Zahl der Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr 2022 im Bundesland Bremen leicht gestiegen
Die Zahl der im Bundesland Bremen von einer Insolvenz betroffenen Unternehmen ist im ersten Halbjahr 2022 um 7 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen. So gingen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 92 Firmen in die Pleite, im Vorjahrszeitraum waren es noch 85.
„Seit Beginn des Jahres ziehen die Insolvenzzahlen in Bremen wieder an. Im Durchschnitt liegen wir aber noch unterhalb des Niveaus von 2019 und 2020. Die Unternehmen müssen sich unabhängig von Corona-Hilfen und anderen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen am Markt eigenständig behaupten. Es kehrt wieder eine gewisse Form der Normalität ein, wozu auch Marktaustritte durch Insolvenzen gehören“, analysiert Peter Dahlke von Creditreform Bremen die aktuellen Zahlen.
Früher waren Auftrags- und damit verbunden Umsatzeinbrüche vielfach Auslöser einer unternehmerischen Schieflage bis hin zur Insolvenz. Durch den extremen Arbeitskräftemangel und die andauernde Lieferkettenproblematik können derzeit viele Betriebe in Bremen ihre vollen Auftragsbücher aus Personal- und Materialmangel nicht abarbeiten. Fehlende Arbeitskräfte sind aktuell auch in Unternehmensbereichen ohne spezielle Fachkenntnisse deutlich spürbar. Dies setzt die betroffenen Unternehmen stark unter Druck und kann auch Auslöser von Krisen sein.
„Neben den Personalengpässen und der Lieferkettenproblematik tritt für die Unternehmen eine weitere Herausforderung hinzu, nämlich die drohende Explosion der Energiepreise. Von den steigenden Energiekosten sind die meisten Unternehmen unabhängig von der Branche betroffen. Eine spürbare Mehrbelastung wird sich vor allem bei Produktionsunternehmen sowie anderen stark von der Energie abhängigen Firmen zeigen. Das belastet die Liquidität der Betriebe zusätzlich und kann abhängig von der Kapitalstärke und Finanzierungsstruktur schnell zu Zahlungsstörungen und schlimmstenfalls zur Insolvenz führen“, bewertet Peter Dahlke die aktuelle Situation.
Hauptwirtschaftsbereiche
Ein Blick auf die Hauptwirtschaftsbereiche Baugewerbe, Handel, Dienstleistungen und Verarbeitendes Gewerbe zeigt, dass im ersten Halbjahr 2022 – ähnlich wie im Vorjahr 2021 – der Großteil der Insolvenzen auf den Bereich Dienstleistungen entfällt. Während die Zahl der Firmenpleiten im Baugewerbe 2022 leicht gesunken ist, waren die Insolvenzen in allen andern Bereichen steigend.
Unternehmensalter
Beim Unternehmensalter zeigt sich, dass gerade die Zahl der von der Insolvenz betroffenen jungen Firmen im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen ist. In diesem Jahr wurde hauptsächlich bei älteren Unternehmen ab einem Unternehmensalter von 6 Jahren ein Insolvenzverfahren eröffnet.
„Langjährig bestehende Unternehmen verfügen oft über eine gute Eigenkapitalsubstanz und haben Erfahrungen mit Krisensituationen. Das ist im Vergleich zu jüngeren Unternehmen ein Vorteil. Eine Garantie zur Vermeidung einer Insolvenz bietet das Unternehmensalter aber natürlich nicht, wie die aktuellen Daten zeigen. Auch etablierte Geschäftsmodelle stehen ständig auf dem Prüfstand des Marktumfeldes“, analysiert Peter Dahlke die Entwicklung.
Unternehmensgrößen
Betrachtet man die Unternehmen nach ihrer Größenklasse, so wird deutlich, dass weiterhin vorrangig Kleinst- und Kleinunternehmen Schiffbruch erlitten haben. Mittlere und große Betriebe waren nur in wenigen Fällen von einer Insolvenz betroffen.
Bundeslandvergleich
Im Bundeslandvergleich weist die Insolvenzbetroffenheit deutliche regionale Unterschiede auf. So reicht hier die Spanne der Insolvenzquoten (Insolvenzen je 10.000 Unternehmen) von 79 in Berlin bis 36 in Bayern. Das Bundesland Bremen liegt im 1. Halbjahr mit einer Quote von 77 an vorletzter Stelle. Dies liegt insbesondere daran, dass sich in einem Stadtstaat naturgemäß viele Unternehmen auf kleiner Fläche ansiedeln und damit das Gründungsgeschehen – sowie auch Unternehmensschließungen bspw. durch Insolvenz – stärker ausgeprägt sind, als das in klassischen Flächenbundesländern, die auch große ländliche Bereiche aufweisen, der Fall ist. „In einer Großstadt wie Bremen gibt es viele neu gegründete Kleinstfirmen und Start-ups, die mitunter ebenso schnell auch wieder vom Markt verschwinden. Diese Dynamik fehlt in ländlichen Gebieten und wirkt sich dort positiv auf die Insolvenzstatistik aus“, so Peter Dahlke.
Bremen, 08.08.2022