Unternehmensinsolvenzen in 2023 deutlich gestiegen, Zahlungsverhalten noch stabil, Gründungsgeschehen zurückhaltend
Die Zahl der im Bundesland Bremen von einer Insolvenz betroffenen Unternehmen ist in 2023 deutlich gestiegen. So gingen im vergangenen Jahr 257 Firmen in die Pleite, im Jahr 2022 waren es noch 168 Betriebe. Der starke Anstieg beruht im Wesentlichen auf der Pleite der bundesweit tätigen Convivo-Gruppe, deren Pflegeheime als separate GmbHs betrieben wurden und zumeist ihren Firmensitz in der Hansestadt hatten. Bereinigt um diesen statistischen Sondereffekt ist dennoch ein erheblicher Anstieg an Unternehmensinsolvenzen im Bundesland zu verzeichnen.
2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | |
Bremen | 183 | 181 | 136 | 132 | 211 |
Bremerhaven | 37 | 23 | 17 | 36 | 47 |
Gesamt | 220 | 204 | 153 | 168 | 258 |
„Immer mehr Firmen brechen unter den Dauerbelastungen hoher Energiepreise, gestiegener Personalkosten und der Zinswende zusammen“, sagt Dr. Peter Dahlke von Creditreform Bremen. „Die Zahl der Insolvenzen wird bei diesen schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch in den kommenden Monaten deutlich ansteigen.“
Die Bremer Zahlen spiegeln auch den bundesweiten Trend wider: In 2023 haben deutlich mehr Unternehmen Insolvenz angemeldet als im Vorjahreszeitraum. So wurden bundesweit 18.100 Fälle registriert. Das sind 23,6 Prozent mehr als noch in 2022 (14.660 Fälle). „Ungeachtet des hiesigen Sondereffekts durch Convivo hat sich das Insolvenzgeschehen im vergangenen Jahr doch auf breiter Front insgesamt beschleunigt und nimmt weiter Fahrt auf“, erläutert Dahlke. Ein Grund für das Anspringen der Insolvenzspirale dürften auch Nachholeffekte sein. Viele nun insolvente Unternehmen hätten jahrelang gegen multiple Krisen wie Corona, Inflation und Fachkräftemangel angekämpft.
Hauptwirtschaftsbereiche
Ein Blick auf die vier Hauptwirtschaftsbereiche Baugewerbe, Handel, Dienstleistungen und Verarbeitendes Gewerbe zeigt, dass in 2023 – ähnlich wie im Vorjahr – der Großteil der Insolvenzen im Bundesland Bremen auf den Bereich Dienstleistungen entfällt.
Nicht nur die Convivo-Gruppe, sondern auch andere Dienstleister leiden unter den hohen Personalkosten durch die jüngsten Tarifabschlüsse und den gestiegenen Mindestlohn. Ein deutlicher Anstieg der Firmenpleiten zeigt sich aber auch im Bremer Baugewerbe. Diese Branche ist zusätzlich zu den bestehenden Problemfeldern von deutlich höheren Materialpreisen und den gestiegenen Zinsen betroffen. „Die Zinswende hat dazu geführt, dass viele Auftraggeber wegen der nun gestiegenen Finanzierungskosten ihre Bauvorhaben überdenken. Dadurch steht die Bauwirtschaft vor schwierigen Zeiten“, so Dahlke.
Neben den Kostensteigerungen für Material und Personal tritt für die Unternehmen eine weitere Herausforderung hinzu, nämlich der Anstieg der Energiepreise. Hiervon sind die meisten Unternehmen unabhängig von der Branche betroffen. „Eine spürbare Mehrbelastung zeigt sich vor allem bei Produktionsunternehmen sowie anderen stark von der Energie abhängigen Firmen. Das belastet die Liquidität der Betriebe zusätzlich und kann abhängig von der Kapitalstärke und Finanzierungsstruktur schnell zu Zahlungsstörungen und schlimmstenfalls zur Insolvenz führen“, bewertet Dr. Peter Dahlke die aktuelle Situation.
Aktuelles Zahlungsverhalten
Creditreform hat darüber hinaus das derzeitige Zahlungsverhalten der Unternehmen analysiert. Auf Basis der Buchhaltungsdaten, die viele Firmen Creditreform zur Verfügung stellen, wird deutlich, dass Betriebe im Bundesland Bremen ihre Forderungen etwas schneller begleichen können als im Bundesdurchschnitt. In Bremen liegt der durchschnittliche Zahlungsverzug bei 9,42 Tagen, bundesweit beträgt die Überfälligkeit 9,70 Tage.
Gründungsgeschehen
Auch das Gründungsgeschehen 2023 im Bundesland Bremen spiegelt die aktuellen gesamtwirtschaftlichen Unsicherheiten für die Betriebe wider: So zeigt sich bei handelsregisterlich erfassten Rechtsformen ein Rückgang auf 1.165 Firmen. In 2022 wurden noch 1.225 neue Unternehmen im Handelsregister eingetragen. Im Jahr zuvor waren es sogar 1.314.
Während der Dienstleistungsbereich sich weitgehend stabil zeigte, ist ein verhaltenes Gründungsgeschehen gerade in der Baubranche und noch deutlicher im Verarbeitenden Gewerbe erkennbar. „Das Gründungsgeschehen ist das Spiegelbild der Insolvenzen. Auch hier zeigt sich, dass die hohen Energiepreise vor allem für das Verarbeitende Gewerbe eine starke Herausforderung darstellen und Firmengründer abschrecken“, so Dr. Peter Dahlke. „Die Unternehmen benötigen Verlässlichkeit und Kontinuität in ihren Rahmenbedingungen. Und die Herausforderungen in lokalen und globalen Märkten alleine sind schon groß genug, so dass zunehmende Regulatorik und Bürokratie seitens der Politik den Wirtschaftsmotor abwürgen.“
Bremen, 14.02.2024