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„Wir sind ein modernes Dienstleistungsunternehmen“
Nach acht Jahren als Präsident und Vorsitzender des Gesamtvorstands des Verbands der Vereine Creditreform hat Christian Wolfram das Amt an Dr. Holger Bissel übergeben. Im Interview sprechen sie über die Stärken der Organisationsstruktur, die Corona-Pandemie und darüber, dass der direkte Kontakt zu Kunden auch in Zukunft oberstes Gebot ist.
Herr Wolfram, Sie haben nach fast acht Jahren das Amt an Herrn Bissel übergeben. Mit welchen Zielen sind Sie 2013 angetreten und haben Sie sie erreicht?
Christian Wolfram: Eins meiner Ziele war der Erhalt und die Stärkung unserer Struktur als Zusammenschluss von 128 selbstständigen Unternehmen vor Ort. Das ist sehr gut gelungen. Wir haben unsere Marktführerschaft im Bereich der Wirtschaftsinformationen sogar ausbauen können. Das zweite Ziel war, dass wir weiterhin Automatisierung und Digitalisierung forcieren. Wir halten im Jahr mehr als eine Milliarde Daten aktuell, das geht nicht mit dem Bleistift. Deshalb ist Creditreform schon seit den 1980er-Jahren digital sehr gut aufgestellt, aber wir dürfen dabei nicht nachlassen.
Welche Möglichkeiten hat der Präsident überhaupt, die Aufstellung von Creditreform im Zusammenspiel mit der Geschäftsführung zu prägen?
Christian Wolfram: Verglichen mit anderen Unternehmensrechtsformen, ist der Vorstand des VVC bei Creditreform so etwas wie der aktiv involvierte Aufsichtsrat – als Vertreter der Eigentümer. Wir sprechen stellvertretend für die 128 Vereine Creditreform, erarbeiten eine gemeinsame Strategie. Und die Geschäftsführung in Neuss hat die Aufgabe, die sich daraus ergebenden Beschlüsse umzusetzen. Das funktioniert sehr gut.
Herr Bissel, Sie sind seit 2018 als Mitglied im Vorstand des Verbands der Vereine Creditreform an dieser Arbeit beteiligt. Wie setzen Sie sie nun als Präsident fort?
Holger Bissel: Sicher werde ich an die Arbeit der vergangenen Jahre anknüpfen können. Der große Unterschied unserer Arbeit im Vorstand zu der eines klassischen Aufsichtsrats allerdings ist der, dass wir als geschäftsführende Gesellschafter unserer Creditreform Regionalgesellschaften direkt an der Geschäftsentwicklung der Organisation beteiligt sind. Insofern hat alles, was wir entscheiden, auch eine direkte Rückkopplung auf unser eigenes Geschäft vor Ort. Ich möchte mit den anstehenden strategischen, operativen und insbesondere auch personellen Entscheidungen dazu beitragen, dass wir Creditreform zukunftssicher aufstellen – unter sich fortlaufend verändernden Rahmenbedingungen.
Gerade im vergangenen Jahr waren die Rahmenbedingungen alles andere als einfach. Wie turbulent war die Corona-Pandemie für Creditreform?
Christian Wolfram: Der Anfang war sehr turbulent. Wobei Creditreform den ersten Schock schnell überwinden konnte. Wir waren in der Lage, innerhalb von drei, vier Wochen auf Homeoffice, digitalen Vertrieb und digitale Kundengespräche umzustellen. Und unsere Leistungen wurden nach einer kleinen Delle sehr schnell wieder nachgefragt. Einer unserer Vorteile ist, dass wir persönliche Dienstleistungen anbieten und unsere Berater die Unternehmen in ihrer Region gut kennen. Das ließ sich von Präsenzterminen auch auf virtuelle Meetings übertragen.
Holger Bissel: Die persönliche Beziehung zum Kunden vor Ort steht für uns immer im Mittelpunkt und das grenzt uns, neben weiteren Faktoren, von Wettbewerbern ab. Creditreform ist als einziger Anbieter so breit in der Fläche vertreten. Und bezogen auf unsere Produkte: Das Sicherheitsbedürfnis der Gewerbe- und Handeltreibenden ist deutlich gestiegen. Deshalb konnten wir eine große Anzahl an neuen Mitgliedern beziehungsweise Kunden gewinnen, die unsere Dienstleistungen aktiv nachgefragt haben.
Creditreform hat in der Pandemie schnell auf Kundenbedürfnisse reagiert. Wie passt das Bild des digitalen und agilen Unternehmens auf der einen Seite zur Struktur eines föderalen Verbands auf der anderen?
Holger Bissel: Wer den Begriff Verband mit verstaubt gleichsetzt, liegt bei Creditreform falsch. Wir erfüllen heute in Neuss zu zehn Prozent klassische Verbandsfunktionen und zu 90 Prozent die eines modernen Dienstleistungsunternehmens. Und selbst die zehn Prozent Verband werden agil und zeitgemäß interpretiert – sowohl gegenüber unseren Kunden als auch gegenüber den regionalen Creditreform Gesellschaften. Dabei vergessen wir nicht die Stärken, die aus unserer Historie erwachsen sind, und hier herausragend unsere dezentrale Struktur. Auch bei der Entwicklung neuer Services und Produkte haben die Vereine Creditreform das Ohr am Markt und beobachten Trends, die der Verband dann gegebenenfalls aufgreift und zum Nutzen unserer Kunden umsetzt.
Geben Sie einen Ausblick: Worüber sprechen wir in vier Jahren?
Holger Bissel: Sicher darüber, wie wir die Folgen der Corona-Pandemie bewältigt haben. Aber auch darüber, wie wir mit Trends umgehen, die von der Pandemie überlagert wurden – ob das Klimawandel ist, die fortschreitende Digitalisierung oder die Wiederbelebung der städtischen und regionalen Wirtschaft. Für Creditreform bedeutet das: Wir werden weiter digitale Lösungen für Unternehmen anbieten, damit sie weiterhin erfolgreich sichere Geschäfte abschließen können.
Christian Wolfram: Allerdings werden wir den persönlichen Kontakt nicht vernachlässigen. Eine fundierte Beratung wird eine Maschine auch in den kommenden Jahren nicht leisten können. Insofern bin ich mir sicher, dass Holger Bissel unsere Unternehmensphilosophie erfolgreich in die Zukunft führt: die Kraft der selbstständigen Vereine Creditreform, die Regionalität und die Verbundenheit zu unseren Kunden vor Ort.
Zu den Personen
Christian Wolfram arbeitet seit 1985 bei Creditreform, zunächst als Geschäftsführer der Creditreformgesellschaften in Duisburg und Mülheim an der Ruhr, sowie später in Berlin, Brandenburg und Frankfurt an der Oder. Von Dezember 2013 bis Juni 2021 war der 63-jährige Diplom-Kaufmann Präsident des Verbandes der Vereine Creditreform e.V.
Dr. Holger Bissel wurde im Juni 2021 zum neuen Präsidenten des Verbandes der Vereine Creditreform e. V. gewählt. Seit 2018 ist er bereits Mitglied des Vorstands. Bissel ist Bank- und Diplom-Kaufmann und wurde in Wirtschaftswissenschaften promoviert. Nach beruflichen Stationen in der Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung ist er seit 2008 Geschäftsführer von Creditreform Hannover-Celle-Wolfsburg, seit 2019 zudem in Goslar, Lüneburg und Stendal.
Quelle: Magazin "Creditreform"
Interview: Christian Raschke