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Deutschlands Abschwung in Zahlen

Die deutsche Wirtschaft kommt nicht in Schwung. Nun legt das Statistische Bundesamt die aktuellen Zahlen zur Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes im dritten Quartal 2024 vor und zerschlägt damit letzte Hoffnungen auf zumindest ein Miniwachstum.

Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres sind aktuell im Herbst plus 0,1 Prozent zu registrieren. Das BIP dümpelt an der Nulllinie. Das war bereits im Vorjahr so und die Veränderungen in den Quartalen lagen in den letzten beiden Jahren zwischen minus 0,4 und plus 0,2 Prozent. Da sind sich alle Forschungsinstitute, Verbände und politischen Player einig: Der Wirtschaft in Deutschland geht es schlecht. Die größte Volkswirtschaft in der Europäischen Union rückt ans Ende des Rankings, wenn es um die Erholung der Konjunktur geht. Die wirtschaftliche Entwicklung lag im Vergleich in Deutschland mit plus 0,1 Prozent im dritten Quartal unterhalb der Gesamtentwicklung in der EU mit plus 0,3 Prozent. Die USA liegen mit einem Plus von 0,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal noch einmal deutlich über dem Wert von Europa.

Schlechte Stimmung

Der ifo-Geschäftsklimaindex ist im November 2024 wieder gesunken. Er liegt bei 85,7 Punkten, nachdem im Oktober noch 86,5 Punkte genannt wurden. Es war vor allem die schlechtere Beurteilung der aktuellen Lage bei der Befragung der Unternehmen, die sich negativ ausgewirkt hat. Dabei ist anzumerken, dass auch die Beurteilungen zu den Geschäftserwartungen, die zusammen mit den Angaben zur aktuellen Lage den Gesamtindex bilden, eng mit den Prognosen zusammenhängen. Die Linien für Geschäftserwartungen und für die Geschäftslage verlaufen auf einer Höhe – auch das Prinzip Hoffnung zeigt keinen Lichtblick. In drei der vier Hauptwirtschaftsbereiche kommt es zu teilweise deutlichen Verschlechterungen. Nur der Handel, sowohl der Groß- als auch der Einzelhandel, konnte ein wenig beim ifo-Geschäftsklimaindex aufsatteln. „Von einer positiven Stimmung sind die Unternehmen aber noch sehr weit entfernt“, schreiben die Münchner Konjunkturforscher. Ein Klimaindex ist ein Indikator, der die Stimmung der Befragten wiedergibt. Spielt also an dieser Stelle der bekannte deutsche Pessimismus eine Rolle?

Die harten Zahlen

Das Statistische Bundesamt, das maßgeblich für die Berechnung des Bruttoinlandsproduktes ist, gibt in diesem Zusammenhang weitere objektive Werte an, die helfen, die aktuelle Situation zu beurteilen. Die Bruttowertschöpfung für die einzelnen Wirtschaftsbereiche, aus der sich das gesamte BIP zusammensetzt, ist in fast allen Branchen negativ ausgefallen. Die stärksten Rückgänge gegenüber dem Vorquartal weisen das Verarbeitende Gewerbe mit minus 1,4 Prozent und das Baugewerbe mit minus 1,2 Prozent auf. Bei den Kraftfahrzeugen gab es in der Produktion ein leichtes Plus, während Chemie und Maschinenbau weiter rückläufig waren. Mit Ausnahme der Versicherungsdienstleister und den Sektoren Information und Kommunikation gab der Dienstleistungsbereich positive Signale im Quartalsvergleich. So legten die öffentlichen Dienstleister, Erziehung und Gesundheit um 1,3 Prozent zu, die sonstigen Dienstleister um 0,6 Prozent und selbst der Logistiksektor und das Gastgewerbe wiesen ein hauchdünnes Plus von 0,1 Prozent auf.

Markant sind die Schwächen beim Investitionsverhalten der Unternehmen. Auch im dritten Quartal wurde wie in den beiden Vorquartalen weniger investiert. Bei den wichtigen Ausrüstungsinvestitionen sank das dritte Quartal um 5,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Investitionen im Wohnungsbau waren besonders schwach. Insgesamt legte der Bau bei den Investitionen ein Minus von 2,6 Prozent vor.

Die Erweiterung geht meist einher mit der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze. Bei schwachen Investitionen kann sich die Erwerbstätigkeit kaum positiv entwickeln. Deutschland zählt im Herbst 2024 gut 46 Millionen Erwerbstätige – gegenüber dem Vorquartal sind das 45.000 Beschäftigte weniger. Diese Zahl wird sich wohl ändern – allerorten ist von großen Unternehmen zu hören, dass sie sich im Zuge schwacher Produktion von Beschäftigten trennen müssen. Der Arbeitsmarkt wird sich wohl weiter eintrüben. Dabei lagen die Löhne und Gehälter 2024 um 5,3 Prozent höher als im Vorjahr. In welche Starre Deutschland verfallen ist, zeigen die Konsumausgaben. Gegenüber 2023 haben diese nur um 2,7 Prozent zulegen können, die Sparquote aber erreicht mit einem Wert von 10,6 Prozent des verfügbaren Einkommens eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahreswert von 9,4 Prozent. Trotz der guten Entwicklung fällt der Schritt zu höheren Geldausgaben schwer. Zu groß ist die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust und der wirtschaftlichen Zukunft insgesamt. Anzufügen ist noch, dass die Unternehmer- und Vermögenseinkommen um 8,1 Prozent gesunken sind – auch dies ist eine Zahl, die zusammen mit der Investitionsschwäche zu lesen ist.

So wird weiter gemahnt

Der Sachverständigenrat zur Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, kurz die „Fünf Wirtschaftsweisen“ genannt, sagt dazu: „Die anhaltende Wachstumsschwäche legt nahe, dass die deutsche Wirtschaft von konjunkturellen wie auch von strukturellen Problemen ausgebremst wird.“ Die Weisen hatten für dieses Jahr noch ein leichtes Wachstum prognostiziert. Mit entsprechender Vorsicht ist also die Aussage zu nehmen, dass im Jahr 2025 eine Steigerung um 0,9 Prozent möglich sei. Es handelt sich bei der aktuellen Misere um ein Problem, das für Deutschland immer schon bestimmend war. Es ist kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem, das die aktuelle Lage bestimmt. Der Dichter Friedrich Hölderlin hat es schon vor über 200 Jahren beschrieben: „Denn, ihr Deutschen, auch ihr seid tatenarm und gedankenvoll.“ Der SVR-Vorsitzende Schnitzer sagt es weniger poetisch: „In Deutschland gab es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Versäumnisse in der Politik und in der Wirtschaft.“ Die Verkehrsinfrastruktur, die Verteidigung und die Schulbildung, Gebiete deren Nutzen erst in der Zukunft fruchtbar wird, bedürfen dringend eines Anstoßes. Der Kanzler, der für die Regierung das Gutachten in Empfang nahm, sprach davon, wie wichtig jetzt Wachstumsinitiativen seien. Das ist bekannt, möchte man sagen.

Quellen: Destatis, DIW, ifo Institut, IW



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