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Weniger große Insolvenzen - bisher
Im Vorjahr blieben die spektakulären großen Insolvenzen weitgehend aus. Eine Ausnahme mag der Schaden sein, der durch die Pleite der Greensill Bank geschaffen wurde und der Milliardenbeträge zur Entschädigung der Anleger nötig machte.
Das Fehlen prominenter Namen alleine muss aber nicht bedeuten, dass es insgesamt zu weniger großen Insolvenzen gekommen ist. Die Creditreform Wirtschaftsforschung und die Falkensteg Sanierungs- und Finanzierungsberatung haben ganz unabhängig voneinander und mit unterschiedlichen Ansätzen die aktuelle Insolvenzlage im Hinblick auf die Größen und Branchen der betroffenen Unternehmen untersucht.
Betrachtet man die Umsatzgrößenklassen der 2021 angemeldeten Unternehmensinsolvenzen, so ist der deutlich größte Teil in der kleinsten Umsatzgröße bis 100.000 Euro im Jahr angesiedelt. Bei 29,4 Prozent der betroffenen Betriebe handelt es sich also um Mikro-Unternehmen, die wohl im Sektor der Soloselbstständigen, möglicherweise auch in nebenberuflicher Selbstständigkeit, angesiedelt sind. Es handelt sich um 4.200 Unternehmen. Gegenüber dem Vorjahr hat dieser Anteil allerdings deutlich zugenommen – 2020 lag er noch bei 25,8 Prozent. Dieser Bereich der Kleinstbetriebe ist der einzige unter allen Größenordnungen im Hinblick auf den Umsatz, der ein Plus bei den Veränderungen vorzuweisen hat. 2020 waren es 4.140 Insolvenzen in dieser Größenklasse (plus 1,4 Prozent). Weitere 3.140 kleine Unternehmen haben einen Umsatz von höchstens 250.000 Euro im Jahr vorzuweisen. Sie machen 22 Prozent des gesamten Insolvenzgeschehens aus und haben ihren Anteil von 19,6 auf 22,0 Prozent vergrößert, bei den absoluten Zahlen allerdings einen Rückgang von 0,3 Prozent vorzuweisen. Die weiteren Größenklassen nahmen mit ihren Zahlen linear ab. Besonders markant ist dies bei den größten Unternehmen. Waren 2020 noch rund 150 Betriebe betroffen, die einer Umsatzklasse zwischen 25 und 50 Millionen Euro zuzuordnen sind, so waren im Vorjahr hier nur noch 90 Betriebe zu finden (minus 40 Prozent). Schließlich waren Unternehmen mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz, Betriebe an der Schwelle zum Großunternehmen, nur mit 60 Insolvenzfällen vertreten. Gegenüber 2020 (180 Fälle) ist das ein deutlicher Rückgang um fast 67 Prozent.
Industrie stark vertreten
Falkensteg kommt insgesamt zu ähnlichen Ergebnissen bei den Größenordnungen der Insolvenzen im Jahr 2021. Sie addiert die größten 20 Unternehmensinsolvenzen und kommt in der Summe auf ein Umsatzniveau von 4,1 Milliarden Euro. Im Jahr 2020 dagegen lag der Umsatz bei den 20 größten Pleiten zusammen bei 10,3 Milliarden Euro. Insgesamt registrierten die Sanierer ein Minus von 48 Prozent bei den großen Insolvenzen. In den beiden Kategorien, die angelegt wurden, geht es bei der Definition um Größen von mindestens 10 bzw. 20 Millionen Euro Umsatz. Ob bereits Großunternehmen bei einer Klasse von 10 Millionen Euro Umsatz zu sehen sind, mag dahingestellt bleiben. Insgesamt wurden 2020 Insolvenzanträge in dieser Größenklasse von 292 Betrieben gestellt – 2021 war es fast nur noch die Hälfte mit 152 Betroffenen. In der Umsatzkategorie von über 20 Millionen Euro war die Zahl der Insolvenzen sogar um zwei Drittel rückläufig. Ein Blick wurde auch auf die betroffenen Branchen gerichtet. Demnach waren die meisten größeren Einheiten im Sektor der Zulieferer und Hersteller im Maschinen- und Anlagenbau mit 29 Fällen zu zählen, gefolgt vom Automobilsektor mit 28 Betroffenen. Die Automobilzulieferer waren im ersten Jahr der Pandemie besonders betroffen gewesen: 56 Pleiten waren in der Branche 2020 aufgetreten – 2021 waren es nur noch 28 Pleiten. Viele größere Insolvenzen zählt auch die Logistik mit zehn Fällen und einem Plus von 67 Prozent. Im Maschinen- und Anlagenbau sank die Zahl der Insolvenzen von 33 auf lediglich 29, was einem Minus von 13 Prozent entspricht. Schließlich waren die Kunststoffhersteller an dritter Stelle des Rankings mit einer Verbesserung von 16 auf 15 Insolvenzen und einem Minus von 7 Prozent vertreten. Dabei ist für die Kunststoffindustrie noch zu erwähnen, dass fast alle Betroffenen Lieferanten für die Autoproduktion waren.
Kein positiver Ausblick
Die Berater bezeichnen die staatlichen Hilfen als „süßes Gift“. Sie befürchten, dass die verschiedenen Überbrückungshilfen, Kurzarbeitergeld und KfW-Kredite, die wohl bis in den Sommer 2022 verlängert wurden, wichtige Transformationen in den genannten Branchen verhindern. Die Insolvenz ist als reinigende Funktion zu sehen – wer kein marktgerechtes Geschäftsmodell aufzuweisen hat, muss ausscheiden. Genau diese Funktion des Insolvenzverfahrens aber wird durch die Hilfsmaßnahmen in vielen Fällen ausgehebelt. Die Creditreform Wirtschaftsforschung kommt indes zu dem gleichen Schluss.
Auch das Statistische Bundesamt erwähnt bei der Vorlage der Zahlen vom Herbst, dass beim Vergleich der Insolvenzzahlen zu beachten sei, dass das Insolvenzgeschehen von Sonderregelungen geprägt war. Das betrifft zum einen die von Anfang März 2020 bis zum Ende des Jahres ausgesetzte Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen, die bis Ende April 2021 weiterhin für Unternehmen galt, die noch nicht die staatlichen Hilfsleistungen erreicht hatte. Schließlich erwähnen die Statistiker auch, dass die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts auch im Zusammenhang mit den Hochwassern im Juli 2021 bis Ende Januar 2022 ausgesetzt wurden. Die Zahlen für den Monat Dezember 2021 weisen den möglichen Weg für die zukünftigen Unternehmensinsolvenzen. Das Bundesamt nennt eine Steigerung von 18 Prozent im letzten Monat des Jahres gegenüber dem Vormonat November. Dabei hatten bereits im November ebenfalls deutliche Zunahmen bei den Anträgen eingesetzt – gegenüber dem Oktober ein Plus von 43,8 Prozent. Aber nicht nur das Auslaufen mancher rechtlichen Sondermaßnahmen oder der Zahlungen wird Betriebe vor Probleme stellen. Gerade die erwähnten Industriebereiche sind stark abhängig von der Entwicklung der Energiepreise. Bei den Rekordhöhen für Strom und Gas wird es sicher manche energieintensiven Industrien wie etwa Chemie, die Metall- und Kunststoffhersteller, Papier, aber auch Baustoffe und Glas treffen. Hier sind mehr Insolvenzen, gerade bei größeren Unternehmen, für 2022 vorgezeichnet.
Quellen: FalkenSteg, Destatis, Creditreform Analyse „Insolvenzen in Deutschland, Jahr 2021“