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Luxusgut "Wohnraum"?

Mein Porsche! Meine Rolex! Meine 2-Zimmer-Küche-Bad-Mietwohnung? Wohnraum wird von einem knappen zu einem Luxusgut.

Eigentlich sollten pro Jahr 400.000 neue Wohnungen gebaut werden. Davon ist Deutschland weit entfernt. Das hat viele Ursachen. Die Bauwirtschaft jedenfalls leidet. Ausdruck der Krise sind nicht nur die großen Insolvenzen von Immobilienkonzernen in Deutschland und Asien – Evergrande und die Signa-Gruppe. Neben der Bauindustrie richtet sich die Aufmerksamkeit auch auf das mittelständisch geprägte Baugewerbe. Insolvenzen sind das böse Ende einer Talfahrt, die markiert ist von betrieblichen Schwierigkeiten und den Problemen des wirtschaftlichen Umfeldes. Wie steht es um die betrieblichen Kennzahlen, um Umsätze und Finanzierungsstrukturen? Was bewirken steigende Zinsen und ein Mangel an öffentlicher Förderung? Und wie steht es um die Insolvenzen?

Die Analyse von Creditreform zur Konjunktur und Finanzierung im Mittelstand aus dem Herbst 2023 hatte nach den Erwartungen für das nächste halbe Jahr, also bis zum März 2024 gefragt. Der Bau hegte unter allen Wirtschaftsbereichen die geringste Zuversicht. Nur 18,2 Prozent der Befragten glaubten an eine Umsatzsteigerung, während 21,7 Prozent sinkende Umsätze für die Zukunft befürchteten. Damit befindet sich die Hoffnung bei den Umsätzen im Minusbereich. Der Bau leidet ganz besonders unter dem Fachkräftemangel. So gab man sich im Herbst 2023 noch überdurchschnittlich einstellungswillig. 23,6 Prozent der Baubetriebe wollten ihren Personalbestand aufstocken und nur 7,4 Prozent hatten vor, ihn zu verkleinern. Im gesamten Mittelstand waren nur 21,7 Prozent im Hinblick auf weiteres Personal positiv gestimmt, während 9,5 Prozent vorhatten, mit einem kleineren Mitarbeiterstamm auskommen zu wollen. Damit bewegt sich die Bauwirtschaft in einem Spannungsfeld, das einerseits von einem Mangel an Fachkräften und andererseits von einem Kapazitätsabbau, der mit einem Personalabbau einhergeht, geprägt ist. Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), der eine mittelständische Klientel vertritt, spricht von einem Verlust von 30.000 Arbeitsplätzen. Eigentlich müsste die Krise im Wohnungsbau, die zu teuren Mieten und überhaupt zu einem Mangel an Wohnungen führte, den Bau beflügeln. Die Bundesregierung hat angekündigt, 400.000 Wohnungen pro Jahr schaffen zu wollen – nach Schätzungen von Banken und Verbänden wird es bis 2025 aber wohl nur 200.000 neue Wohnungen im Jahr geben.

Bauen wurde teurer

Weitere Zahlen machen die Krise der Bauwirtschaft, die eine Krise im Wohnungsbau ist, deutlich. Knapp 240.000 Genehmigungen für Wohnungen wurden erteilt – das ist ein Rückgang von 26 Prozent gegenüber 2022. Am ausgeprägtesten ist dieses Minus bei den Zweifamilienhäusern mit über 49 Prozent. Darauf folgen aber auch schon Einfamilienhäuser mit 38,6 Prozent. Dieser Rückgang wurde ausgelöst von der Inflation und den Gegenmaßnahmen mit der Zinserhöhung durch die EZB. Vorausgegangen war dem eine beispiellose Entwicklung bei den Immobilienpreisen, die dazu führte, dass in Ballungsgebieten Preise für Eigentumswohnungen und Häuser in manchen Jahren zweistellig wuchsen. Dann stiegen im Zug der allgemeinen Zinserhöhungen auch die Kosten für die Finanzierung des Eigenheims. Das wurde auch nicht dadurch kompensiert, dass nun zum ersten Mal seit langer Zeit die Preise bröckeln. Die Banken wurden vorsichtiger mit der Vergabe von Krediten sowohl für den privaten „Häuslebauer“ als auch für das Bauunternehmen. Hinzu kam eine ebenfalls inflationäre Preissteigerung beim Einkauf der Baumaterialien. Bauen wurde teurer, die Aufträge gingen zurück. Nur der auf staatliche Initiative zurückgehende Tiefbau konnte innerhalb der gesamten Bauwirtschaft noch ein Plus erwirtschaften.

Weniger Ertrag – auch durch Forderungsausfälle

Wie schwierig die Finanzierung für einen Baubetrieb geworden ist, zeigt auch die Creditreform Befragung. Steigende Erträge erwarteten nur 13,8 Prozent der Befragten – deutlich weniger als der Durchschnitt des gesamten Mittelstands mit 19,6 Prozent. Fast jeder Dritte fürchtete Ertragsrückgänge bis zum Frühjahr 2024. In der Baubranche gibt es die höchste Zahl von unterkapitalisierten Betrieben mit weniger als 10 Prozent Eigenkapitalquote (35,1Prozent). Lange Forderungslaufzeiten prägen den Bau, wobei 2,5 Prozent der Befragten angaben, dass sie über 90 Tage auf das Begleichen einer fälligen Rechnung warten mussten. In dieser schwierigen Lage tun Forderungsverluste ein Übriges, um ein Unternehmen in die Schieflage zu bringen. Gerade hohe Forderungsverluste von über einem Prozent des Umsatzes haben 2023 im Bau wieder zugenommen. 8,9 Prozent hatten letztes Jahr darunter zu leiden – 2022 waren es noch 8,2 Prozent.

Knapp 3.000 Insolvenzen hat die Bauwirtschaft 2023 erlitten. Allerdings ist an dieser Stelle anzumerken, dass die Insolvenzen für alle Branchen mit zweistelligen Zunahmen zurückgekehrt sind. Wie groß die Insolvenzproblematik dennoch in der Bauwirtschaft ist, zeigt die Insolvenzquote, die Zahl der Insolvenzen pro 10.000 existierende Betriebe eines Wirtschaftsbereichs. Im Bausektor waren es 81 Pleiten pro 10.000 Unternehmen – gegenüber 60 in der Gesamtwirtschaft. Diese Quote hat deutlich zugenommen, denn sie lag 2022 für den Bau noch bei 67 Insolvenzen pro 10.000 Betriebe.

Jetzt ruhen die Erwartungen auf einer Entspannung bei den Zinsen, vor allem aber auf weiteren Fördermaßnahmen durch die Regierung, deren erste Aktivitäten nach Aussage der Verbände bereits einen „Hoffnungsschimmer“ darstellen.

Quellen: Creditreform, Statistisches Bundesamt, Zentralverband des Deutschen Baugewerbes



Creditreform Kempten/Allgäu Winterstein KG