Hier finden Sie eine Übersicht unserer aktuellsten Veröffentlichungen.
Presse, Fachbeiträge & Neuigkeiten
Finanzstress
Bei der Überschuldung ist in Zeiten von Corona ein positiver Trend bei den Konsumenten festzustellen. Nun ist die Zahlungsunfähigkeit aber nur die negativste Ausprägung der Überschuldung. Es bleibt zu fragen, wie sich das Konsumverhalten insgesamt bei Deutschlands Verbrauchern verändert hat.
Das Risiko einer Überschuldung nehmen in der Krise nur noch wenige Personen in Kauf, weil die Gefahr, finanziell ins Aus zu geraten, doch für manchen näher gerückt ist. Creditreform Boniversum hat Mitte Oktober 2021 ihre regelmäßige Verbraucherumfrage durchgeführt, die zeigt, wie die Menschen von der Corona-Krise in ihrem Konsumverhalten betroffen sind.
Die Antworten der repräsentativen Umfrage zeigen zunächst, dass rund 32 Prozent der Bürger sich finanziell betroffen fühlen. Gegenüber der Frühjahrsumfrage ist dies ein Minus von fast 7 Prozent. Es gibt sogar „Krisengewinner“: Rund 5 Prozent der Verbraucher sprechen davon, dass sich ihr Einkommen erhöht habe. Gegenüber dem Vergleichszeitraum ist die Höhe der durchschnittlichen Einkommenseinbußen sogar zurückgegangen. Es ist viel davon die Rede, dass die Einschränkungen im Gefolge der Pandemie vor allem eher Geringverdiener betreffen. Tatsächlich sind es vor allem Personen in Teilzeitjobs, Arbeitslose und eben auch jüngere Menschen in der Ausbildung, die zu leiden haben. Aber auch Normalverdiener haben Einbußen beim Verdienst hinzunehmen. Gegenüber der Situation im Frühjahr 2020, als Corona und die Lockdown-Maßnahmen zum ersten Mal griffen, zeigt sich, dass die überdurchschnittlich Verdienenden am stärksten an der wirtschaftlichen Erholung teilnehmen. Nur 24 Prozent haben nunmehr noch zu leiden – vorher waren es 38 Prozent – während Geringverdiener nur vier Punkte gutmachen konnten und auf 35 Prozent Betroffene aktuell kommen.
Kleine Selbstständige leiden
An erster Stelle der Gründe für die finanziellen Einbußen gegenüber der Vor-Corona-Zeit steht die Kurzarbeit. 38,8 Prozent der Betroffenen führen sie ins Feld, allerdings mit einem Minus von 1,2 Punkten gegenüber dem Vorjahr. Im Zeichen von Kurzarbeit steht der Verlust des Arbeitsplatzes bei gut 11 Prozent bei den Nennungen. Das sind immerhin gut fünf Punkte weniger als vor einem Jahr. Im Zusammenhang mit den bereits erwähnten Geringverdienenden spielen Mini-Jobs eine große Rolle. Entsprechend beklagen fast 20 Prozent der Befragten im Oktober 2021, dass derzeit keine Nebenjobs möglich seien. Immerhin gut 14 Prozent sprechen davon, durch die Krise an selbstständigen Tätigkeiten gehindert zu werden. Zwar haben viele Maßnahmen durch die Bundesregierung gerade an dieser Stelle ansetzen wollen – es ging darum, etwa Solo-Selbstständige vor dem Aus zu retten –, insgesamt jedoch wird vielfach beklagt, dass diese Gelder nicht oder nur sehr spät angekommen sind.
Mit einem Rückgang des Haushaltsnettoeinkommens von mehr als 50 Prozent sehen sich gut 5 Prozent der Befragten betroffen. Immerhin ist hier ebenfalls eine Verbesserung festzuhalten, wenn vor einem Jahr noch 12 Prozent von Einbußen in dieser Höhe sprachen. Die meisten Haushalte haben Rückgänge zu registrieren, die unterhalb von 30 Prozent liegen (81 Prozent). Das entspricht einer Zunahme von fast 12 Prozentpunkten gegenüber dem Herbst des Vorjahres.
Im Zusammenhang mit den Verbesserungen bei der Überschuldung wird davon gesprochen, dass sich angesichts der Einkommenseinbußen und der gesamten Risikosituation viele Verbraucher mit Ausgaben zurückhalten. Im Übrigen kommt es auch durch den Lockdown und die Einschränkungen der Möglichkeit, überhaupt Geld auszugeben, zu (unfreiwilligen) Einsparungen bei der Haushaltskasse. So sehen sich mehr als die Hälfte der Konsumenten zu Ausgaben-Reduktionen gedrängt. Im Frühjahr 2021 waren es noch fast 57 Prozent, die einen starken Druck, die Ausgaben einzuschränken, verspürten. Demgegenüber verwundert es ein wenig, dass mehr Konsumenten als im Vorjahreszeitraum im Oktober 2021 Zahlungsschwierigkeiten befürchten. Eine solche Angst, Rechnungen nicht begleichen zu können, geben fast 33 Prozent zu Protokoll. Vor einem Jahr waren es noch 25 Prozent.
Stundungen sind nötig
Corona lässt sich beim Zahlungsverhalten auch an der Zunahme bei der Bitte um eine Stundung der Raten im Bereich der Konsumentenkredite, aber auch bei der Finanzierung von Immobilien und Kfz feststellen. Die Bitte, die fälligen Zahlungen zunächst auszusetzen oder zu verschieben, trugen fast 13 Prozent der Schuldner an ihre Gläubiger heran. Im April waren es noch nur knapp 10 Prozent gewesen, die ihre Ratenzahlungen aufschieben mussten. Die aktuelle Befragung zeigt aber auch, dass viele Verbraucher durchaus bereit sind, auf der Basis von Krediten weitere Anschaffungen zu tätigen. So äußern sich zumindest 36 Prozent der Konsumenten, was einem Plus von fast 5 Prozentpunkten gegenüber 2020 entspricht. Viele weitere Befragungen zur aktuellen Konsumsituation zeigen, dass das Konsumklima durchaus wieder die Höhen von vor der Krise erreicht hat – und sei es um den Preis von Krediten. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass sich die pandemische Situation augenblicklich noch einmal deutlich zuspitzt. Mit allen Folgen für mögliche Schließungen.
Es ist aber nicht nur Corona, das viele Bürger in ihrem Konsumverhalten betrifft. Auch die massiv anziehende Inflationsrate sorgt für Probleme beim Geld der Bürger. Das Statistische Bundesamt nennt zuletzt eine Inflationsrate von über 5 Prozent – ein Wert, der seit über 30 Jahren nicht mehr erreicht worden war. Es sind vor allem die Energiekosten, die mit einer Steigerung von über 20 Prozent zu Buche schlagen, aber auch die Ausgaben für Lebensmittel, die den Verbraucher treffen. In der vorliegenden Umfrage wurde die Zusatzfrage gestellt, ob der Anstieg der Lebenshaltungskosten eine wichtige Rolle spiele. 76 Prozent bejahten dies und gaben an, dass sie den Anstieg der Lebenshaltungskosten auf 14,9 Prozent im Durchschnitt aller Ausgabenbereiche sehen. Entsprechend geben fast 13 Prozent der Befragten häufigen finanziellen Schuldenstress zu Protokoll (plus 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Die Konsumenten begegnen diesem Druck durch sparen. 69 Prozent bezeichnen sich als Sparer – das sind 0,5 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Trotz dieser Sparneigung hat die Zahl der Kreditnutzer zugenommen – ein leichtes Plus von 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Auch angesichts der vierten Welle der Ausbreitung des Virus in Deutschland sind die Verbraucher zum jetzigen Zeitpunkt im Hinblick auf ihre finanzielle Situation noch leicht positiv gestimmt. Die Bremsspuren, die ohne Zweifel auszumachen sind, sind aber nicht nur auf die Corona-Krise zurückzuführen. Die anziehende Inflation spielt eine ebenso erhebliche Rolle, wenn es um den finanziellen Stress der Konsumenten geht.
Quelle: Creditreform SchuldnerAtlas 2021