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Eigenverwaltung rettet
Bei einer Vielzahl von großen Insolvenzen in den letzten Jahren kam die Eigenverwaltung zum Zug. Unter Aufsicht eines Sachwalters wird das Verfahren mit Einverständnis der Gläubiger und des Insolvenzgerichts durchgeführt. Im Klartext: Die Geschäftsführung des Unternehmens behält die Verfügungsgewalt, um den „Turnaround“ und die Sanierung zu schaffen. Dabei war dieses Instrument vorab nicht unumstritten, denn es würde „den Bock zum Gärtner machen“.
Welche Akzeptanz findet die Eigenverwaltung? Und welche Unternehmen werden auf diesem Wege saniert? Ein Blick auf die Zahlen verrät: Nur 1,4 Prozent der Unternehmensinsolvenzen in 2019, das sind 262 Unternehmen, sind in die Eigenverwaltung gegangen. Trotz dieses relativ geringen Anteils gewann die Eigenverwaltung im Laufe der letzten sieben Jahre an Gewicht. 2013 waren es nur 0,2 Prozent aller Unternehmensinsolvenzen gewesen, bei denen der Betrieb unter Aufsicht von Gericht und Gläubigern fortgeführt wurde.
Eher groß, eher alt
Unternehmen in Eigenverwaltung sind älter und entsprechend größer als Betriebe, die keine Chance haben, auf diesem Weg erhalten zu werden. Im Zeitraum 2017 bis 2019 waren 43,4 Prozent der Eigenverwaltungen mit Betrieben befasst, die über 20 Jahre alt waren. Rund zehn Prozentpunkte weniger (bei 32,5 Prozent) liegt der Anteil eher junger Unternehmen, die weniger als zehn Jahre zählen. Mit dem Alter der Unternehmen korrespondiert deren Größe: 32,5 Prozent der Unternehmen, die im Zeitraum 2017 bis 2019 in Eigenverwaltung stehen, zählen mehr als 50 Mitarbeiter. Interessant ist die Tatsache, dass im Zeitraum von 2013 bis 2016 der Anteil größerer Unternehmen zwar bei 34,6 Prozent, also etwa auf der Höhe der aktuellen Zahlen lag, das aber 57,7 Prozent der Eigenverwaltungen auch Unternehmen betraf, die nur einen eher kleinen Mitarbeiterstamm von bis zu zehn Beschäftigten vorwiesen. Substanz und Masse sind entscheidend, wenn es um die Perspektiven eines Unternehmens in der Eigenverwaltung geht. Dabei haben Betriebe aus dem Verarbeitenden Gewerbe die besseren Karten. Gegenüber anderen Branchen kommt hier ein verwertbares Anlagevermögen zum Zug. So sind die Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes beim Insolvenzaufkommen insgesamt mit 7,5 Prozent der Anträge vertreten, bei der Eigenverwaltung in 35,6 Prozent der Fälle. Schlecht schneidet das Baugewerbe beim Instrument „Eigenverwaltung“ ab: Während 14,3 Prozent aller Unternehmensinsolvenzen aus dem Bausektor stammen, sind es bei den Eigenverwaltungen nur 4,1 Prozent.
Positive Bewertungen überwiegen
Mit der Einführung des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen), zu dem die Eigenverwaltung gehört, wurde auch beschlossen, dieses später zu evaluieren. Es ging darum, zu prüfen, ob das ESUG die Erwartungen der beteiligten Insolvenzgerichte, der Gläubiger und der Insolvenzverwalter erfüllt hat. Über 1.600 Verfahren wurden ausgewertet, die Beteiligten befragt. Fazit: In Summe hat die Befragung ergeben, dass das ESUG die Erwartungen erfüllt hat. Es wird als wichtiger Meilenstein für eine positive Veränderung der Insolvenzkultur in Deutschland angesehen. Dabei gab es allerdings durchaus unterschiedliche Bewertungen der Beteiligten. Während Schuldner- und Unternehmensberater, Gläubiger, Insolvenzverwalter und Sachwalter im Großen und Ganzen positive Resonanz gaben, waren Richter und Rechtspfleger eher skeptisch eingestellt.
Das Insolvenzrecht bleibt auf dem Wege kontinuierlicher Reformierung. Die Auswertungen haben ergeben, dass die Frage der Konzentration von Insolvenzgerichten – um eine größere Kompetenz zu schaffen – weiter auf der Agenda der Länder steht. Auch das Schutzschirmverfahren wird um vorinsolvenzliche Sanierungswerkzeuge zu ergänzen sein. Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft die Unsicherheit im Hinblick auf die Besteuerung der Buchgewinne, die sich aus der Sanierung ergeben. Ein schlüssiges Insolvenzsteuerrecht steht auf der Tagesordnung, damit auch in diesem Punkt Sicherheit geschaffen wird.
Quelle: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (u. a.)