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Lieferkettengesetz - die nächste Runde

Das deutsche Lieferkettengesetz steht vor der Tür. Zum Anfang des nächsten Jahres soll es Wirklichkeit werden. Dann sind alle größeren Unternehmen verpflichtet, ihre Lieferanten weltweit zu prüfen.

Von den Menschenrechtsorganisationen, den Gewerkschaften und den christlichen Kirchen wurde das Gesetz begrüßt. Auch wenn grundsätzlich Einigkeit darüber besteht, dass eine Regelung notwendig ist, kam auf der anderen Seite jedoch etwa von Arbeitgeberverbänden oder aus den Unternehmen einige Kritik. Vor allem wurde gefordert, dass Deutschland keinen Alleingang unternehme, sondern nur eine gesamteuropäische Initiative – schon aus Wettbewerbsgründen – Sinn mache. Nun liegt ein Richtlinienentwurf der EU-Kommission vor, der allerdings deutlich strenger gefasst ist als das deutsche Gesetz.

Es trifft auch den Mittelstand

Die Europäische Kommission zielt besonders auf kleinere Unternehmen ab. Nach ihren Vorstellungen sollen bereits Firmen ab 500 Beschäftigten kontinuierlich kontrollieren, ob ihre Zulieferer gegen die gesetzten Standards verstoßen. 500 Beschäftigte, das betrifft wohl rund 17.000 Unternehmen in der Europäischen Gemeinschaft. Diese Grenze bei der Zahl der Mitarbeiter kann allerdings je nach Branche auch weiter nach unten verschoben werden. So gilt die Zahl von 250 Mitarbeitern schon, wenn es etwa um den Abbau von Bodenschätzen geht oder die Produktion von Textilien. Die EU begründet dies mit dem höheren Risiko von Verletzungen des Umweltschutzes und der Menschenrechte in diesen sensiblen Bereichen. Das Europaparlament spricht aus, dass es in dem länderübergreifenden Entwurf eine Verbesserung sieht: „Der Entwurf der Kommission geht viel weiter als das deutsche Gesetz. So soll eine Haftungsklausel beinhaltet sein, damit Opfer leichter Zugang zu Gerichten haben. Das ist gut so, denn um wirklich einen Effekt zu haben, brauchen wir ein Lieferkettengesetz ohne Schlupflöcher“. Die EU will höhere Sorgfaltsstandards einführen. Die Unternehmen sollen prüfen, woher die Vorprodukte stammen, ob es im Zusammenhang mit Sklavenarbeit oder Kinderbeschäftigung zu Menschenrechtsverletzungen kam und schließlich die Folgen für das Klima und die Umwelt kontrollieren. Dies gilt für sämtliche Unternehmen, die als Zulieferer im Herstellungsprozess involviert sind.

Schon das vorliegende deutsche Gesetz, das am ersten 01.01.2023 in Kraft tritt, sieht ein systematisches Risikomanagement vor und damit zusammenhängend eine elektronische Berichterstattung an eine Bundesbehörde. Die Angaben werden zumindest stichprobenartig überprüft und im Verdachtsfall wird die Plausibilität unter die Lupe genommen. Im Grunde sind die Vorschriften eine Ergänzung bereits bestehender Compliance-Vorgaben. Die Befürchtungen, dass die engmaschigen Regelungen zu hohen Bürokratiekosten für die Unternehmen führen werden, zerstreut die EU mit einer Zahl von 0,009 Prozent des Umsatzes, die nach ihrer Ansicht für Großunternehmen zu Buche schlagen. An dieser Stelle wird allerdings die ganze Problematik der europäischen Regelung deutlich. Kleine und mittlere Unternehmen brauchten sich bisher keine Gedanken zu machen, aber mit der Herabsetzung der Zahl der Beschäftigten auf mehr als 500, teilweise sogar 250 Mitarbeiter, wird die Kosten- und Aufwand-Dimension auch für Mittelständler prekär.

Ethische Normen wegweisend

Grundsätzlich besteht kein Zweifel daran, dass der Einkauf deutscher Unternehmen im Hinblick auf Menschenrechtsverletzungen und Umweltschutz auf den Prüfstand zu stellen ist. Auch die Vereinten Nationen oder die Welthandelsorganisation WTO stehen hinter den Forderungen nach einer solchen Kontrolle. Deutschland steht an dritter Stelle weltweit, wenn es um den Import und Export geht. 2018 importierten 775.000 Unternehmen hierzulande und erzielten damit einen Umsatz von 1,1 Billionen Euro. Ein freiwilliges Engagement der Unternehmen war nicht zu erwarten. Als man 2019 fragte, was die Unternehmen für den fairen Handel getan hätten, haben von den 3.000 angefragten Unternehmen überhaupt nur 400 geantwortet und davon hatte nicht einmal jedes fünfte Unternehmen die Anforderungen auch erfüllt. Angesichts der engen Verknüpfung Deutschlands im internationalen Kontext, also auch beim Import von Rohstoffen sowie Halbwaren und auch im Zusammenhang mit dem abwartenden Verhalten bei der Befragung ist im internationalen Kontext eine Regelung nötig. Das bestreitet auch niemand. Wohl nicht zu Unrecht aber besteht Kritik an den einzelnen zu weitgehenden Vorschriften. Das betrifft einmal die Unternehmensgröße, da kleinere Unternehmen im Hinblick auf die Kontrolle ihrer Lieferanten vor fast unüberwindlichen Hindernissen stehen. Auf der anderen Seite dürfen allzu scharfe Regelungen bei der Berichterstattung und der Terminierung der Vorgaben einen zu hohen kostenträchtigen Aufwand erfordern.

Aktuell sind die Lieferketten ins Gespräch gekommen. Die Pandemie und manche Sonderfaktoren haben dafür gesorgt, dass Lieferungen unterbrochen wurden und Herstellungsprozesse, etwa in der Autoindustrie, lahmgelegt waren. Hinzu kommen die Preissteigerungen beim Einkauf, die inflationstreibend wirken und die Kosten auch für den Endabnehmer deutlich erhöht haben. Angesichts dieser Probleme ist gut zu verstehen, dass die Unternehmen sich nur ungern weitere Hürden errichten lassen, welche die Krise im Supply-Chain-Management noch beschleunigen.



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