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In schwerer Zeit geht es doch aufwärts im Handwerk
Gerade hatten sich die Folgen der zweiten Corona-Welle mit dem Omikron-Virus als wirtschaftlich nicht mehr so gravierend herausgestellt, da kam es Ende Februar zum Krieg in der Ukraine.
Der Westen war sich einig: Ein direktes militärisches Eingreifen ist nicht geplant, dafür aber eine Vielzahl von Embargos, die Russland wirtschaftlich hart treffen sollen. Nun hat jedes Embargo, ein Lieferstopp oder die Verweigerung der Abnahme von Gütern, auch für denjenigen massive Folgen, der die Maßnahmen einsetzt. Es kommt zu rasanten Verteuerungen bei den Energiepreisen, die ihre inflationäre Wirkung bei weiteren Verbrauchsgütern des täglichen Lebens zeigen. Auch das Handwerk in Deutschland ist davon betroffen. Es ist gezwungen, die Preise für seine Güter und Dienstleistungen zu erhöhen, was angesichts der langen Durststrecke durch die Pandemie besonders schwerfällt. Die Creditreform Wirtschaftsforschung hat nach der konjunkturellen Lage des Handwerks am Ausgang des Winters 2022 gefragt. Dabei war der Krieg im Osten Europas erst einige Tage alt und ist damit nur teilweise in die Umfrage eingegangen.
Aufwärtstrend
Trotz der schwierigen Lage zeigt sich das Handwerk erholt. Die aktuelle Geschäftslage bewerteten 70 Prozent der Betriebe mit sehr guten und guten Noten (Vorjahr: 63 Prozent), ein mangelhaftes Votum sprachen 3 Prozent der Handwerker aus (Vorjahr 6 Prozent). Die Bewertungen zur aktuellen Geschäftslage erreichten damit zwar noch nicht die Werte der letzten Dekade, zeigen aber gegenüber 2021 einen deutlichen Aufwärtstrend. Stützen kann sich die Aussage zur Geschäftslage auf die gute Umsatzentwicklung. Mehr als ein Drittel der Befragten sprachen von einer Umsatzsteigerung im letzten halben Jahr, im Vorjahr waren es nur 22 Prozent. Sinkende Umsätze, wie sie 2021 noch von fast einem Drittel der Betriebe genannt wurden, registrierten aktuell nur noch 15 Prozent. Die gute Entwicklung bei den Umsätzen zeigt sich bei fast allen Branchen, allerdings fällt sie unterschiedlich deutlich aus. So hat sich das Kfz-Gewerbe nur schwach erholt, während sich etwa das Metallhandwerk und das Handwerk für den gewerblichen Bedarf deutlicher auf steigenden Umsatzpfaden bewegen. Dabei ist bei der Lage im Kfz-Bereich nicht zu vergessen, dass es vielfach an Ersatzteilen fehlt und schließlich die Neuzulassungen deutlich abgenommen haben.
Vorsichtiger Optimismus
Das Handwerk hat aber nicht nur bei der Bewertung der aktuellen Situation hinzugewonnen, auch die Erwartungen für die Zukunft haben gegenüber dem Vorjahr noch einmal zugelegt. Ein wichtiger Gradmesser für die weiteren Erwartungen ist die Investitionsbereitschaft – und diese ist wieder gestiegen. 58 Prozent der Handwerksbetriebe haben Investitionen auf die Agenda gesetzt – im Vorjahr waren es noch rund 50 Prozent. Mit dem aktuellen Wert liegt man wieder in etwa auf dem Niveau der Dekade vor der Pandemie. Dabei ist der Investitionswille nicht nur Ausdruck steigender Zuversicht, sondern auch bedingt durch das Aufschieben mancher Maßnahme in den Zeiten des Lockdowns. Neben diesem Nachholeffekt spielt wohl auch eine Rolle, dass liquide Mittel zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit gebraucht wurden, die jetzt wieder in Investitionen fließen können.
Die Krise hatte die Personalsituation im Handwerk negativ beeinflusst. Es kam zu Freisetzungen und in vielen Fällen zu Kurzarbeit. Entsprechend nahm im vorigen Jahr der Saldo aus Personaleinstellungen und -verkleinerungen auf plus 3,6 Punkte ab – nunmehr hat er sich auf plus 5,1 Punkte erholt. Ein Wert, der zwar einen Aufwärtstrend markiert, aber immer noch deutlich von dem Höchstwert im Jahr 2018 (plus 20,1 Punkte) entfernt liegt. Verdoppelt hat sich nun der Saldo im Hinblick auf die zukünftige Personalentwicklung. Immerhin 27 Prozent der Handwerksbetriebe planen eine Aufstockung ihres Mitarbeiterstamms. Dem stehen 5 Prozent gegenüber, die sich zu einer Verkleinerung gezwungen sehen. Vor einem Jahr lauteten die entsprechenden Werte noch 21 und 9 Prozent. Nun liegt der Saldo bei plus 22,4 Punkten – im Vorjahr waren es plus 11,9 Punkte. Besonders das Metallhandwerk und das Handwerk für den gewerblichen Bedarf planen Aufstockungen. Auch das Alter spielt eine Rolle, wenn es darum geht, Mitarbeiter einzustellen. So sind junge Handwerksunternehmen mit höchstens vier Jahren Tätigkeit zu fast 50 Prozent mit dem Wunsch nach neuen Mitarbeitern unterwegs. Betriebe, die älter als 20 Jahre sind, haben nur zu einem Fünftel vor, Personalaufstockungen vorzunehmen.
Problem Nummer Eins
Die Bereitschaft im Handwerk, neue Arbeitsplätze zu schaffen, ist also – trotz aller Verwerfungen durch Krise und Krieg – gegeben. Aber wird das Handwerk neues Personal finden? Befragt nach den wichtigsten Themen für das Handwerk 2022 gaben 79 Prozent der Betriebe zu Protokoll, dass das Thema Nummer Eins für sie der Fachkräftemangel sei. Erst an zweiter Stelle folgen die Lieferkettenprobleme bei 70 Prozent der Befragten. Während aber die Probleme um den Einkauf von Halbwaren und Investitionsgütern zur Weiterverarbeitung möglicherweise bald ein Ende finden, geht es beim Fachkräftemangel um ein demografisches Problem. Es fehlt einfach an Menschen. So geht man davon aus, dass rund 65.000 Fachkräfte (der Zentralverband des Handwerks spricht sogar von 250.000 Mitarbeitern) fehlen.
Das Handwerk schlägt Alarm, weil die Azubi-Zahlen stark sinken. Traditionell bildet das Handwerk seine Fachkräfte noch selbst aus, doch dies wird auf längere Zeit schwierig bleiben. Dennoch steht die Ausbildung des Nachwuchses ganz oben auf der Liste, wenn es darum geht, dem Fachkräftemangel zu begegnen. 60 Prozent der Betriebe hoffen auf dieses Mittel. 56 Prozent müssen höhere Gehälter zahlen, wenn sie gegenüber anderen Stellenanbietern nicht den Kürzeren ziehen wollen. Angesichts des Flüchtlingsstroms aus der Ukraine wird wohl die Option, ausländische Fachkräfte anzuwerben, noch hinzugewinnen. Auch aktuell sagten schon 28 Prozent der Handwerker, dass sie darin eine weitere Möglichkeit sehen, ihren Arbeitskräftebedarf zu decken.
Das Handwerk steht unter Druck. Da sind auf der einen Seite die konjunkturellen Verwerfungen im Zeichen der Krise, auf der anderen Seite langfristige Probleme durch den Mangel an Arbeitskräften, die Anforderungen der Digitalisierung und des Umweltschutzes. Der Ausblick im Frühjahr dieses Jahres ist wieder positiver, der Optimismus ist allerdings auch dringend notwendig angesichts der großen Probleme.