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Insolvent - und dennoch kreditwürdig?

Von der Seite der Schuldner(-Beratung) und aus der Wissenschaft wurde im Vorfeld in den Diskussionen um die Formulierung der novellierten Insolvenzgesetze eine Verkürzung der Speicherfristen der Wirtschaftsauskunfteien bei Privatpersonen gefordert.

Es galt auf der einen Seite das Informationsinteresse von Händlern und Lieferanten an der Bonität ihrer Abnehmer und Kunden sowie auf der anderen Seite den Schutz der Daten der Betroffenen abzuwägen. In diesem Konflikt einen Ausgleich zu schaffen, hatte schon die Diskussion um die Novellierung der Datenschutzgrundverordnung bestimmt. Im Zusammenhang mit der Verkürzung der Wohlverhaltensperiode zur Restschuldbefreiung war sie wieder aufgeflammt. Auf der Seite der Schuldner wurde argumentiert, dass die neuen Erleichterungen in der Entschuldung nur Sinn machen würden, wenn ein wirtschaftlicher Neuanfang nicht durch einen schwachen „Score“ in der Bonitätsbewertung konterkariert würde. „Einmal kreditunwürdig, immer kreditunwürdig“, lautete die polemische Zuspitzung. Die Gläubiger hingegen machten geltend, dass sie ohne Sicherheiten und echte Kenntnis der wirtschaftlichen Situation ihre Abnehmer kaum beliefern könnten, weil sie sich angesichts Millionen überschuldeter Personen ständig im Risiko des Zahlungsausfalls bewegen – dies insbesondere gegenüber „schweren Fällen“, die durch eine Insolvenz bekannt werden.

Einfach vergessen?

Durch die schwache Bonitätsbewertung bei der Aufnahme eines Kredits stigmatisiert zu sein – davon kann nicht die Rede sein. Denn schließlich und endlich besteht die Pflicht, den negativen Eintrag, den ein privates Insolvenzverfahren nach sich zieht, zu löschen: Nach spätestens drei Jahren, so schreibt es der Datenschutz vor, ist der negative Eintrag zu eliminieren. Mancher Schuldner hatte sich gewünscht, dass dies bereits nach einem Jahr der Fall sein sollte. Der Gesetzgeber hat gut daran getan, diesem Drängen nicht nachzugeben. Es ist davon auszugehen, dass gerade durch die Verkürzung der Wohlverhaltensperiode eine ebensolche Verkürzung bei den Löschungsfristen den realen Gegebenheiten, also einer echten wirtschaftlichen Erholung auf Seiten des Schuldners, nicht gerecht werden würde. Dabei ist anzumerken, dass der Schuldner durchaus die Möglichkeit hat, mit dem Hinweis, dass ihm durch die schwache Beurteilung konkrete Nachteile entstanden sind, gegen die Bewertung gerichtlich vorzugehen.

Ein solches Vorgehen ist aber in vielen Fällen nicht nötig. Bei kleineren Geschäften im Alltag, bei der Internetbestellung oder dem Handyvertrag sind andere Zahlungsmöglichkeiten gegeben, so dass etwa über Zahlung auf Rechnung, Vorkasse oder Prepaid durchaus Waren und Dienstleistungen zu bekommen sind. Zudem beruht die Bewertung eines Verbraucher-Scores immer auf einer ganzen Zahlungshistorie. Nach einer Restschuldbefreiung werden Geschäfte wieder aufgenommen, so dass die Einhaltung von Zahlungszielen und die Pünktlichkeit beim Begleichen von Rechnungen erneut in den Score eingehen und so zu einer Verbesserung der Bonität führen wird. Die Bonitätsbewertung einer Wirtschaftsauskunftei ist so gut, wie sie aktuell ist. Vergangenes geht darin ein, aktuelles ist wichtiger.

Restschuldbefreiung und dann ein Haus kaufen

Etwas anderes sind Kredite zur Immobilienfinanzierung oder für den Kauf eines Kraftfahrzeuges. Hier stehen große Summen auf dem Spiel, das Risiko eines Ausfalls ist gravierender. Dabei geht es nicht nur und ausschließlich um die Bewertung einer Auskunftei, wenn der Kreditantrag auf dem Tisch liegt. Die Bank wird auch eigene und weitere Quellen nutzen, um sich ein Bild von der Situation ihres potentiellen Schuldners zu machen. Da geht es zusätzlich um Verdienstbescheinigungen, Sicherheiten und Bürgschaften, wie sie nicht nur für Personen erforderlich sind, die eine Restschuldbefreiung hinter sich haben. Und schließlich hat der Eintrag einer Insolvenz und eine anschließend erfolgreich durchlaufene Wohlverhaltensperiode auch sein Gutes. Das Finanzierungsinstitut weiß dann, dass keine Altschulden mehr vorhanden sind und das zumindest drei Jahre lang solide gewirtschaftet wurde. Ein Arbeitsplatz oder eine erfolgreiche Selbstständigkeit sind gegeben. Schließlich bleibt zu fragen, ob ein Schuldner drei Jahre nach der Insolvenz tatsächlich in der Lage ist, einen Kredit für einen Hauskauf oder die Anschaffung eines Pkw aufnehmen zu können oder ob diese Situation tatsächlich eine rein theoretische ist.

Die Diskussion um eine Verkürzung der Speicher- und Löschungsfristen wird anhalten. Die Novellierung des Insolvenzgesetzes wird bis zum 30.06.2024 zu evaluieren sein. Es ist ein Bericht auf der Basis der Erfahrungen der nächsten Jahre zu erstellen, der Auskunft darüber geben wird, ob die Speicherung der Informationen zur Insolvenz und Restschuldbefreiung bei den Auskunfteien den wirtschaftlichen Neustart danach tatsächlich erschwert haben. Die kurze Wohlverhaltensperiode steht also im Hinblick auf die Einträge bei den Wirtschaftsauskunfteien auf dem Prüfstand.

Quellen: BMJV, Schuldnerberatung



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