Unternehmensinsolvenzen in Bremen steigen weiter deutlich, in Bremerhaven Seitwärtstrend
Die schwache Wirtschaftsentwicklung und die anhaltend hohen Belastungen für Unternehmen haben die Insolvenzzahlen im Bundesland Bremen im 1. Halbjahr weiter ansteigen lassen. So gingen von Januar bis Juni bereits 134 Firmen in die Pleite. Lässt man die letztjährige Großinsolvenz der Bremer Convivo-Gruppe mit über 60 Einzelverfahren als Sondereffekt außer Acht, entspräche dies einem Anstieg von knapp 40 Prozent.
2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | |
Bremen | 94 | 106 | 75 | 73 | 131 | 108 |
Bremerhaven | 22 | 15 | 10 | 21 | 27 | 26 |
Gesamt | 116 | 121 | 85 | 94 | 158 | 134 |
jeweils 1. HJ
„Die Insolvenzen in Bremen nehmen weiter Fahrt auf. Die Unternehmen kämpften in der ersten Jahreshälfte weiter gegen die Auswirkungen der Rezession, anhaltende Krisen und die kraftlose konjunkturelle Entwicklung“, sagt Dr. Peter Dahlke von Creditreform Bremerhaven. „Das alles zusammengenommen bricht nun vielen Betrieben das Genick“, so Dahlke weiter. Ein Lichtblick für Bremerhaven: Die Insolvenzen bewegen sich hier in etwa auf Vorjahresniveau. So gingen 26 Unternehmen von Januar bis Juni in die Pleite.
Die Zahlen im Land Bremen spiegeln auch den bundesweiten Trend wider: Im 1. Halbjahr 2024 haben deutlich mehr Unternehmen Insolvenz angemeldet als im Vorjahreszeitraum. So wurden zwischen Januar und Juni rund 11.000 Unternehmensinsolvenzen deutschlandweit registriert. Das sind knapp 30 Prozent mehr als im 1. Halbjahr 2023 (8.470 Fälle).
Ein Blick auf die Bundesländer zeigt, dass gerade die Stadtstaaten überdurchschnittlich von Unternehmensinsolvenzen betroffen sind. Sie haben naturgemäß viele Unternehmen auf kleiner Fläche, so dass die Insolvenzen hier im Vergleich mit den Flächenländern einen größeren Effekt zeigen. „In einer Großstadt wie Bremen gibt es viele neu gegründete Kleinstfirmen und Start-ups, die mitunter ebenso schnell auch wieder vom Markt verschwinden“, erklärt Dr. Peter Dahlke.
Hauptwirtschaftsbereiche
Ein Blick auf die vier Hauptwirtschaftsbereiche Baugewerbe, Handel, Dienstleistungen und Verarbeitendes Gewerbe zeigt, dass im 1. Halbjahr 2024 – ähnlich wie im Vorjahr – der Großteil der Insolvenzen im Bundesland Bremen auf den Bereich Dienstleistungen entfällt. Der deutliche Rückgang gegenüber dem Vorjahr ist auf den statistischen Effekt der Convivo-Gruppe zurückzuführen, auf die alleine über 60 einzelne Insolvenzverfahren in der letztjährigen Erhebung entfielen. Auffällig ist zudem ein deutlicher Anstieg im Bereich des Handels. Großhändler kämpften mit der allgemeinen konjunkturellen Entwicklung und für viele Einzelhändler war es schwierig, im Zuge der deutlichen inflationsbedingten Konsumzurückhaltung der Verbraucher zu überleben. Hinzu kommt hier die dauerhafte starke Konkurrenz der Onlineshops, die dem Einzelhandel allgemein zu schaffen macht.
„Branchenübergreifend leiden die Betriebe unter den hohen Personalkosten durch die letzten Tarifabschlüsse und den gestiegenen Mindestlohn. Ebenso macht der zunehmende bürokratische Aufwand vielen Unternehmen das Leben schwer“, so Dahlke. „Auch darf man nicht außer Acht lassen, dass eine Insolvenz nicht aus heiterem Himmel kommt, sondern ein schleichender Prozess ist. Die vergangenen Jahre waren von etlichen Herausforderungen für die Unternehmen geprägt, wie bspw. Corona, Lieferkettenprobleme, Inflation und steigende Energiepreise sowie die Zinswende. Dies alles belastete die Betriebe zusätzlich jenseits des eigenen Geschäftsmodells und kann abhängig von der Kapitalstärke und Finanzierungsstruktur schnell zu Zahlungsstörungen und schlimmstenfalls zur Insolvenz führen.“
Unternehmensalter
Betrachtet man das Alter der insolvenzbetroffenen Firmen, so zeigt sich in diesem Jahr, dass mehr etablierte und langjährige Betriebe zur Aufgabe gezwungen waren. Über ein Drittel sind älter als 10 Jahre und fast sogar jede zehnte Pleite betrifft ein Unternehmen, das länger als 26 Jahre am Markt bestand. „Von mangelnder unternehmerischer Erfahrung kann hier beileibe nicht die Rede sein. Gerade für den Traditionsstandort Bremen ist dies eine traurige Entwicklung, wenn solche Unternehmen vom Markt verschwinden“, so Dahlke abschließend.