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Autoindustrie ausgebremst

Die Automobilindustrie in Deutschland steht unter Druck. Auch wenn im vergangenen Jahr noch Umsatzzuwächse und eine steigende Zahl von Neuanmeldungen zu registrieren waren, mehren sich doch die schlechten Vorzeichen.

Dabei geht es nicht nur um die großen Hersteller, sondern auch und vor allem um die Zulieferer. Der Gesamtbereich der Automobilindustrie, als Automotive bezeichnet, ist in eine Krise geraten, die akut zu vermehrten Insolvenzen, aber auch zu Entlassungen von Mitarbeitern führt. Neben den Auskunfteien sind es die großen Kreditversicherer, die als erstes die Krisensignale zu spüren bekommen. Ende des ersten Quartals 2024 meldeten sich sowohl die Atradius Kreditversicherung als auch die Allianz Trade Deutschland zu Wort.

Branche mit größtem Gewicht

Das Gewicht der Automobilindustrie für die gesamte deutsche Volkswirtschaft ist wohl einmalig: Sie ist die größte Branche des gesamten Verarbeitenden Gewerbes. Und vor allem aufgrund ihrer Verflechtungen mit zahlreichen weiteren Branchen, etwa mit der Elektroindustrie, der Forschung und selbst mit der Finanzierung durch das Leasing, ist sie von erheblicher Bedeutung. Im Jahr 2022 wurden über 500 Mrd. Euro umgesetzt. 2023 legten die Zahlen noch einmal zu. Doch das kommentiert der Automobilspezialist Jens Stobbe von Atradius mit den Worten: „Die Absatzzahlen sind trügerisch, die Situation der deutschen Automobilindustrie verschlechtert sich in diesem Jahr weiter – insbesondere bei den Zulieferern, aber bald auch bei den Herstellern.“ Stobbe sieht die Gründe für das aktuelle Wachstum in einem Nachholeffekt nach Corona und spricht davon, dass der Bestellpuffer nun abgebaut sei.

Atradius beziffert die Risiken. Im Jahr 2023 verzeichnete man bei den Schadensfällen gegenüber dem Vorjahr einen deutlichen Anstieg im Automotive Bereich der Zulieferer. Der Zuwachs bei den Ausfällen lag im „zweistelligen Prozentbereich, wenn auch noch unter 20 Prozent“. Dabei geht es in der Folge nicht nur um ausfallende Forderungen, die zu begleichen sind, sondern letztendlich auch um Insolvenzen. Im Jahr 2023 betrug die Steigerung rund 13 Prozent. Wer nun einwendet, dass dieser Zuwachs doch durchaus auf dem Niveau der Zunahme über alle Branchen hinweg liege, der verkennt die Krisensituation der Autohersteller. Diese ist mit einem Wort zu bezeichnen: Es geht um die „Elektromobilität“ – doch der Weg dahin ist beschwerlich. Auch wenn die Zulassungszahlen gestiegen sind, ist das Ziel von 15 Millionen E-Autos bis 2030 wohl kaum umzusetzen. Hinzu kommt, dass die Förderung durch den Staat im Zuge einer forcierten Umweltpolitik gekippt worden ist.

E-Mobilität ist teuer

Allianz Trade hat eine Studie zur Elektrifizierung der Automobilindustrie vorgestellt. Hier ist man insgesamt optimistischer, sieht aber dennoch die Probleme, die mit diesem Wandel, vor allem bei den Zulieferern einhergehen. Die Kreditversicherer haben dabei allerdings den weltweiten Markt im Blick, für den sie im Jahr 2024 einen Zuwachs von über 30 Prozent prognostizieren. Nach dieser Ansicht wird Europa bei der Entwicklung führend sein. Der Kontinent wird bei den Neuzulassungen sogar über 41Prozent erreichen. Doch auch bei Allianz ist man skeptisch im Hinblick auf die negativen Auswirkungen dieses erhofften Wandels. Beim Elektroauto geht es nicht einfach darum, den Motor zu ersetzen. Die Batterietechnik und die Software spielen eine entscheidende Rolle. Hinzu kommt, dass ein solches Fahrzeug deutlich weniger Teile braucht. Diese Neuerungen aber sind entscheidend von den Zulieferern umzusetzen. Sie geraten also unter besonderen Druck, vor allem, weil die Planungen angesichts der Krisensituation besonders unsicher sind. Dabei geht es nicht nur um Flaggschiffe deutscher Autoindustrie, um Mercedes, BMW und Audi, sondern auch um die anderen großen europäischen Hersteller. Das europäische Bruttoinlandsprodukt wird zu 6 Prozent (in Deutschland sind es fast 8 Prozent) vom Automotive-Sektor getragen und beschäftigt sind hier 6,5 Millionen Menschen.

China ist schneller

Prekär ist die Situation aber nicht nur wegen der technischen Umstellung, sondern auch wegen der neuen Konkurrenz aus China. Die deutschen Hersteller geraten gegenüber den Chinesen mehr und mehr ins Hintertreffen. Der technologische Vorsprung wird aufgezehrt, den Asiaten gelingt es, schneller und profitabler zu arbeiten. Sie drängen mit preisgünstigeren Modellen auf den Markt. Allianz Trade nennt drei Wege, die helfen, aus der Krise zu kommen: Es geht um mehr Innovationen, um eine europäische Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg und schließlich auch um staatliche Unterstützung.

Es werden aber nicht nur die Insolvenzen sein, sondern auch die Arbeitsplatzverluste, die drohen. Von der Beschäftigtenzahl im Automobilsektor war schon die Rede. Bei den Prognosen hebt Allianz darauf ab, dass alleine durch den einfacheren Produktionsweg die Hersteller auf eine große Zahl von Mitarbeitern verzichten werden können. „Da Elektroautos aus weniger Teilen bestehen, rechnen die Analysten von Allianz Trade damit, dass die Hersteller mit 30 Prozent weniger Personal auskommen können. Das gefährdet in der EU 730.000 Arbeitsplätze, 260.000 davon alleine in Deutschland.“ Arbeitsplatzverluste und Insolvenzen begleiten den Wandel zur Elektromobilität – das „Autoland“, als das sich Deutschland gerne bezeichnet, ist gefordert.

Quellen: Allianz Trade Deutschland, Atradius Kreditversicherung, Statistisches Bundesamt



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