steigt.

Unternehmenskredite weniger sicher

Anzeichen für eine Kreditklemme gibt es nach Aussage von Claudia Buch nicht. Tatsächlich hat die Kreditvergabe an Unternehmen sogar noch einmal deutlich zugelegt – wenn sich auch am aktuellen Rand durchaus Rückgänge zeigen. Denn auch bei den Unternehmen drohen im Zuge der gesamtwirtschaftlichen Verschlechterung Ausfälle. Auch wenn die Zahl der Insolvenzen, nicht zuletzt dank der staatlichen Unterstützung und den Änderungen im Recht, bisher noch nicht gestiegen ist, bleibt die Furcht vor einer Insolvenzwelle und den damit steigenden Risiken im Hinblick auf die Kreditausfälle ein wichtiger Faktor. Tatsächlich sind die Banken sowohl bei Unternehmenskrediten als auch bei den Immobilienkrediten zurückhaltender geworden. Es handelt sich also nicht nur um einen Rückgang der Nachfrage, nicht zuletzt auch bestimmt durch die Angst vor einem weiteren wirtschaftlichen Niedergang, sondern auch auf der Angebotsseite um ein vorsichtigeres Agieren.

Die Widerstandsfähigkeit der privaten Haushalte wiederum, die Frage also, inwiefern sie ihren Immobilienkredit bedienen können, findet eine erste Antwort in der Tatsache, dass die Verschuldung der deutschen Haushalte von 92 Prozent, relativ bezogen auf das verfügbare Einkommen, im Jahr 2018 auf 100 Prozent im Jahre 2022 zugenommen hat. Nun werden Wohnungsbaukredite eher von Haushalten mit einem höheren Einkommen in Anspruch genommen. Damit mag das Ausfallrisiko eher gering sein – die Kosten bei diesen langfristigen Krediten jedoch werden im Zeichen der steigenden Zinsen bei den günstig finanzierten „Altkrediten“ für die Banken höher.

Verschuldung gestiegen

Aber nicht nur die Verbraucher, auch die Unternehmen haben eine steigende Verschuldung aufzuweisen. Dabei sieht nach Aussage der Bundesbank der Blick in die Bilanzen noch positiv aus: Selbst bei energieintensiven Unternehmen ist der Verschuldungsgrad (definiert als Verhältnis von Fremdkapital zum EBIT) nur geringfügig höher als bei einer geringen oder mittleren Energieintensität eines Unternehmens. Dennoch sind hier die Kostensteigerungen durch die steigenden Energiepreise noch nicht ganz abgebildet. Höhere Kosten – und dies nicht nur im Sektor der Energie – engen die finanziellen Spielräume und damit die Bonität im Hinblick auf die Rückzahlung der Kredite weiter ein. Die Bundesbank bringt es auf den Punkt: Das könnte für die Banken problematisch sein, denn Unternehmen mit einer hohen Verschuldung machen einen relativ hohen Anteil an den Kreditportfolios aus.

Bei der Risikovorsorge haben die Banken eher die Vergangenheit im Blick – die Banken schätzen die Ausfallrisiken als eher gering ein. Sie orientieren sich am günstigen Verlauf der Unternehmensinsolvenzen und weniger an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, wie sie im BIP zum Ausdruck kommt.

Wenn nun tatsächlich auch noch die Kapitalpuffer dünner werden, dann gilt es für die Aufsicht der Banken genauer hinzusehen, um Schieflagen frühzeitig zu erkennen und die Institute bei der Schaffung finanzieller Resilienz zu unterstützen. Das Bankensystem in Deutschland ist stabil, doch die Risiken steigen – alleine schon, weil kaum abzusehen ist, wie sich die geopolitischen Spannungen weiterentwickeln werden und wie ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft hierzulande sind.

Quelle: Deutsche Bundesbank



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