Kaum Hoffnung auf einen Neuanfang
Das abgeschlossene Jahr 2023 war kein gutes. Da nutzt auch kein Schönreden. Noch liegen keine endgültigen Zahlen zum Jahresultimo vor, doch ist die Rede von einer technischen Rezession und in manchem Quartal sank das Bruttoinlandsprodukt in den Minusbereich.
Die Aussagen der Auguren in den Wirtschaftsforschungsinstituten lassen für das gerade angebrochene Jahr nicht viel Gutes erwarten. War es im Herbst 2023 trotz der schwachen Entwicklung noch kurzzeitig zu einem optimistischen Aufflackern gekommen, so war die Stimmung am Jahresende – wie die Zahlen belegen – unter den Nullpunkt gerutscht. Das Ifo-Institut in München, das Berliner DIW und das IWH in Halle sprechen für 2024 von einem „flauen Plus“ zwischen 0,5 und 0,9 Prozent. Manche Volkswirte geben sich noch pessimistischer: Das IW in Köln geht ebenso wie das IMK von einer Rezession für 2024 aus. Auch die volkswirtschaftlichen Abteilungen der Banken sprechen im besten Falle von einem hauchdünnen Plus von 0,3 Prozent (Commerzbank) oder sogar – wie die ING – von einer leichten Rezession.
Mittelstand schon im Herbst zurückhaltend
Creditreform hat im Zuge der traditionellen Herbstumfrage unter mittelständischen Unternehmen auch nach den Erwartungen gefragt. Der Geschäftserwartungsindex ist nicht mehr wie im Jahr 2022 mit einem Minus versehen (minus 1,9 Punkte per Saldo), steht aber aktuell mit plus 2,5 Punkten recht dürftig da. Im Herbst 2021 hatte man noch geglaubt, die Krise im Zusammenhang mit der Pandemie überstanden zu haben und einen hohen Erwartungsindex von 23 Punkten erreicht. Die Investitionsbereitschaft, Gradmesser der geschäftlichen Zuversicht, war bei den kleinen und mittleren Unternehmen so schlecht wie in den letzten zehn Jahren nicht mehr. Nur ein gutes Drittel plante Investitionen, in der letzten Dekade lag die Zustimmung meist bei mehr als der Hälfte der KMU. Vor allem die Erweiterungsinvestitionen waren zurückgegangen – von 52,6 (2022) auf 48,4 Prozent (2023). Bedenklich ist diese Aussage auch vor dem Hintergrund der drängenden Aufgaben, die sich einerseits aus der Digitalisierung und andererseits aus den Pflichten zum Umbau in eine grüne, umweltfreundliche Wirtschaft ergeben.
Immerhin waren die befragten 1.200 Mittelständler im Spätherbst 2023 für die zukünftige Personalentwicklung wieder ein wenig besser aufgestellt als 2022. Per Saldo aus aufstocken und verkleinern der Personaldecke wurden plus 12,2 Punkte erreicht – im Herbst 2022 waren es noch plus 10,6 Punkte. Auch hier ist die langjährige Entwicklung in den Vorjahren zu sehen, als der Saldo deutlich höher lag. Auch die zukünftige Umsatzentwicklung hatte sich gegenüber 2022 in ihrer Bewertung ein wenig verbessert und kam nach plus 0,8 Punkten in 2022 auf plus 3,7 Punkte in 2023. Allerdings ist bei dieser positiveren Zahl zu bedenken, dass in die Umsätze auch die allgemeine Teuerung einfließt und die Werte nur nominal sind.
IW – breite Verbandsumfrage
Das IW in Köln hatte wie in den Vorjahren zum Jahresende eine Umfrage unter den Wirtschaftsverbänden durchgeführt und um eine Prognose für das Jahr 2024 gebeten. Auf der Basis einer schlechten aktuellen Wirtschaftslage fielen die Erwartungen deutlich pessimistisch aus. Dabei spielte wohl auch eine Rolle, dass die Herbstumfrage von Creditreform zwar auch eine schwache aktuelle Wirtschaftslage erkannte, aber eben doch auch einen Hauch von Optimismus zumindest für das erste Halbjahr 2024 verbreitete. „Keine Hoffnung auf eine konjunkturelle Trendwende“ gibt das Kölner Forschungsinstitut resümierend die Aussagen der befragten Wirtschaftsverbände wider. Von den 47 befragten Branchen-Verbänden sind es nur drei, die auf eine höhere Produktion 2024 setzen. Die Pharmaindustrie, Feinmechanik und Optik sowie die Automobilhersteller haben bessere Perspektiven aufzuweisen – dies aber auch, weil sie auf den Export setzen. Die Produktions- und Geschäftsentwicklung fiel vor allem dann dürftig aus, wenn die Befragten einem Sektor angehören, der stark von der Energiepreisentwicklung abhängig ist. Das gilt vor allem für die keramische Industrie, die Lederindustrie oder für Gießereien. Die Umfrage unter den Verbänden läuft bereits einige Jahrzehnte und der historische Verlauf zeigt, dass nur in den Jahren 1993/94, 2002/03 und 2009 ähnlich negative Salden bei den Urteilen zur weiteren geschäftlichen Produktion zu verzeichnen waren.
Wie Creditreform auch, so orientiert sich das IW bei der Beurteilung der weiteren Lage in 2024 an den Kriterien „Investitionen“ und „Beschäftigung“. Nur acht Verbände gaben an, in 2024 höhere Investitionen durchführen zu wollen. 16 Verbände sehen das Investitionsniveau zumindest auf dem (schwachen) Niveau von 2023, aber fast die Hälfte hat vor, weniger zu investieren. Die Investitionsneigung wird negativ beeinflusst von den gesamtwirtschaftlichen, wirtschaftspolitisch geprägten Rahmenbedingungen. Unsicherheit vergiftet das Investitionsklima, in vielen Bereichen sind die politisch gesetzten Vorgaben nicht geklärt oder werden wieder korrigiert.
Noch hält der Arbeitsmarkt
Die Stabilität des Arbeitsmarktes wird von der Politik gerne als Ausweis eines erfolgreichen Handelns gesehen. Tatsächlich haben die Unternehmen ihre Personaldecke stabil halten können. Dabei wurde vor allem auf den grassierenden Fachkräftemangel verwiesen, der verhinderte, dass es zu Entlassungen kam und Neueinstellungen auf der Tagesordnung blieben. Es mögen die Lohnerhöhungen sein, die im Zeichen der Inflation zu einer weiteren Kostenbelastung für die Unternehmen führen. Vor einem Jahr hatten sich in der IW-Umfrage nur 16 Verbände negativ im Hinblick auf die weitere Personalentwicklung geäußert. Aktuell geben 23 Verbände einen schlechten Ausblick für die Beschäftigungssituation. Bezeichnend ist, dass dieser Wert etwa der Anzahl entspricht, die sich auch pessimistisch zur weiteren Produktion äußert. Es sind also nicht einfach nur die höheren Löhne, sondern die gesamtwirtschaftliche Situation, von der man wenig Impuls erwartet und die entsprechend weniger Mitarbeiter erfordert.
Sowohl bei der Mittelstandsbefragung von Creditreform im Herbst 2023 als auch jetzt bei den Angaben der Branchenverbände ist eine deutliche Zurückhaltung im Hinblick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung in 2024 zu spüren. Hoffnungen ruhen auf einer Rücknahme der Zinsen bei den Zentralbanken, auf der Dynamik der Weltwirtschaft und schließlich auf einer Konsolidierung der Handlungen der maßgeblichen politischen Akteure.
Quellen: IW Verbandsumfrage 2024, Creditreform Wirtschaftsforschung