Gründerflaute hemmt Innovation
Das Statistische Bundesamt hat im Februar 2025 die neuesten Zahlen zur Gründung von Unternehmen vorgelegt. Dabei richtet sich die Aufmerksamkeit stärker auf größere Betriebe, deren wirtschaftliche Bedeutung im Hinblick auf Umsätze und Schaffung von Arbeitsplätzen wichtiger ist als die von kleinen Gewerbebetrieben, die oft im Nebenerwerb oder in der Solo-Selbstständigkeit agieren.
Insgesamt wurden 2024 in Deutschland und 121.000 Unternehmen gegründet, die als „größer“ bezeichnet werden können. Wie Destatis weiter mitteilte, sind das immerhin 2,1 Prozent mehr Gründungen als 2023. Bemerkenswert ist, dass trotz der anhaltenden wirtschaftlichen Flaute der Mut zum eigenen Unternehmen den unternehmerischen Pionieren in jüngster Zeit nicht verloren gegangen ist.
Stärker allerdings stieg die Zahl der Betriebsaufgaben. Gegenüber 2023 nahm die vollständige Aufgabe, also nicht der Verkauf oder die Fusion mit einem anderen Unternehmen, um 2,7 Prozent auf 99.000 Fälle zu. Zur Methodik und Definition der „größeren wirtschaftlichen Bedeutung“ schreibt das Amt, dass dann davon ausgegangen wird, „wenn ein Betrieb durch eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit gegründet beziehungsweise aufgegeben wird. Auch von natürlichen Personen gegründete oder aufgegebene Betriebe können hierunter fallen, sofern die Person im Handelsregister eingetragen ist, Mitarbeiter beschäftigt oder bei der Gründung eine Handwerkskarte besitzt.“
Nicht nur Pizzadienste und Sonnenstudios
Dagegen sind die Gewerbebetriebe nicht im Handelsregister eingetragen. Es handelt sich nicht um eine Kauffrau oder einen Kaufmann und schließlich findet keine weitere Beschäftigung statt. Ein wenig gestiegen sind auch die Neugründungen von Gewerbebetrieben im Sinne dieser Definition. Um hauchdünne 0,2 Prozent auf 594.000 Betriebe stieg die Zahl 2024 gegenüber 2023. Aber auch die Gewerbeabmeldungen nahmen ein wenig zu und lagen 2024 bei gut 760.000 Löschungen. Die hohe Zahl von Gründungen in diesem Bereich hängt statistisch auch damit zusammen, dass hier Gewerbeübernahmen, Umwandlungen oder Zuzüge aus anderen Bezirken ebenfalls in die Rechnung eingehen.
Die Gründung von Unternehmen ist von entscheidender Bedeutung für den wirtschaftlichen Fortschritt und die Konjunktur. Neugründer sind gleichsam der Motor, wenn es darum geht, Innovationen auf den Weg zu bringen, Arbeitsplätze zu schaffen und schließlich die Wettbewerbsfähigkeit sowie den Strukturwandel einer gesamten Volkswirtschaft voranzutreiben. Gerade im aktuell beklagten wirtschaftlichen Stillstand geht es darum, die Gründung von Unternehmen zu beschleunigen. In den Schwerpunkten für eine deutsche Wirtschaft der Zukunft, in der Digitalisierung, beim Umweltschutz und schließlich angesichts steigender Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt, versprechen Neugründer Bewegung. Die Neugründer sind nicht zuletzt den Insolvenzen gegenüberzustellen. Die dramatisch steigende Zahl von Unternehmenszusammenbrüchen ist aber nicht nur negativ zu bewerten, sie ist auch Teil der „Creative Destruction“, die für den Fortschritt der Wirtschaft und Gesellschaft nötig ist. Fatal ist nur, wenn den Insolvenzen und Löschungen im Register nicht eine mindestens ebenso hohe Zahl von neu geschaffenen Unternehmen gegenübersteht. Wird der Saldo negativ, wie im gewerblichen Sektor der Unternehmen insgesamt, so kommt es ganz ähnlich wie bei der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland zu einer Überalterung. Ein Blick auf die Gründerzahlen seit der Jahrtausendwende zeigt, dass die Initiative zur Gründung eines Betriebes vor einem Vierteljahrhundert etwa dreimal so hoch lag. 2001 waren 1,5 Mio. Neugründer zu zählen, nun sind es noch nicht einmal 600.000. Anzumerken ist für die Historie des Gründungsgeschehens, dass der Rückgang bereits 2003 einsetzte, zwischen 2007 und 2014 zwischen 750.000 und 900.000 lag, um dann 2017 einen Boden von gut 500.000 Gründungen im Jahr zu erreichen.
Ökosystem für Beschäftigung und Innovation
Eine besondere Rolle spielen die Startups nicht nur für die Beschaffung neuer Arbeitsplätze, sondern insgesamt auch für die Regionalentwicklung. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem Ökosystem, weil eine Gründung andere Gründungen nach sich zieht. Zulieferer und Unternehmensdienstleister finden ebenso Beschäftigung durch eine erfolgreiche Gründung wie Caterer, Werbeagenturen oder Sicherheitsdienste. Auf gesellschaftlicher Ebene ist hervorzuheben, dass der Unternehmergeist, die Bereitschaft zu selbstständigem und kreativem Handeln gefördert wird. Es kommt zu einem kulturellen Wandel und zu einem Katalysator des Innovationsklimas. Gerade dieses Klima für Unternehmensgründungen ist in Deutschland, etwa im Verhältnis zu den USA, oft nur schwach ausgeprägt. Dabei ist allerdings anzumerken, dass sich hier ein Wandel gezeigt hat.
Dennoch besteht Hoffnung: Das ZEW in Mannheim veröffentlicht regelmäßig Zahlen zum Gründungsgeschehen insbesondere der Informations- und Kommunikationstechnologiebranche. Die IKT ist der einzige Wirtschaftsbereich, in dem die Anzahl der Unternehmen wächst. Für das Jahr 2022 – hier die letzten vorliegenden Zahlen – zeigt sich ein Anstieg der Beschäftigung um knapp 83.000 Personen. Anders als in der Historie der Gewerbeanmeldungen insgesamt ist die Zahl der Betriebe zwischen 2009 und 2022 kontinuierlich gewachsen. Mit einem Wert von 7,3 Prozent hat dieser zukunftsträchtige Wirtschaftsbereich die höchste Gründungsrate aller Sektoren. Dies nicht zuletzt, weil das Gründungsgeschehen, wie dargestellt, in der Gesamtwirtschaft rückläufig ist.
Quellen: Destatis, ZEW