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Alles nur geklaut
Bekannte Marken sind nicht nur für deren Besitzer bares Geld wert, sondern auch für Plagiatoren. Wie innovative Unternehmen sich und ihre Produkte vor illegalen Nachahmern schützen können.
Mineralwasser. Spielzeug. Bremsbeläge. „Was sich fälschen lässt, wird gefälscht. Und es wird immer schlimmer.“ Der Trend, den Alexander Dröge, Geschäftsführer beim Markenverband für Recht, Umwelt und Verbraucherpolitik, hier beschreibt, stellt deutsche Unternehmen vor massive Probleme.
Ein aktuelles Kurzgutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln kommt zu dem Ergebnis: Jedes zehnte Unternehmen in der Bundesrepublik ist in den zurückliegenden fünf Jahren mindestens einmal Opfer von Produkt- und Markenpiraterie geworden. Den dadurch entstandenen Schaden beziffert das IW auf 54,5 Milliarden Euro. Tatsächlich dürften die Einbußen noch deutlich höher sein, glaubt Dröge. „Den Herstellern der Originalprodukte entstehen aufgrund von Plagiaten nicht nur wirtschaftliche Schäden durch entgangene Umsätze. Auch der Ruf des Unternehmens und der Marken an sich leidet – etwa, wenn ein Kunde die mangelhafte Qualität einer Fälschung irrtümlich dem Markenhersteller zuschreibt.“
Im Fokus der Produktpiraten steht so gut wie jede Branche. Schuld an dieser Entwicklung ist nicht zuletzt die Digitalisierung: „Verbraucher kaufen immer mehr online – und sie kaufen zunehmend auch international ein“, sagt Dröge. „Für Fälscher ist es damit einfacher denn je, ihre Produkte auch in Deutschland zu vertreiben.“ Umso wichtiger sei es, dass Unternehmen aktiv gegensteuern, ihre Ware so gut wie möglich schützen – und sich von Anfang an umfassende Hilfe gegen Raubkopierer suchen.
Von Anfang an strategisch vorgehen
Wie das funktioniert, macht die Genius GmbH aus dem hessischen Limburg vor. Das familiengeführte Unternehmen stellt unter anderem das Küchenschneidegerät „Nicer Dicer“ her. Das allerdings kommt nicht nur bei ambitionierten Hobbyköchen an – sondern auch bei diversen Plagiatoren, vor allem in China. Genius erweist sich hier jedoch als ausgesprochen wehrhaft und prozessiert mithilfe einer chinesischen Kanzlei auch im Heimatland der Fälscher. „Aktuell betreiben wir fünf Gerichtsverfahren“, sagt Asnain Kaysar, Syndikusanwalt des Unternehmens. „Zwei Prozesse laufen in Europa, drei in China.“
Die Voraussetzungen, solche Verfahren gewinnen zu können, hat der Mittelständler schon früh gelegt – und dabei die Instrumente des gewerblichen Rechtsschutzes, wie zum Beispiel Marken-, Design- und Patentrechte, genutzt. „Wer nicht rechtzeitig umfassende Schutzrechte für seine Produkte anmeldet, hat kaum Chancen, in einer juristischen Auseinandersetzung zu bestehen“, kommentiert Kaysar diese Strategie. „Auch verlangen Behörden und Online-Plattformen, bevor sie Verdachtsfällen nachgehen, den Nachweis solcher Schutzrechte.“
„Der erste und wichtigste Schritt im Kampf gegen illegale Nachahmerprodukte ist es, zu schützen, was sich schützen lässt“, sagt auch Verbandsvertreter Dröge. Zwar könne es mitunter teuer sein, ein Patent anzumelden; ein guter Markenschutz sei dafür schon für ausgesprochen kleines Geld zu haben. „Ab 850 Euro lässt sich eine Marke zehn Jahre lang europaweit schützen“, so Dröge. „Diese Summe kann und muss jedes Unternehmen investieren.“
Behörden ins Boot holen
Der zweite Schritt, um sich für die Auseinandersetzung mit Plagiatoren zu wappnen, ist es, (präventiv) einen Grenzbeschlagnahmeantrag beim Zoll zu stellen. Die Behörde kann daraufhin verdächtige Ware aus dem Verkehr ziehen und illegale Raubkopien vernichten.
Dann folgt Stufe drei: der kritische Blick auf die eigenen Vertriebsstrukturen. Das bedeutet in Zeiten der Digitalisierung vor allem, den Onlinemarkt ins Visier zu nehmen. „Das Internet ist das größte Einfallstor für Plagiate“, weiß Syndikus-Anwalt Kaysar. „Die Angebote sind schnell erstellt und Fälscher können von überall auf der Welt ihre Plagiate vertreiben.“
Wer selbst online verkaufen, aber die illegale Konkurrenz in die Schranken weisen will, muss daher in der Regel mehrgleisig fahren. Eine Möglichkeit ist es zum Beispiel, Kunden offensiv über die eigenen Vertriebskanäle zu informieren. „Wer auf seiner Website seine Vertriebspartner nennt, kann damit bereits einen Beitrag zur Aufklärung leisten und es Plagiatoren zumindest erschweren, ihre Ware an den Mann zu bringen“, sagt Dröge.
Elementar seien zudem die ständige Marktbeobachtung, zum Beispiel auf Messen, sowie das Monitoring der wichtigsten Online-Plattformen wie Amazon, Ebay oder Alibaba. Wer diese Mühe selbst nicht auf sich nehmen will, kann auch professionelle Dienstleister oder Anwaltskanzleien damit betrauen. Die lassen sich ihre Dienste zwar meist üppig vergüten, können aber, wenn sie fündig werden, auch gleich die nötigen Maßnahmen einleiten – von der Abmahnung über einstweilige Verfügungen bis hin zur Löschung illegaler Angebote im Netz. „Am wirkungsvollsten und kosteneffizientesten sind hier definitiv die Löschungsinstrumentarien der gängigen Online-Plattformen“, sagt Genius-Vertreter Kaysar. „Diese haben in der Regel ein eigenes Interesse daran, illegale Machenschaften auf ihren Marktplätzen zu unterbinden, und zeigen sich entsprechend kooperativ.“
Laut Verbandsvertreter Dröge könnten die Plattformen aber noch deutlich mehr tun, als nur auf Hinweise zu reagieren. Ginge es nach ihm, müssten sie von sich aus aktiv werden und systematisch nach Fälschungen suchen. „Hier ist die Politik zum Handeln aufgerufen“, so der Experte.
Das können Firmen tun
Schutz- und Verteidigungsstrategien für Unternehmen
Prävention
Anmeldung und Eintragung gewerblicher Schutzrechte in allen geschäftsrelevanten Ländern.
Gegenwehr
Von der anwaltlichen Abmahnung über Anträge auf Grenzbeschlagnahme durch den Zoll bis hin zu (Eil-)Verfahren vor Gericht sind diverse Möglichkeiten parallel denkbar. Zudem können Unternehmen Unterlassungsklagen erheben, Schadenersatz fordern und Strafanzeige erstatten.
Folgen
Überführten Fälschern drohen Herstellungs- und Verbreitungsverbot sowie Geld- oder Haftstrafen. Bereits vorhandene Plagiate werden beschlagnahmt und vernichtet. Der Rechteinhaber kann zudem Schadenersatz verlangen.
Quelle: Magazin „Creditreform“
Text: Catrin Gesellensetter