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Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Bremen wieder gestiegen

Die Zahl der im Bundesland Bremen von einer Insolvenz betroffenen Unternehmen ist im Jahr 2022 um knapp 10 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen. So gingen im letzten Jahr 168 Firmen in die Pleite, in 2021 waren es noch 153 Betriebe. Damit zeichnet sich eine Trendwende ab.

„Im letzten Jahr sind die Insolvenzzahlen in Bremen wieder gestiegen. Dennoch liegen wir noch unterhalb des Niveaus von 2019 und 2020. Die Unternehmen müssen sich unabhängig von Corona-Hilfen und anderen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen wie der Energiepreisbremse am Markt eigenständig behaupten. Es kehrt wieder eine gewisse Form der Normalität ein, wozu auch Marktaustritte durch Insolvenzen gehören“, analysiert Peter Dahlke von Creditreform Bremen die aktuellen Zahlen.

Früher waren Auftrags- und damit verbunden Umsatzeinbrüche vielfach Auslöser einer unternehmerischen Schieflage bis hin zur Insolvenz. Durch den extremen Arbeitskräftemangel und die andauernde Lieferkettenproblematik können derzeit viele Betriebe in Bremen ihre vollen Auftragsbücher aus Personal- und Materialmangel nicht abarbeiten. Fehlende Arbeitskräfte sind aktuell auch in Unternehmensbereichen ohne spezielle Fachkenntnisse deutlich spürbar. Dies setzt die betroffenen Unternehmen stark unter Druck und kann auch Auslöser von Krisen sein.

„Neben den Personalengpässen und der Lieferkettenproblematik tritt für die Unternehmen eine weitere Herausforderung hinzu, nämlich die deutliche Inflation und insbesondere die Steigerung der Energiepreise. Hiervon sind die meisten Unternehmen unabhängig von der Branche betroffen. Eine spürbare Mehrbelastung zeigt sich vor allem bei Produktionsunternehmen sowie anderen stark von der Energie abhängigen Firmen. Das belastet die Liquidität der Betriebe zusätzlich und kann abhängig von der Kapitalstärke und Finanzierungsstruktur schnell zu Zahlungsstörungen und schlimmstenfalls zur Insolvenz führen“, bewertet Peter Dahlke die aktuelle Situation.

Ähnlich wie bei Corona unterstützt der Staat besonders betroffene Betriebe mit Hilfsmaßnahmen. Durch die sog. Energiepreisbremse soll der finanzielle Druck für Firmen abgemildert werden. „Ob und inwieweit diese Maßnahmen helfen, solche Unternehmen vor einer finanziellen Schieflage zu bewahren, ist pauschal schwierig zu beantworten. In Anbetracht der zahlreichen Herausforderungen für die Betriebe jenseits der Energiepreise gehen wir von einem weiteren Anstieg der Insolvenzzahlen in diesem und den nächsten Jahren aus. Das Jahr 2022 dürfte somit eine Trendwende eingeleitet haben. Dies ist jedoch bislang nicht besorgniserregend, da sich die Werte seit Corona auf noch einem sehr niedrigen Niveau bewegen“, so Peter Dahlke. Es handelt sich insoweit nicht um ein bedrohliches Anschwellen, sondern vielmehr um eine Normalisierung als eine natürliche Anpassung an die Realität vor den staatlichen Eingriffen in die Marktmechanismen.
 

Hauptwirtschaftsbereiche

Ein Blick auf die vier Hauptwirtschaftsbereiche Baugewerbe, Handel, Dienstleistungen und Verarbeitendes Gewerbe zeigt, dass im Jahr 2022 – ähnlich wie in den Vorjahren – der Großteil der Insolvenzen auf den Bereich Dienstleistungen entfällt. Ein deutlicher Anstieg der Firmenpleiten zeigt sich dabei im Baugewerbe. Diese Branche ist zusätzlich zu den bestehenden Problemfeldern von deutlich gestiegenen Materialpreisen durch den Ukraine-Krieg betroffen. Hinzu kommt die Zinswende, die viele Auftraggeber durch die nun gestiegenen Finanzierungskosten veranlasst, ihre Bauvorhaben zu überdenken.

Trotz der Krisenhäufigkeit klingt das Insolvenzniveau derzeit paradox. Demnach haben die seinerzeitigen staatlichen Corona-Hilfsmaßnahmen (wie bspw. Sofort- und Überbrückungshilfen, KfW-Kredite, Kurzarbeitergeld und das kurzzeitige Aussetzen der Insolvenzantragspflicht) gewirkt. Die aktuelle staatliche Energiepreisbremse wird im laufenden Jahr weiteren Druck der Unternehmen abmildern. Problematisch daran ist der langfristige Eingriff in die Mechanismen der Marktwirtschaft. Folglich wurde der Seismograph „Insolvenz“ vom tatsächlichen Marktgeschehen entkoppelt. Eine klare Bestandsaufnahme anhand dieser Zahlen, wie es der Wirtschaft tatsächlich geht, ist so nicht möglich. Die Daten stellen sich als irreführend dar. „Klar ist jedoch, dass die sich nun überlagernden Krisen viele Unternehmen weiter unter Druck setzen“, so Peter Dahlke.
 

Bremen, 06.02.2023