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StaRUG: Sanierungsmoderation als letzte Ausfahrt vor der Insolvenz
Neue Wege aus der Krise: Seit Jahresbeginn haben finanziell in Schieflage geratene Unternehmen zusätzliche Optionen, eine Insolvenz zu vermeiden – etwa eine Sanierungsmoderation. Vorausgesetzt, ihr Frühwarnsystem funktioniert und sie handeln konsequent.
Gesetzgebung gleicht häufig einem Marathon. Bis aus einem Referenten- ein Regierungsentwurf wird, der dann vom Bundestag verabschiedet wird und Gesetzeskraft erlangt, vergehen mitunter Jahre. Nicht so beim Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG): Zwischen der ersten Vorlage und der Verabschiedung im vergangenen Jahr lagen nur drei Monate. Ein Rekordtempo. Seit dem 1. Januar 2021 ist das SanInsFoG in Kraft. Dessen Kern ist das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG). Es gibt angeschlagenen Unternehmen neue Möglichkeiten, sich außerhalb einer Insolvenz zu sanieren. Eine davon ist die Sanierungsmoderation. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Warum eine Neuregelung wie das StaRUG?
Mit dem StaRUG setzt der Gesetzgeber eine EU-Richtlinie aus dem März 2019 in nationales Recht um. Brüssel hatte die Mitgliedstaaten verpflichtet, einen „präventiven Restrukturierungsrahmen“ zu schaffen, also Sanierungen im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens möglich zu machen. Der besondere Fokus sollte dabei auf kleinen und mittelgroßen Unternehmen liegen.
Was ist neu am StaRUG?
Das StaRUG ist im Wesentlichen in zwei Teile gegliedert: in die Bestimmungen zum Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen sowie in die zeitlich vorgelagerte Sanierungsmoderation. Neu ist, dass nunmehr auch außerhalb des Insolvenzrechts Sanierungen auf Basis eines von den Gläubigern mehrheitlich angenommenen Restrukturierungsplans durchgeführt werden können. „Zuvor war immer Konsens notwendig. Ließ sich dieser nicht herstellen, war auch keine außergerichtliche Sanierung möglich“, erläutert Christian Heintze, Sanierungs- und Restrukturierungsexperte bei BBL Brockdorff & Partner und, zusammen mit seinem Kollegen Heiko Schaefer, Moderator des Restrukturierungspodcasts restruct.law.
Welches Ziel hat eine Sanierungsmoderation?
Mitunter sind die Gespräche zwischen einem Unternehmen und einem (oder mehreren) seiner Gläubiger festgefahren. Es droht die Gefahr einer Insolvenz. In dieser Situation soll ein fachkundiger, neutraler Moderator zwischen beiden Seiten vermitteln. Ziel ist es, einen Sanierungsvergleich abzuschließen.
Eignet sich eine Sanierungsmoderation für alle Unternehmen?
Die Option einer Sanierungsmoderation war nicht Teil der EU-Richtlinie, die in nationales Recht umgesetzt wurde und besonders den Schutz kleiner und mittelgroßer Unternehmen im Blick hatte. In diesem Fall ist der deutsche Gesetzgeber über die Vorgabe aus Brüssel hinausgegangen. Nach Einschätzung von Christian Heintze wird das Verfahren weniger von großen Unternehmen genutzt werden: „Dort sind häufig ohnehin auf allen Seiten hochprofessionelle Berater tätig, sodass ein Sanierungsmoderator kaum einen Mehrwert erreichen wird.“
Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Sanierungsmoderation?
Die Sanierungsmoderation ist das einfachste, niedrigschwelligste Instrument im „Sanierungswerkzeugkasten“. Unternehmen, die es nutzen wollen, dürfen weder zahlungsunfähig noch überschuldet sein. „Sinnvoll ist es, wenn ein Unternehmen angeschlagen ist und Zahlungsunfähigkeit droht. Die Sanierungsmoderation kann zwar auch zu anderen Zeiten eingesetzt werden. Aber solange keine wirkliche Krisensituation besteht, wird die Bereitschaft der Gläubiger, Zugeständnisse zu machen, nicht sonderlich groß sein“, sagt Heiko Schaefer.
Wie läuft das Verfahren ab?
Der Sanierungsmoderator wird auf Antrag des Schuldners durch das Restrukturierungsgericht bestellt und von diesem beaufsichtigt. Meist wird es sich um einen Juristen handeln. Um erfolgreich zu sein, benötigt er das Vertrauen aller Beteiligten. Die Bestellung erfolgt für drei Monate und kann um bis zu drei weitere Monate verlängert werden. Das StaRUG macht keine Vorgaben, wie die Moderation in der operativen Umsetzung genau abzulaufen hat. Eine Sache ist jedoch klar geregelt: „Während des Moderationsverfahrens ist die Insolvenzantragspflicht nicht ausgesetzt“, betont Heiko Schaefer. Ist das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet, greifen die Instrumente des StaRUG nicht mehr, sondern die Bestimmungen der Insolvenzordnung.
Was sind die Vorteile einer Sanierungsmoderation?
Eine Sanierungsmoderation muss nicht öffentlich gemacht werden. „Das ist ein starker, vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollter Anreiz, der den Betroffenen die Scheu nehmen soll, diesen Schritt zu gehen“, sagt Heintze. Anders als der Restrukturierungsplan kann der Sanierungsvergleich keine rechtliche Wirkung für nicht beteiligte Gläubiger entfalten. Unternehmen können auch mit einzelnen Gläubigern einen Vergleich suchen, ohne dass andere davon erfahren. Ein weiterer Vorteil: Kommt ein Sanierungsvergleich zustande, kann dieser auf Antrag des Schuldners vom Gericht bestätigt werden. Das bietet den Beteiligten Sicherheit. Ein gerichtlich bestätigter Sanierungsvergleich und die darin getroffenen Vereinbarungen sind im Worst Case einer möglicherweise folgenden Insolvenz nur unter hohen Hürden anfechtbar.
Welches sind die besonderen Herausforderungen?
„Die Geschäftsführung muss ein funktionierendes Frühwarnsystem haben. Sie muss erkennen, wenn das Unternehmen in eine bedrohliche Situation zu geraten droht und darf keine Scheu haben, frühzeitig die im StaRUG geschaffenen Optionen zu ergreifen“, betont Christian Heintze.
Was kostet eine Sanierungsmoderation?
Neben Gerichtskosten von anfänglich 500 Euro muss der Sanierungsmoderator bezahlt werden. Er wird nach Zeitaufwand honoriert. Sein Stundensatz wird vom Gericht bestimmt und beträgt üblicherweise zwischen 250 und 350 Euro pro Stunde, je nach Komplexität des Falls und in Abhängigkeit von dessen Qualifikation.
Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Stefan Weber