Ruhe stiften

Unternehmer können mit einer Stiftung privates und betriebliches Vermögen für die folgenden Generationen sichern und gemeinnützige Projekte fördern. Überdies bietet die Rechtsform Steuervorteile und vermeidet Erbstreitigkeiten. Wann eine Gründung interessant sein kann.

Nach der Insolvenz des österreichischen Immobilienunternehmers René Benko und dessen Unternehmensgruppe Signa nehmen Ermittler und Finanzbehörden in Österreich auch dessen Stiftungen in den Fokus. Sie prüfen, inwiefern er hohe Vermögenswerte dorthin transferiert hat, um sie vor dem Zugriff der Insolvenzverwalter zu schützen. Doch das Geflecht der verschiedenen Stiftungen und Geldströme ist verworren und kaum zu durchdringen. „Ein solches Konstrukt wäre in Deutschland nicht so einfach möglich“, sagt Benjamin Rothmund, Fachanwalt für Steuerrecht der Kanzlei Rittershaus in Frankfurt am Main und spezialisiert auf das Thema Stiftungen. Wenn Unternehmer hierzulande eine Stiftung etablieren, geht es ihnen in der Regel darum, ihr Hab und Gut zu ordnen und für die kommenden Generationen zu sichern. „Wir beraten viele Firmenchefs, die zum Beispiel über Kapitalbeteiligungen an Unternehmen, über Mietimmobilien, Aktiendepots, Goldbestände oder Guthaben in Kryptowährungen verfügen. Irgendwann wird ihr Portfolio unübersichtlich, sie wollen es neu strukturieren“, erklärt Stefan Winheller, Fachanwalt für Steuerrecht und Partner der Kanzlei Winheller in Frankfurt. Ziel ist es, das Vermögen als Einheit zu erhalten und etwa für den Fall des Todes des Stifters einer Zerschlagung vorzubeugen. Experte Rothmund nennt ein Beispiel: „Wenn mehrere Kinder eine Immobilie gemeinsam erben, kann es Streit über deren Verwertung geben. Einer will verkaufen, der andere nicht. Oder aber man meint, einer wäre bevorteilt, weil er das bessere Objekt bekommen hat. Ist das Vermögen in einer Stiftung gebunden, kann dies alles nicht passieren.“ Er nennt einen weiteren Grund, warum sich Firmeninhaber für eine Stiftung interessieren: „Momentan haben wir viele Anfragen von Unternehmern mit GmbH-Beteiligungen, die das Land verlassen wollen. Sie müssten dann normalerweise Wegzugsteuer zahlen. Das Finanzamt nimmt an, dass sie ihre Anteile verkauft hätten – obwohl das nicht der Fall ist“, so Rothmund. Wenn die Beteiligung einer Stiftung gehört, entfällt die Wegzugsteuer.  

Werterhalt im Vordergrund 

„Stiftungen können auch eine interessante Option sein, um die Unternehmensnachfolge zu regeln und die Firma vor einer Zersplitterung zu schützen“, sagt Friederike v. Bünau, Generalsekretärin des Bundesverbands Deutscher Stiftungen in Berlin. Meistens spricht man von einer unternehmensverbundenen Stiftung. „Deren signifikanter Vorteil ist es, dass in der Regel nicht die kurzfristige Maximierung des Gewinns im Vordergrund steht, sondern dass es darum geht, kontinuierliche und langfristige Einnahmen zu erzielen“, so v. Bünau. Stiftungsunternehmen seien in der Lage, höhere Rücklagen zu bilden, ihr Eigenkapital zu stärken und eine nachhaltige Personalpolitik zu betreiben. „Sie dienen weniger privaten Interessen, sondern dem Werterhalt“, fasst Markus Heuel, geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Stiftungsanwälte und Mitglied der Geschäftsleitung des Deutschen Stiftungszentrums, zusammen. Er berät momentan auch häufiger junge Gründer, die ihr Start­up in der jetzigen Form erhalten wollen. „Ihr Motiv ist es zum Beispiel, das Unternehmen vor ungewollten Übernahmen zu schützen“, sagt Heuel.  

Das Eigentum ist weg 

Nur: „Wer einer Stiftung Vermögen überträgt, ist nicht mehr Eigentümer. Das muss man wissen, und nach unserer Erfahrung kann dies potenzielle Stifter manchmal abschrecken“, sagt Steueranwalt Rothmund. Die Stiftung gehört sich selbst. Sobald das Vermögen eingebracht ist, obliegt die Kontrolle den Stiftungsorganen. „Es ist wichtig, sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen vertraut zu machen, die für Stiftungen gelten. Dazu gehören das Stiftungsrecht, die Satzung der Stiftung und die gesetzlichen Vorschriften zur Vermögensverwaltung und zum Stiftungsgeschäft“, erläutert v. Bünau.  

Vor allem aber sollten sich Unternehmer vor der Gründung überlegen, wie die Stiftung geführt werden soll und was sie erreichen wollen. Das steht in der Stiftungssatzung. Hier ist geregelt, welchen Zweck die Stiftung hat, wie die Organisation aussehen soll und wie das Vermögen verwaltet wird. Man sollte sicherstellen, dass die Stiftung durch ihre Satzung so robust gestaltet ist, „dass die Strukturen nicht missbrauchsanfällig sind“, so die Generalsekretärin. „Man muss sich genau überlegen, wie die Stiftungsorgane besetzt sein sollen – kurzfristig und langfristig“, meint v. Bünau. Allerdings würde dieser Punkt häufig vernachlässigt, wenn der Unternehmer selbst im Stiftungsvorstand präsent sein will.  

Für die Ewigkeit denken 

Unternehmer dürften nicht denken, „sie hätten ihre eigene Stiftung. Das ist falsch“, sagt Heuel. Stifter geben Vermögen endgültig weg. Er oder die Familie können nur bei einer Familienstiftung noch den Nutzen daraus ziehen, also etwa von den Erträgen des angelegten Vermögens oder des Stiftungsunternehmens profitieren. „Was wird in 30 Jahren sein? In der Zukunft kann viel passieren. Die Konsequenzen müssen in jeder Hinsicht überlegt sein“, so Heuel. Zum Beispiel kann ein Mitglied des Stiftungsgremiums ausscheiden. „Was passiert in dieser Situation? Wie kann verhindert werden, dass die Neubesetzung den Interessen des Stifters zuwiderläuft? Das sollte in der Satzung geklärt sein“, rät er. Es sei auch wichtig, dass das Führungsgremium stets heterogen und qualifiziert besetzt ist. „Der Vorstand sollte beurteilen können, ob die Geschäftsführung der Unternehmensstiftung einen guten Job macht, und auch über die rechtliche wie die steuerliche Expertise verfügen.“ Man sollte eine Governance-Struktur schaffen, die sich unabhängig vom Stifter den Zielen verpflichtet sieht. Heuel warnt aber davor, eine Klausel mit aufzunehmen, dass die Firma nie zum Verkauf stehen darf. „Die Rahmenbedingungen in der Branche, die wirtschaftlichen Verhältnisse können genau dies erfordern. Fusionen können notwendig sein, damit das Unternehmen erhalten bleiben kann“, gibt er Beispiele. Unterm Strich zeigt sich:  Eine Stiftung ist eine besondere Rechtsform, die zahlreiche Fragen aufwirft. „Unternehmer sollten sich von einem Stiftungsexperten beraten lassen“, rät Heuel.  

Lebensführung fördern 

So machte es Klaus Tenbrock, Geschäftsführer der Praemium GmbH mit Sitz in Bocholt. Der Unternehmensberater entwickelt mit seinem Team Mitarbeiterbindungskonzepte für den Mittelstand, insbesondere im Bereich der betrieblichen Altersversorgung. „Im Schwerpunkt unterstützen wir Firmen, die sich für den Weg einer pauschaldotierten Unterstützungskasse mit Innenfinanzierung interessieren“, sagt Tenbrock.  Über viele Jahre habe er sich eine führende Stellung am Markt aufgebaut. „Das Geschäft läuft gut.“ Er wurde bei der Gründung von zwei Stiftungen von Sascha Drache, Geschäftsführer der Gesellschaft Ratgeber Stiftung, unterstützt. „Mit ihm habe ich im ersten Schritt besprochen, welche Ziele ich verfolge und was ich will. Die gesamte formale Organisation hat er dann für mich abgewickelt. Er formulierte die Satzung, stellte den Antrag zur Errichtung und engagierte sich für die schnelle Umsetzung der Projekte“, so Tenbrock. Innerhalb von wenigen Wochen waren die Stiftungen im elektronischen Stiftungsverzeichnis eingetragen.  

Der 58-Jährige wollte sein privates Vermögen für die folgenden Generationen sauber strukturieren und sichern. Dazu dient eine Familienstiftung, deren Zweck es ist, die Lebensführung der Familie zu fördern. „In deren Eigentum sind zum Beispiel mehrere Immobilien, die vermietet sind. Die Erträge können in die Aus- und Weiterbildung meiner beiden Kinder fließen“, so Tenbrock. Der Unternehmensberater wollte einen Teil seines Vermögens aber auch einem guten Zweck zukommen lassen. „Im vergangenen Jahr habe ich daher noch eine gemeinnützige Stiftung errichtet“, so Tenbrock. Deren Bestimmung ist es, sozial benachteiligte Kinder und bedürftige Senioren finanziell zu unterstützen.

„Stiftungen sind kein Steuerschlupfloch“

Stefan Winheller, Steuerfachanwalt und geschäftsführender Gesellschafter der Kanzlei Winheller in Frankfurt, über die Vor- und Nachteile verschiedener Stiftungsmodelle. 

Ist die Familienstiftung ein Modell für Reiche, um Steuern zu sparen? 

Sie bietet Steuervorteile, aber kein Steuerschlupfloch. Familienstiftungen sind steuerpflichtig, weil sie nicht gemeinnützig sind. Der Weg in diese Rechtsform kann sogar steuerlich gefährlich sein – abhängig davon, welche Vermögenswerte eingebracht werden sollen. Ein Beispiel: Wenn Betriebsvermögen transferiert wird, ist dies wie bei der klassischen Nachfolge begünstigt – soweit die Vorgaben eingehalten sind. Also etwa, dass in den nächsten sieben Jahren keine Mitarbeiter entlassen werden. Wer allerdings sein Depot im Wert von einer Million Euro einbringen will, zahlt sofort Steuern wie bei einer regulären Schenkung. Das wird dann meist so teuer, dass sich eine Stiftungslösung verbietet. Sicherlich bedarf es einer steuerlichen Planung, wenn man eine Familienstiftung errichten möchte.

Was sind die wesentlichen steuerlichen Vorteile?  

Familienstiftungen unterliegen nicht der Gewerbesteuer. Das bedeutet: Wenn die Stiftung Mieteinkünfte erzielt, zahlt sie 15,825 Prozent Körperschaftsteuer inklusive Soli. Stiftungen können Beteiligungen halten. Wenn sie diese verkaufen, zahlen sie nur 0,75 Prozent Steuern. Aber: Die Familienstiftung zahlt Erbersatzsteuer. Der Gesetzgeber geht fiktiv davon aus, dass die Stiftung alle 30 Jahre stirbt. Wann dieser Zeitpunkt eintritt, ist allerdings auf den Tag genau bekannt. Insofern kann man sich darauf vorbereiten und die Stiftung so aufstellen, dass möglichst wenig Steuern anfallen.

Es gibt also Möglichkeiten, zu optimieren und zu gestalten – in welcher Form?  

Viele Unternehmer wählen zum Beispiel das Modell einer Doppelstiftung. Das bedeutet, sie errichten eine gemeinnützige Stiftung und separat eine Familienstiftung. Hier haben sie Möglichkeiten, zu gestalten. Angenommen, ein Stifter hält eine Beteiligung von 100 Prozent an einer Unternehmung. Dann könnte er 80 Prozent steuergünstig in die gemeinnützige Stiftung einbringen. Die übrigen 20 Prozent gehen in die Familienstiftung, um ihn selbst oder die Partnerin und die Kinder abzusichern. Die Familienstiftung aber hält 80 Prozent der Stimmrechte im Unternehmen. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Familie kann langfristig die Geschicke des Unternehmens weiterführen. Die Ausschüttungen oder die Erträge der gemeinnützigen Stiftung bleiben steuerfrei und können in voller Höhe dem vom Stifter gewünschten sozialen Zweck zukommen. Die gemeinnützige Stiftung ist ein nachhaltiges Konstrukt im besten Sinne. Die Familienstiftung dient dazu, Vermögen zu erhalten und mit den Erträgen die Lebensführung der Familie zu sichern.

Wie viel Vermögen braucht es, damit eine Stiftung überhaupt Sinn machen kann? 

Eine Stiftung zu gründen, ist mit einem hohen Aufwand verbunden. Man braucht mehrere Monate oder sogar Jahre Zeit. Grund ist, dass die Familie die jeweilige Lösung und die Details der Satzung in allen Facetten vorab diskutieren sollte. Schließlich sind Änderungen später zwar prinzipiell möglich, aber oft sehr schwierig. Als Faustregel kann man sagen, dass Stiftungen ab Vermögenswerten von rund drei Millionen Euro eine Option sein können. 


Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Eva Neuthinger
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