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Social Commerce: Verkaufen über Facebook, Instagram und Co.

Corona hat nicht nur den Trend zum virtuellen Einkauf massiv beschleunigt, sondern auch neue Anbieter und Vertriebskanäle forciert. In sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram und Pinterest wird nun auch virtuell gebummelt, geshoppt – und kassiert.

Routiniert begrüßt die Mode-Influencerin Nele Wüstenberg alias „Nelipies“, wie sie sich auf Instagram nennt, die Zuschauer zum Shopping-Event in einer Hamburger Filiale des Modehändlers Orsay und präsentiert ihnen die aktuelle Kollektion. Das Publikum allerdings sitzt nicht mit ihr im Laden auf der Mönckebergstraße, sondern verfolgt die Präsentation als Live-Video – direkt auf der Orsay-Homepage und in sozialen Netzwerken.

Fragen werden per Chat gestellt, und wem ein Produkt gefällt, der kann es sofort anklicken und kaufen. Die Produktseite des Onlineshops öffnet sich in einem Pop-up-Fenster, während der Livestream im Hintergrund weiterläuft.

Dieser nahtlose Übergang ist ein technischer Clou, den das Düsseldorfer Startup LiSA Retail Innovation anbietet. LiSA steht für Live Shopping Assistant. Die Gründer Philippe and Sophie Frères glauben fest daran, dass durch die Verbindung von Live-Videos und Social Media ein neues erfolgreiches Einkaufsformat entsteht.

Bislang galt: Social Media inspiriert. Jetzt soll es auch verkaufen. Denn nicht nur Startups wie LiSA, auch die Plattformen selbst bieten inzwischen Shopping-Features. Seit Mitte 2020 können Händler auf Facebook und Instagram etwa mit der Funktion „Facebook Shops“ ihre Produkte direkt mit Preisen verlinken und verkaufen.

Die Idee ist naheliegend, sagt Lisa Grünwald, Beraterin bei der auf E-Commerce spezialisierten Unternehmensberatung Elaboratum: „Plattformen wie Facebook und Instagram können den kompletten Weg der Kundenbeziehung abdecken – vom Entdecken eines Produkts über den Verkauf bis hin zum Kundenservice per WhatsApp.“ Der Messengerdienst gehört ebenfalls zum Facebook-Konzern.

Social Commerce: Ein Shop auf zwei Plattformen

Für den Einstieg ins Thema Social Commerce empfiehlt die Expertin tatsächlich Facebook und Instagram. Zum einen, weil die Shop-Funktion auf beiden Plattformen kostenlos nutzbar ist. Zum anderen ist der Aufwand zum Start vergleichsweise gering.

„Händler können einfach Produkte in Fotos oder Inhalten markieren, die sie ohnehin dort ausspielen“, empfiehlt sie. Mit einer einzigen Einschränkung: Face­book Shops funktioniert bisher nur, wenn der Verkäufer einen eigenen Onlineshop betreibt, auf dem der Bestell- und Bezahlvorgang abgeschlossen wird.

Technisch ist der Start zwar vergleichsweise einfach. „Womit viele aber ein Problem haben, ist, ihr klassisches Marketing in Social Media zu übersetzen. Da helfen die bisherigen Strategien aus der Printwerbung oder dem Katalog nicht weiter“, sagt Grünwald.

Unternehmen müssen sich auf die Plattformen und die dort verwendeten Formate einlassen und lernen, wie diese funktionieren. Erst recht, weil der Kampf um Aufmerksamkeit immens hoch ist.

Verkaufen über Social Media: die eigene Zielgruppe genau kennen

Wer in Social Media verkaufen möchte, der sollte sich zudem intensiv mit seiner Zielgruppe auseinandersetzen. Potenzielle Kunden sind dort tendenziell jung und weiblich und dem Meinungsforschungsinstitut Yougov zufolge offen für Social Shopping.

Die Mehrheit der Bevölkerung kann es sich derzeit jedoch noch nicht vorstellen. Die Bedeutung von sozialen Netzwerken im E-Commerce ist dennoch erwiesen. Der Handelsverband Deutschland (HDE) hat herausgefunden, dass beispielsweise bei rund 28 Prozent der online gekauften Modeartikel Social Media zur Kaufentscheidung beiträgt – auch wenn der Kauf später über den Onlineshop erfolgt.

Während die Möglichkeiten im Bereich der Konsumgüter bereits recht ausgefeilt sind, erwacht Social Commerce mit Geschäftskunden gerade erst. „Im B2B-Bereich ist die Entwicklung etwas träger“, sagt Christina Riess, Präsidentin des Bundesverbandes der Vertriebsmanager e. V.

„Die Vertriebler müssen ihre Netzwerke erst aufbauen, die Kunden die Angebote erst einmal wahrnehmen.“ Zudem komme es stark auf die Zielgruppe an. Berater, Coaches, Dienstleister etwa finden bereits ein großes Publikum in den sozialen Netzwerken. Unternehmen im produzierenden Gewerbe, die ganz bestimmte Entscheider ansprechen möchten, haben es deutlich schwerer.

Dennoch sieht Riess, nicht nur bedingt durch die Corona-Pandemie, künftig gute Möglichkeiten im Vertrieb über Linkedin und Xing. „Die Plattformen sind längst keine reinen Karrierenetzwerke mehr, sondern ernstzunehmende Vertriebskanäle.“

Social Media funktioniert nur als persönliche Marke

War lange der Dienstwagen das wichtigste Arbeitswerkzeug eines Vertriebsmitarbeiters, wurden es während der Pandemie Smartphone, Laptop und Headset. Social Media ersetzt mehr und mehr den persönlichen Kontakt.

Wichtig dabei sei allerdings, sich nicht zu verbiegen: „Jeder muss den für sich passenden Weg finden“, ist Riess überzeugt. „Social Media funktioniert nur als persönliche Marke.“ Und die gilt es glaubwürdig aufzubauen. Nicht das Produkt, sondern Beziehung und Expertise treten in den Vordergrund.

Doch die Mühe lohnt sich. Auch weil die Kunden in der Corona-Pandemie gelernt haben, was online alles möglich ist. Die Beratung McKinsey hat in den vergangenen Monaten mehrfach Unternehmen befragt, wie sie zu digitalen Vertriebskanälen stehen.

Im April 2020 war die Mehrheit der Einkäufer vor allem deshalb zufrieden, weil während des ersten Lockdowns online überhaupt etwas verkauft wurde. Doch in den Folgemonaten ist die Zufriedenheit stets weiter gestiegen.

Eine größere Umstellung bedeutet der Wandel für die Vertriebsorganisation. Zwar bieten die Netzwerke bereits gute Tools, um systematisch Kunden anzusprechen. In Linkedin lassen sich etwa potenzielle Leads mit ein und derselben Nachricht anschreiben.

Rückläufer erhalten eine vordefinierte Antwort; wer nicht reagiert, noch mal einen Reminder. „Da ist schon sehr viel möglich“, sagt Riess und warnt zugleich davor, Social Media zu überschätzen. Denn Kontakte in Linkedin oder Xing sind zuallererst persönliche Kontakte. Verlässt ein Mitarbeiter das Unternehmen, verliert es auch dessen Netzwerk. „Social Media ist gut für die Anbahnung, alles Weitere gehört ins CRM-System des Unternehmens.“



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