Wo sind Deutschlands Unternehmerinnen?
Es tut sich etwas in den Führungsetagen deutscher Unternehmen. Dort leiten immer mehr Frauen die Geschäfte. Doch das Verhältnis von 50 zu 50 ist erst in einigen wenigen Branchen erreicht, wie eine aktuelle Studie von Creditreform zeigt.
Mit einem Augenzwinkern macht die Allbright-Stiftung regelmäßig auf die Fortschritte bei der gleichberechtigten Besetzung von Führungspositionen in der Wirtschaft aufmerksam. Sie zählt jedes Jahr, wie viele Frauen an der Spitze eines Dax-, M-Dax- und S-Dax-Unternehmen stehen – und wie viele Männer mit dem Vornamen Christian. Das Ergebnis ist ernüchternd: Im Frühjahr 2023 standen neun Vorständinnen neun Christians gegenüber. Insgesamt liegt der Frauenanteil in den Chefetagen der größten deutschen Firmen bei 17,1 Prozent. Das Bild ist nicht komplett. Denn die Wirtschaft besteht nicht nur aus Konzernen, sondern zum größten Teil aus kleinen und mittleren Unternehmen. Und bezogen auf Geschlechtergleichheit, hat der Mittelstand die Nase vorn, wie Creditreform in einer aktuellen Studie ermittelt hat. „Unsere Zahlen zeigen, dass in rund 664.000 kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland eine Frau in der Unternehmensleitung tätig ist. Im Mittelstand ist also in zahlreichen Branchen eine Chefin keine Seltenheit“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. 23 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland werden demnach von einer Frau geleitet – und das ohne Quote.
Klassische Berufswahl
Alles gut, also? Creditreform hat die Verteilung in einzelnen Branchen analysiert. „Die Realität in den Wirtschaftsbereichen spiegelt oft noch die klassische Berufswahl der Geschlechter wider“, sagt Hantzsch. Am häufigsten führen Frauen Unternehmen im Gesundheits- und Sozialwesen (51 Prozent), kaum vertreten sind weibliche Führungskräfte im Baugewerbe (7 Prozent).
Die Ursachen für diese Verteilung sind vielfältig. Gerade in den Branchen mit geringem Frauenanteil in der Führung, spielt der Spagat zwischen Karriere und Kindern eine Rolle.
Der Studie zufolge stehen überdurchschnittlich oft Frauen an der Spitze von ostdeutschen Firmen, allen voran in den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Berlin. In diesen Ländern werden laut dem Statistischen Bundesamt mehr als 50 Prozent der Kinder unter drei Jahren in Tageseinrichtungen betreut, in den westlichen Bundesländern sind es nur knapp unter 30 Prozent. Es scheint: Je schlechter die Betreuungsmöglichkeiten und -kapazitäten, desto schwieriger wird es auch, Firma und Familie zu vereinbaren.
Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Christian Raschke
Bildnachweis: Westend61 / Getty Images