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Hauptsache einfach?
Strategien, Change-Prozesse und Geschäftsmodelle müssen vereinfacht werden, wenn man sie präsentiert? Schwierig, denn sie zu reduzieren, birgt die Gefahr der Fehlinformation. Autor Gieri Hinnen kennt einen anderen Weg, Komplexität zu meistern.
Was war die langweiligste Präsentation, die Sie je gesehen haben?
Die ehrliche Antwort wäre wahrscheinlich Verwaltungsrecht an der Universität. Im Unternehmensbereich war es die „Task Force Steuerliche Behandlung von Beschäftigungen innerhalb der DACH-Region“.
Wo lag das Problem?
Zum einen bestand die Präsentation aus völlig überladenen TextSlides, auf denen eine reine Beschreibung der Dinge und Prozesse ganz tief im Detail zu sehen war. Zum anderen war auch die Zuhörerschaft völlig überdimensioniert – eine extrem große Gruppe, der Informationen präsentiert wurden, welche die meisten Teilnehmer gar nicht brauchten.
In Ihrem Buch „Reframe it!“ beschreiben Sie gemeinsam mit Ihrem Bruder Andri Hinnen eine Methode namens „Reframing“, die der Komplexität von Themen Rechnung trägt und sie besser zugänglich macht. Was bedeutet das?
Beim Reframing wird Komplexität nicht reduziert, sondern umgestaltet – anders gerahmt, sozusagen. Dazu haben mein Bruder und ich Tools zusammengestellt, die dabei behilflich sind: Beispiele, Geschichten, Metaphern und Visualisierungen etwa.
Jetzt wäre ein Beispiel hilfreich …
Die Kraft des Reframings lässt sich schön mit dem Tool „Metapher“ illustrieren. So ist es zum Beispiel in Tarifverhandlungen immer wieder erstaunlich, wie Metaphern die Diskussion öffnen können – so hat eine Gewerkschaft kürzlich in einer Verhandlung den neuen Vertrag als „Haus“ skizziert, das Unternehmen und Verband zusammen bauen – die „Innenausstattung“ könne aber auch während der Vertragslaufzeit verändert werden.
Was leisten Metaphern?
Metaphern setzen den Rahmen, wie wir über ein Problem nachdenken. Vor einigen Jahren gab es ein Experiment in den USA. Einer Testgruppe wurde Kriminalität als Raubtier beschrieben – crime is like a wild animal –, der anderen Gruppe als Virus. Zur Verbesserung derselben Situation kamen ganz unterschiedliche Vorschläge: Die erste Gruppe wollte mehr Polizei und höhere Strafen, die zweite Präventionsmaßnahmen wie sozialen Wohnungsbau.
Und wie steht es mit einer guten Geschichte?
Einfaches Beispiel: David und Goliath. Wie man sich diese Geschichte zunutze machen kann, erzählen wir im Buch anhand von Marta, Geschäftsführerin eines Online-Versandhändlers. Während ihre Vorgänger allesamt beim Versuch, die Marktführerschaft zu erlangen, gescheitert sind, verpackt sie das gewünschte Wachstum anders. Gleichzeitig schreibt sie die Schwierigkeiten des Unternehmens zu Möglichkeiten um – anstatt diese totzuschweigen: „We are the underdog that challenges the giants.“
Zurück zur „Task Force Steuerliche Behandlung von Beschäftigungen in der DACH-Region“ – was hätten Sie besser gemacht?
Ich hätte mich im ersten Schritt gefragt, was ich eigentlich sagen will: Was ist meine Kernbotschaft? Dann, warum das relevant ist, Beispiele oder Beweise gebracht und das Thema eingeschränkt. Da hilft ein uraltes, aber trotzdem immer noch nützliches Schema: Argument, Begründung, Beweis, Einschränkung. Das schafft klare Botschaften.
Wie hätte das konkret ausgesehen?
Tja, was will ich mit einer solchen Präsentation sagen – als Illustration: Wir müssen aufpassen, dass wir unsere Auslandsmitarbeiter richtig abrechnen. Dann erkläre ich, wieso wir aufpassen müssen – Strafzahlungen, Haftbarkeitsfragen – wieso ist das, was ich sage relevant? Dafür liefere ich Beweise: Der Fritz wurde letztens an der Deutsch-Schweizerischen Grenze angehalten und verbrachte eine Nacht im Gefängnis. Am Ende kommt eine Einschränkung – zum Beispiel: In den USA passiert das nicht. Wenn ich diese Punkte geklärt habe, ist schon viel gewonnen.
Viel, aber noch nicht alles?
Ja, ich hätte sichergestellt, dass das, was ich präsentiere, relevant ist für alle Anwesenden. Alles Wissenswerte, das darüber hinausgeht, kann ich zum Nachlesen zur Verfügung stellen.
Reframen statt vereinfachen
Mit ihrem Buch „Reframe it! – 42 Werkzeuge und ein Modell, mit denen Sie Komplexität meistern“ wollen die Autoren Komplexität besser kommunizierbar machen. „Statt komplexe Zusammenhänge aufzuzeigen, werden sie oft bis zur Unkenntlichkeit vereinfacht oder gleich zu Fake News erklärt“, kritisiert Gieri Hinnen, Head of Labour Relations & HR Steering bei Swiss International Airlines. Dabei gehen Gieri und sein Bruder Andri Hinnen selbst in ihrem Werk mit gutem Beispiel voran: Neben zahlreichen Fallbeispielen macht es Dank der 42 schön gestalteten Illustrationen einfach Freude, das Buch zu lesen. Interessiert? Die Redaktion verlost drei Exemplare unter www.creditreform-magazin.de/gewinnspiele
Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Tanja Könemann