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Forschung fördern - welche EU-Gelder stehen zur Verfügung?
Forschung ist teuer, zumal Grundlagenforschung. Da bietet es sich an, im Verbund mit anderen Unternehmen Grundlagenprojekte voranzutreiben und dabei auch den Fiskus an der Finanzierung zu beteiligen. Welche Optionen haben KMU, um sich für Fördergelder aus EU-Programmen zu qualifizieren?
Unternehmern, die sich dem Thema Fördergelder nähern, bietet sich ein bunter und vor allem üppiger Strauß an Programmen. In Deutschland ist Quelle Nummer eins oft die KfW in Frankfurt am Main – im Agrarbereich tritt die Landwirtschaftliche Rentenbank vor Ort hinzu. Und auch die Bundesländer mit ihren Förderbanken können Unternehmen unter die Arme greifen. Doch über allem wacht auch im Bereich der Fördergelder die EU.
Die Idee hat ihren Ursprung im European Recovery Program – nach seinem Initiator, dem damaligen US-Außenminister George C. Marshall, auch Marshallplan genannt –, das nach dem Zweiten Weltkrieg der europäischen Wirtschaft mit US-Unterstützung wieder auf die Beine half. Über die Jahrzehnte ist daraus in den einzelnen EU-Staaten ein vielschichtiges Förder-Ökosystem gewachsen und bisweilen gewuchert. Also alles in bester Ordnung – und jedes Land kann mit Unterstützung der EU seine Mittelständler aufpäppeln? So einfach ist es leider nicht.
Der Unterschied zwischen Hilfe und Beihilfe
Kompliziert macht die Sache die Gefahr der Beihilfe. Staatliche Beihilfen können immer dann vorliegen, wenn staatliche Mittel genutzt werden, um Unternehmen zu unterstützen und diese damit gegenüber anderen einen Vorteil haben. Dies kann den Wettbewerb verzerren, was grundsätzlich schädlich ist für Verbraucher und Unternehmen. Näheres regeln die Artikel 107 ff. AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union).
Im Falle eines echten Marktversagens können staatliche Beihilfen aber durchaus zulässig sein. Dann sind solche, die das Verhalten des empfangenden Unternehmens zum Positiven ändern, in der Regel genehmigungsfähig. Zugrunde liegt die Annahme, dass dies der beste Weg ist, um ein Marktversagen zu beheben, bestimmte Produkte und Güter überhaupt bereitzustellen und die Wettbewerbsverzerrungen zu begrenzen. Im Rahmen einer Güterabwägung überwiegen die Vorteile gegenüber den negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb.
IPCEI – Förderung für den Quantensprung
Konkrete EU-Programme, die dazu beitragen sollen, einem Marktversagen beizukommen, sind etwa die sogenannten Important Projects of Common European Interest (IPCEI) als strategische Förderprojekte der Europäischen Kommission.
Ein IPCEI muss einen Beitrag zu den strategischen Zielen der EU leisten, von mehreren Mitgliedstaaten durchgeführt werden, eine eigene Ko-Finanzierung durch die beteiligten Unternehmen/Einrichtungen vorsehen, positive Spill-over-Effekte in der gesamten EU bewirken und sehr ehrgeizige Ziele in Bezug auf Forschung und Innovation verfolgen, das heißt deutlich über den internationalen Stand der Technik in dem betreffenden Sektor hinausgehen.
Kurz: IPCEI sollen „signifikanten Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit oder Wertschöpfung in der EU nehmen“, wo bisher ein Marktversagen vorzuliegen schien, und dabei einen Effekt über die beteiligten Mitgliedstaaten und Unternehmen hinaus haben.
Beispiel Batteriefertigung
Was das für auch grundlagenforschende Unternehmen in Deutschland bedeuten kann, zeigt das Beispiel der Manz AG aus Reutlingen. Der Maschinenbauer erhielt 2021 vom Bundeswirtschaftsministerium und dem Land Baden-Württemberg die Zusage für einen Zuschuss in Höhe von 71,3 Millionen Euro für die Batteriefertigung im Südwesten. Gefördert wird damit die Entwicklung hocheffizienter Maschinen und Prozesse zur vollautomatisierten Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien der neuesten Generation.
Die Zusage der Fördergelder erfolgte im Rahmen des sogenannten IPCEI „EuBatIn – European Batteries Innovation“. Darin stellen zwölf EU-Mitgliedstaaten in den kommenden Jahren insgesamt bis zu 2,9 Milliarden Euro an Finanzmitteln für Unternehmen in den jeweiligen Ländern bereit. Ziele sind der Aufbau einer europäischen Batteriefertigung und die Entwicklung hochinnovativer und nachhaltiger Produktionstechnologien für Lithium-Ionen-Batteriezellen und -module. Im Vergleich zur aktuellen Batteriegeneration sollen sie sich durch eine längere Lebensdauer, kürzere Ladezeiten sowie niedrigere Kosten und eine geringere Umweltbelastung auszeichnen.
Das Beispiel zeigt, was in bestimmten, für die Zukunft relevanten Bereichen möglich ist. Weitere IPCEI fördern etwa Chip-Technologie und Mikroelektronik, ein Programm für Wasserstofftechnologie ist in Vorbereitung, ebenso eines für die pharmazeutische Industrie.
Welches Fazit kann gezogen werden? Grundlagenforschung ist förderungsfähig – je nach Projekt auch in zwei- beziehungsweise dreistelliger Millionenhöhe. Unternehmen sollten die Antragsprozedur nicht scheuen – und bei deren Vorbereitung drei Dinge beachten:
- Niemals schon mit der Projektumsetzung beginnen, bevor der Förderantrag gestellt ist.
- Bei komplizierteren EU-Antragsprozeduren eventuell spezialisierte Berater für die Vorbereitung hinzuziehen – oftmals kann auch der eigene Steuerberater hier schon weiterhelfen.
- Fördergelder insgesamt langfristig im Unternehmen auf die Agenda setzen – denn ohne eigene Strategie können relevante Programme nicht proaktiv identifiziert werden.
Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Dr. Thomas Jesch