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Meyer Werft: Milliarden-Rettung im Bermuda-Dreieck?

Nach eigener Aussage ist die Meyer Werft eine der größten und modernsten Werften der Welt, auf der seit Jahrzehnten Kreuzfahrtschiffe für internationale Reedereien entstehen. Und die Auftragsbücher sind durchaus gefüllt.

Doch die Krise bei den Kreuzfahrten, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, hat dem Traditionsunternehmen, das seit 1795 besteht, den Wind aus den Segeln genommen. Kredite waren zu verlängern und die Finanzierung geriet in eine Schieflage. Es war die Rede davon, dass bis Mitte September frisches Geld nötig sei, um die Werft über Wasser zu halten. Schon vorher hatten Entlassungspläne oder die Verlegung des Unternehmenssitzes 2015 nach Luxemburg für Diskussionen gesorgt. Nun aber wurde es eng – ist der Schiffbauer noch zu retten?

Kanzler verspricht Hilfen

Kanzler Scholz ließ es sich nicht nehmen, zur Betriebsversammlung nach Papenburg zu fahren und zu verkünden, dass die Existenz der Meyer Werft gesichert sei. Olaf Scholz ging sogar so weit, vor der Belegschaft zu sagen, dass es nie eine Frage gewesen sei, ob der Bund helfe. Er führte an, Deutschland als drittgrößte Wirtschaftsnation müsse dieses „industrielle Kronjuwel“ retten. Dabei geht es bei der Hilfsaktion nicht nur um den Bund. Abstimmungen sind mit dem Haushaltsausschuss des Bundestages und mit dem Landtag in Niedersachsen durchzuführen. Hinzu kommen Gespräche mit den Banken und schließlich mit der EU-Kommission, die bei solchen Unterstützungen ebenfalls grünes Licht geben muss. Die Politik aber bringt sich nicht nur ein, weil die Werft konkurrenzfähig und noch mit laufenden Fertigstellungen von Großaufträgen beschäftigt ist, sondern weil im Emsland das Unternehmen ein wichtiger Arbeitgeber ist. Es sind rund 3.500 Beschäftigte und insgesamt (nach Schätzungen) rund 18.000 weitere Arbeitsplätze abhängig von der Existenz der Werft. Es geht wieder einmal um große Summen: Der Bund und das Land Niedersachsen bürgen jeweils für 900 Mio. Euro. Außerdem wird das Eigenkapital mit einem Betrag von 400 Mio. Euro aufgestockt. Man geht noch weiter als bei anderen Hilfsaktionen – man fühlt sich an Bankenrettungen in der Finanzkrise erinnert – und wird mit bis zu 90 Prozent der Anteile zum Eigentümer; die Meyer Werft als Staatskonzern.

Nun ist die Eignerfamilie in Zukunft bis 2027 nur noch mit einem Sitz im Aufsichtsrat vertreten. Dann kann sie zurückkaufen, wird aber Zinsen zu zahlen haben. Immerhin bleibt der Familie noch der zweite Standort in Turku (Finnland). Die Zeitspanne hängt auch damit zusammen, dass rund vier Jahre bis zur Fertigstellung eines großen Schiffes vergehen und die Zeit sowie Materialien vorfinanziert werden müssen. Nun fehlt es nicht an Kritik an dieser Rettungsmaßnahme. Ganz grundsätzlich ist daran zu erinnern, dass Insolvenzen Teil des marktwirtschaftlichen Geschehens sind. Unternehmen, die zahlungsunfähig sind oder dicht vor der Zahlungsunfähigkeit stehen, sollten nur in Ausnahmefällen an den Tropf mit Steuergeldern gehängt werden. Das jüngste schlechte Beispiel ist die Pleite von GALERIA, wo nun mit öffentlicher Hilfe zum dritten Mal versucht wird, sich wieder am Markt zu platzieren. Der Ausgang ist mehr als ungewiss.

Es fehlt nicht an Kritik

Der Präsident des Münchner Ifo Instituts, Clemens Fuest, bringt es auf den Punkt: „Es ist nicht die Aufgabe des Staates, angeschlagene private Unternehmen vor der Insolvenz zu retten. Staatliche Rettungen kann man allenfalls in Situationen gesamtwirtschaftlicher Krisen rechtfertigen, in denen Kapitalmärkte gestört sind.“ Tatsächlich bleibt zu fragen, warum keine privaten Investoren ein Engagement gezeigt haben. Fuest weiter: „Wenn das Geschäftsmodell aussichtsreich ist, werden sich private Investoren finden.“ Aber auch andere Wirtschaftsfachleute sehen den öffentlichen Einsatz kritisch. So lässt die Tagesschau den Hamburger Ökonomen Max Johns zu Wort kommen, der ausführt: „Der Staat kann sinnvollerweise aus drei Gründen einsteigen. Um Arbeitsplätze, Technologie oder die Sicherheit des Landes zu sichern.“ Auch wenn das Unternehmen für die Marine arbeitet, kann nicht die Rede davon sein, dass möglicherweise bei einem ausländischen Investor, etwa durch „Brain Draining“, Deutschland gefährdet sei. Im vorliegenden Fall geht es wohl ausschließlich um den Erhalt von Arbeitsplätzen, auch wenn im Zuge der Sanierung Hunderte von Stellen gestrichen werden.

Hervorragende Auftragslage

Mitten in der Krise erhält die Meyer Werft den größten Auftrag ihrer Geschichte. Der amerikanische Disney-Konzern, der auch Kreuzfahrten veranstaltet, ordert vier Schiffe, die bis 2031 fertigzustellen sind. Die Schieflage in der Finanzierung hängt mit den branchenspezifischen langen und zu finanzierenden Fertigstellungszeiten zusammen, aber eben auch damit, dass Corona die Tourismusbranche mit ihren Kreuzfahrtschiffen hart getroffen hat. Touren mussten abgesagt werden, ein Zusammenleben auf knappem Raum war in Zeiten hoher Ansteckungsgefahr nicht mehr möglich. Der Tourismus erholt sich – das gilt auch für Kreuzfahrten. 2023 haben 31 Mio. Menschen eine Kreuzfahrt gebucht – das sind mehr als in den Zeiten vor Corona.

Aber es kommt noch ein weiterer Faktor hinzu, der Deutschlands Wirtschaft insgesamt betrifft. Durch die Inflation kam es bei den Material- und Einkaufspreisen zu massiven Erhöhungen und zusätzlich steigen die Löhne. Ein Argument für die Rettung ist wohl, dass es hier um die Überbrückung einer Notlage geht und nicht um strukturelle Probleme, wie sie andere Werften haben. Auf immerhin 11 Mrd. Euro summieren sich die Aufträge von Kreuzfahrtschiffen, einem Forschungsschiff sowie für Offshore-Konverterplattformen. Das alles wird die aktuelle Finanzierungslücke wohl mehr als ausfüllen. Und bei anderen Hilfszahlungen, etwa bei der Lufthansa, hat der Staat nach erfolgreicher Sanierung noch einige Zinseinnahmen verbuchen können.

Quellen: Tagesschau, Tagespresse



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