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Die eigene Stromtankstelle
Um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen, bedarf es entsprechender Ladestationen. Doch das öffentliche Angebot ist noch immer gering. Unternehmen, die für ihren Fuhrpark, aber auch für Kunden, Ladesäulen aufstellen, können das ändern.
Leise summend biegt der BMW i3 in die Parklücke vor der Filiale der Nord-Ostsee Sparkasse im schleswig-holsteinischen Tarp ein. Kaum steht er, springt rechts am Heck die Klappe auf, die den Stromanschluss verbirgt. Der Fahrer steigt aus, steckt das Ladekabel in die Steckdose der Connect-Station – und geht zu seinem Termin in der Bank. „Jemand muss voranschreiten, wenn sich etwas bewegen soll“, sagt Thomas Menke, Vorstandsvorsitzender der Nord-Ostsee Sparkasse. „Indem wir Standorte auf eigenen Parkflächen zur Verfügung stellen, wollen wir die Flächenabdeckung mit Ladesäulen verbessern.“ Drei Filialen der Nospa sind bisher mit insgesamt sieben Ladestellen ausgestattet. Sie befinden sich entweder in attraktiven Innenstadtlagen oder aber an viel befahrenen Straßen.
Damit gehört die Sparkasse zu den Vorreitern in Deutschland. Denn die Zahl der Ladepunkte für Elektrofahrzeuge in der Bundesrepublik steigt zwar, doch bei laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) rund 20.500 öffentlich und teilöffentlich zugänglichen Stromtankplätzen Ende Juli 2019 kann man noch nicht von einer flächendeckenden Ausstattung Deutschlands sprechen. Sie reicht gerade aus, um die derzeit zugelassenen 83.175 Elektroautos und 66.997 Plug-in-Hybride zu laden, die das Kraftfahrt-Bundesamt Anfang 2019 verzeichnete.
Soll jedoch das für das Jahr 2030 anvisierte Klimaziel für den Verkehrssektor erreicht werden, müssten heute schon mindestens sieben Millionen E-Autos auf bundesdeutschen Straßen unterwegs sein. Dann aber bedarf es einer völlig anderen Ladestationen-Infrastruktur. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) geht davon aus, dass für diese Anzahl an Elektroautos mindestens neun Millionen öffentliche und private Ladestationen vorhanden sein müssen.
Hebel für die Elektrowende
Angesichts dieser Zahlen wird schnell deutlich, wo die Krux liegt: Neben den hohen Anschaffungskosten von Elektroautos im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor schreckt die als unzureichend empfundene Ausstattung mit Stromtankstellen viele potenzielle Käufer ab. Die von der Bundesregierung eingesetzten Experten der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) schreiben in ihrem jüngsten Bericht, dass Nutzer in 85 Prozent aller Fälle ihr Elektroauto zu Hause aufladen. Oder aber in der Firma, wo der Staat das Laden steuerlich fördert. Für sogenannte Laternenparker, also Autofahrer ohne Garage, ist die Nutzung eines Elektroautos aber nach wie vor mühsam.
Um das zu ändern, sind hohe Investitionen in die Ladeinfrastruktur erforderlich. Das ist jedoch nicht ganz einfach. Der öffentliche Raum ist begrenzt, ladende Elektroautos belegen Parkraum, was zu Konflikten mit anderen Verkehrsteilnehmern führt, Schnelllader mit Gleichstrom bringen das Netz an seine Kapazitätsgrenzen und es gibt keine gesetzlichen Regelungen für die Einrichtung und Nutzung von Ladestationen an und in Mehrfamilienhäusern.
Firmen haben es leichter, wie das Beispiel der Nord-Ostsee Sparkasse zeigt. Auch die großen Handelsketten wie Aldi-Süd, Rewe oder Lidl beginnen damit, einige Filialen mit Schnellladesäulen auszustatten. Ikea will bis Ende des Jahres bei all seinen Möbelhäusern das Stromtanken ermöglichen. Aber auch für Hotels und Restaurants kann es sinnvoll sein, die Kundenbindung mit einer Ladesäule zu verbessern. Und Betriebe mit weniger Publikumsverkehr steigern mit Stromtankstellen die Loyalität ihrer Belegschaft.
Bis zu 30.000 Euro pro Ladepunkt
Für alle Unternehmen, die derartige Investitionen planen, gilt: Sie können zurzeit noch auf zahlreiche Fördermittel zurückgreifen. Denn nicht nur die Umstellung des Fuhrparks auf Elektroautos, sondern auch die Einrichtung von Stromtankstellen wird bezuschusst. Anders als bei den staatlichen Kaufprämien für Elektro- und Hybridautos mischen bei der Förderung der Ladeinfrastruktur aber nicht nur der Bund, sondern vor allem Länder und Kommunen mit. Daher variiert sehr stark, was und wie gefördert wird – und nicht alle Bundesländer sind hier aktiv. Zuschüsse gibt es etwa in Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Auch einzelne Kommunen wie die Stadt München geben Geld. In der Regel können Zuschüsse verschiedener Fördermittelgeber auch miteinander kombiniert werden.
In Berlin etwa erhalten Unternehmen bei Kauf oder Leasing einer Normalladeinfrastruktur (Wechselstrom bis 22 kW) bis zu 2.500 Euro pro Ladepunkt. Optieren sie für eine Schnellladestation (Gleichstrom von über 22 kW und mehr) können sie sogar auf bis zu 30.000 Euro Fördergeld pro Ladepunkt hoffen. Auch an den Anschlusskosten an das Nieder- oder Mittelspannungsnetz beteiligt sich das Land.
Full Service vom Stromanbieter
Stehen Entschluss, Förderung und Finanzierung, können Unternehmen bei Installation und Betrieb der Ladesäulen auf Dienstleister wie GP Joule Connect, Innogy eMobility Solutions, Wallbe, Schneider Electric oder DKV zurückgreifen. Einige sind im B2C-Bereich tätig, andere nur im B2B-Bereich. So arbeitet der Mobilitätsdienstleister für das Logistik- und Transportgewerbe DKV zum Beispiel ausschließlich mit Geschäftskunden und stellt ihnen in Kooperation mit der RWE-Tochter Innogy etwa Wallboxen zur Miete zur Verfügung. Für gut 90 Euro pro Monat und Box übernimmt DKV Installation und Betrieb. Dank eines Kundenportals haben Nutzer ihren Verbrauch immer im Blick – und das nicht nur an DKV-Stationen. „Mit unserer DKV Card + Charge hat der Kunde zusätzlich Zugang zu 14.000 Ladepunkten in Deutschland und 30.000 in Europa“, sagt Christopher Schäckermann, Head of Product Management eMobility.
Bis 2020 sollen es europaweit dann 100.000 Ladestationen werden. Gut möglich, dass auch noch eine weitere Ladestation der Nospa hinzukommt. Vorstand Thomas Menke hat sich für den Aufbau seiner Säulen bereits 2017 für den Dienstleister GP Joule Connect entschieden. Mit dem Leistungsversprechen „Macht E-Mobilität einfach“ installiert der Anbieter Ladesäulen oder Wallboxen auf Firmenparkplätzen, übernimmt die Abwicklung der administrativen und netztechnischen Gegebenheiten sowie die Benutzerverwaltung im laufenden Betrieb. „E-Mobilität muss funktionell und komfortabel sein, wenn sie sich im privaten Individualverkehr durchsetzen soll“, sagt Ove Petersen, Gründer und Geschäftsführer von GP Joule, „hierfür ist ein dichtes Ladenetz unverzichtbar.“ Petersen ist, genauso wie Thomas Menke, überzeugt, dass der Ausbau des Ladenetzes inzwischen einen ähnlichen Stellenwert habe, wie die Versorgung mit schnellem Internet. Eine Ladestation auf dem Firmenparkplatz werde einen Mehrwert bieten, der über den eigentlichen Nutzen hinausgeht. So wie Kunden Cafés mit kostenlosem W-LAN bevorzugen, könnten es bald schon die Läden sein, bei denen sie zum Kaffee auch noch Stromladezeit bekämen.
Lösung für Einsteiger
Die Wallbox
Der einfachste Weg, Kunden und Mitarbeitern zu ermöglichen, ihr Elektroauto auf dem Firmenparkplatz zu laden, ist die Installation einer sogenannten Wallbox. Wie sie funktioniert, was sie leistet und was sie kostet.
Ladezeiten: Ein Elektroauto kann man an jeder Steckdose aufladen – wenn man die Zeit dazu hat. So tankt ein Opel Ampera-e an einer Haushaltssteckdose über Nacht genügend Strom für 60 Kilometer. An einer Wallbox mit 7,4 kW bräuchte er dafür nur zweieinhalb Stunden.
Spannung: Eine normale Haushalts-Elektroinstallation ist nicht darauf ausgelegt, über lange Zeiten 2,3 kW an eine einzige Steckdose zu liefern. Stecker und Kabel werden heiß und es kann zu einem Kabelbrand kommen. Eine Wallbox sollte nach Empfehlung des ADAC eine Ladeleistung von 11 kW besitzen und sowohl einphasig mit 3,7 kW, zweiphasig mit 7,4 kW und dreiphasig mit 11 kW laden können.
Spannung: Eine normale Haushalts-Elektroinstallation ist nicht darauf ausgelegt, über lange Zeiten 2,3 kW an eine einzige Steckdose zu liefern. Stecker und Kabel werden heiß und es kann zu einem Kabelbrand kommen. Eine Wallbox sollte nach Empfehlung des ADAC eine Ladeleistung von 11 kW besitzen und sowohl einphasig mit 3,7 kW, zweiphasig mit 7,4 kW und dreiphasig mit 11 kW laden können.
Installation: Die Installation der Wallbox muss vom Fachmann durchgeführt werden. Er prüft, ob die vorhandene Elektroinstallation bei mehrstündigen Ladevorgängen und voller Leistung sicher ist. Müssen neue Kabel verlegt werden, sollte ein höherer Querschnitt gewählt werden, der Ladevorgänge bis 22 kW erlaubt.
Kosten: Preise für Ladestationen mit einer Leistung von 3,7 kW beginnen bei 500 Euro und erreichen für 22-kW-Ladestationen schnell 2.000 Euro. Hinzu kommen Installationskosten im gleichen Rahmen, je nach vorhandenen Gegebenheiten.
Abrechnung und Service: Unternehmen sollten die Zusammenarbeit mit einem Anbieter erwägen, der neben der Installation auch später die Zugangskontrolle und die Abrechnung übernimmt. Bei öffentlich zugänglichen Stromtankstellen achtet er zudem auf die Eichung der Geräte.
Wo gibt es Fördergelder?
Sowohl Bund als auch Länder und einige Kommunen bezuschussen es, wenn Unternehmen Ladepunkte für Elektroautos kaufen oder leasen. Die Laufzeit vieler Förderprogramme ist allerdings begrenzt und die Förderung ist mitunter an Bedingungen geknüpft – etwa dass der Ladepunkt öffentlich zugänglich sein und der gezapfte Strom aus erneuerbaren Quellen stammen muss.
Quelle: Magazin „Creditreform“
Text: Hans Müller