Creditreform Wirtschaftsnews

Deutschlands Krankenhäuser – Operation am offenen Herzen

Die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser in Deutschland ist miserabel. Das zeigen nicht nur die harten Auseinandersetzungen, die sich im Zuge der Umsetzung der Krankenhausreform der alten Regierung zwischen dem Gesundheitsministerium und den betroffenen Häusern ergeben. Die Creditreform Wirtschaftsforschung nennt nun Zahlen zu den Insolvenzen und Schließungen der Krankenhäuser, welche die prekäre Situation der Kliniken deutlich machen.

Pleiten auf dem Vormarsch

Die Zahlen für 2024 weisen 80 Schließungen und 23 Insolvenzen aus. Überschuldete und zahlungsunfähige Krankenhäuser – das war einmal undenkbar. Nun gehen bekannte Namen durch die Medien: Das reicht von den REGIOMED-Kliniken in Coburg über die DRK gemeinnützige Krankenhausgesellschaft in Mainz bis zum St. Vincenz-Krankenhaus in Paderborn. Eine Vielzahl von Beschäftigten ist in einer Größenordnung zwischen 3.000 und bis über 5.000 Mitarbeitern betroffen. Und dies waren nur die größten Fälle. Doch gerade kleine Krankenhäuser haben oft regional eine besondere Bedeutung. Die Krankenhauslandschaft in Deutschland dünnt aus, in den letzten vier Jahren zwischen 2020 und 2024 meldeten 88 Häuser Insolvenz an. Dabei steigerten sich die Insolvenzzahlen. Waren es 2018 und 2019 nur jeweils zehn Insolvenzen, die hinzunehmen waren, so waren 2023 34 und 2024 23 Zusammenbrüche zu registrieren. Dabei handelt es sich bei diesen „unfreiwilligen Heimgängen“ nur um die Spitze des Eisbergs. Bereits bevor die Gesundheitsreform Anfang des Jahres „scharf“ gestellt wurde, waren durch Fusionen und Schließungen 200 Krankenhäuser aufgelöst worden. Aktuell sind noch knapp 2.500 Kliniken und Krankenhäuser in Deutschland zu zählen. Dabei ist zu beachten, dass der Träger eines Krankenhauses eine private Gesellschaft sein kann, genauso aber die öffentliche Hand oder etwa die Kirchen an den Krankenhäusern wirtschaftlich beteiligt sind.

In den roten Zahlen

Es ist die wirtschaftliche Situation der Kliniken und Krankenhäuser, die zu einer Reform zwingt. Eine Auswertung der Bilanzen von Krankenhäusern zeigt, dass jede dritte Klinik rote Zahlen schreibt (38,3 Prozent). Ein weiteres Viertel erwirtschaftet eine Gewinn Marge von unter zwei Prozent und nur gut jedes fünfte Haus kann für sich eine EBIT-Marge von über fünf Prozent in Anspruch nehmen. Die Analyse der Bilanzen aus den Jahren 2022 bis 2024 zeigt, dass kleinere Häuser oftmals solidere Erträge einfahren. Etwa 30 Prozent der Krankenhäuser mit höchstens 1.000 Beschäftigten erreichen eine Rendite von mehr als fünf Prozent. Dagegen stehen große Häuser mit mehr als 1.000 Mitarbeitern nur zu knapp neun Prozent mit einer solchen Ertragslage da. Damit scheint es tatsächlich so zu sein, dass eine Spezialisierung die Gewinnmargen und damit das Überleben der Krankenhäuser angesichts der Kostensteigerungen eher ermöglicht. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass gerade in strukturschwachen Regionen eine Grundversorgung unabdingbar ist.

Eine aktuelle Untersuchung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) gibt einen weiteren Hinweis auf die schwere ökonomische Situation der Krankenhäuser. Laut dieser Umfrage beklagen sich 61 Prozent der Häuser über eine schlechte wirtschaftliche Lage. Der Anteil der Kliniken mit unbefriedigender wirtschaftlicher Lage erreichte damit 2024 einen Höchststand von 80 Prozent – dem stehen nur fünf Prozent gegenüber, die von einer guten wirtschaftlichen Situation sprechen. 2024 wird nach Ansicht der Befragten in 79 Prozent der Fälle ein negatives Jahresergebnis in der Bilanz erscheinen. Schlimmer noch: Zwei Drittel der befragten Kliniken erwarten, dass sich die wirtschaftliche Situation 2025 noch weiter verschlechtert. Die Häuser geben weiter zu Protokoll, dass es vor allem die Preissteigerungen bei den Personal- und Sachkosten seien, die sich negativ auf die Liquidität auswirkten. „Denn Ursache für die seit Jahrzehnten anhaltende Unterfinanzierung der Kliniken ist neben der mangelhaften Investitionsförderung vor allem der weiterhin ausbleibende Inflationsausgleich. Kliniken dürfen ihre Preise nicht eigenverantwortlich an die Inflation anpassen, haben aber dieselben erhöhten Ausgaben wie alle anderen Wirtschaftszweige. Diese seit Jahren bestehende Schieflage wird die Krankenhausträger im kommenden Jahr vermehrt zu harten Konsolidierungsentscheidungen zwingen. Dies wird auch negative Auswirkungen auf die regionale Patientenversorgung haben“, so Dr. Gerold Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Die Krankenhäuser suchen nun einen Ausweg in der Aufnahme ambulanter Versorgung. Drei Viertel betreiben ein medizinisches Versorgungszentrum und jedes zweite Krankenhaus hält auch hausärztliche Angebote bereit.

Große Aufgaben warten auf den neuen Gesundheitsminister

Die Krankenhausreform durch Gesundheitsminister Lauterbach hat erbitterte Diskussionen nach sich gezogen. Das Krankenhauswesen in Deutschland ist umzugestalten, daran besteht kein Zweifel. Auf den Gesundheitsminister der neuen Regierung kommt eine Mammutaufgabe zu. Das Krankenhauswesen ist so zu reformieren, dass die Qualität der Patientenversorgung verbessert, die Finanzierung der Krankenhäuser effizienter gestaltet wird und die Strukturen des Gesundheitssystems insgesamt zukunftsfähiger werden. Dafür sollen in Zukunft bei der Bezahlung nicht nur die Fallpauschalen eine Rolle spielen, sondern auch Qualitätskriterien wie Behandlungserfolge, Patientenzufriedenheit und die Vermeidung von Komplikationen. Krankenhäuser sollen sich stärker spezialisieren und Schwerpunkte setzen. Es gilt Doppelstrukturen abzubauen und Krankenhäuser besser zu vernetzen, um eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen, ohne dass jedes Krankenhaus alle Leistungen anbieten muss. Und schließlich gilt es, die Digitalisierung voranzutreiben, die mit der seit Januar bereits eingeführten elektronischen Patientenakte auf dem Weg ist und die Beteiligten übersichtlicher vernetzt. All dies geschieht vor dem Hintergrund der Kostensteigerungen, nicht zuletzt durch die Überalterung in der Bevölkerung. Und so will man dennoch die Kosten deckeln und die Versorgung verbessern. Es bleibt zu hoffen, dass dies nicht zu einer weiter steigenden Zahl von Insolvenzen im Gesundheitssektor führt.

Quellen: Creditreform, Deutsche Krankenhausgesellschaft