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Trotz der Krise wenig Ausfälle

Die Creditreform Unternehmensgruppe erstellt nicht nur alljährlich den SchuldnerAtlas, der über die Überschuldungslage der Verbraucher Aufschluss gibt, sondern zeigt auch in einer „Default Study“ die Ausfallraten der Unternehmen in Deutschland.

Die Creditreform Rating AG beschreibt in dieser Studie die Stabilität aller Betriebe in Deutschland. Es handelt sich also nicht um Hochrechnungen oder repräsentative Befragungen, sondern um eine vollständige Erhebung zum Unternehmensbestand. Datenbasis sind 2,51 Millionen Betriebe, die wirtschaftsaktiv in der Creditreform Datenbank enthalten sind. Ausfälle, das sind Basel-konforme harte Negativmerkmale in Form eines unternehmerischen Insolvenzverfahrens, eines Regelinsolvenzverfahrens von unternehmerisch tätigen Personen oder weitere gerichtsnotorische Merkmale. Als Ausfall werden darüber hinaus auch Zahlungsverzüge von mehr als 90 Tagen gewertet und eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen auf Dauer nicht nachkommen kann. Stichtag für die Untersuchung war der 31.12.20.

Angesichts der makroökonomischen Probleme, welche die Pandemie mit sich brachte und deren beredter Ausdruck der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5 Prozent war, klingt es zunächst verwunderlich: Die Ausfallraten für die deutschen Unternehmen sind im Krisenjahr 2020 sogar gefallen. Die Entwicklung der Ausfallraten seit 2009 und dem Höhepunkt in der Finanzkrise verzeichnet einen kontinuierlichen Rückgang. Dieser Rückgang war 2020 besonders ausgeprägt – er lag bei 1,14 Prozent. Das bedeutet, dass 28.568 Firmen Negativmerkmale bzw. schwerwiegende Zahlungsverzüge mit der Gefahr eines Totalausfalls vorwiesen. Im Jahr 2009 lag er fast doppelt so hoch bei 2,17 Prozent. Aber auch gegenüber dem Vorjahr war 2020 die Ausfallquote deutlich geringer – 2019 lag sie bei 1,36 Prozent. Mit diesem Wert unterschritt die Ausfallrate den Durchschnitt der letzten 10 Jahre um 0,48 Prozentpunkte.

Staatliche Hilfe wirksam

Die Ausfallrate erscheint damit angesichts der Krise der Volkswirtschaft geradezu paradox. Doch zeigt ein Blick auf die zahlreichen Hilfsmaßnahmen, die von der Regierung sehr schnell und umfassend zur Verfügung gestellt wurden, wie es zu einer Erholung bei den Ausfallraten auch im Zeichen von Corona kommen konnte. Das reicht von der Kurzarbeiter-Regelung, die eine Massenarbeitslosigkeit vermeiden half, über direkte Zahlungen zur Liquiditätssicherung und Steuerstundungen bis zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Gegen die gesamte volkswirtschaftliche Situation konnten die Betriebe vielfach sogar ihre Fremdfinanzierung ausweiten und selbst in schwierigen Branchen Umsatzeinbußen überstehen. Garantien standen zur Verfügung.

Ein Blick auf die Unternehmensgrößen bei den Ausfällen zeigt ein differenziertes Bild. Während gerade kleinere Betriebe mit einer Umsatzgröße von bis zu 0,5 Mio. Euro sich 2020 gegenüber dem Vorjahr besonders erholt zeigten (Ausfallrate 2020: 1,18 Prozent; 2019: 1,42 Prozent), nahm sie bei den größeren Firmen zu. Bei den Betrieben in einer Umsatzgröße zwischen 50 und 250 Mio. Euro und mehr ist es 2020 zu einem Anstieg bei den Ausfällen gekommen, der besonders hoch lag. Er kletterte von 0,43 Prozent im Jahr 2019 auf 0,76 Prozent im Berichtsjahr. Und selbst der Ausfall bei den Großunternehmen legte zu – von 0,4 auf 0,6 Prozent. Dabei bleibt es grundsätzlich dabei, dass die Ausfälle mit der Unternehmensgröße sinken, dass also kleinere Unternehmen stärker von Ausfällen durch Insolvenz und Zahlungsausfall betroffen sind.

Von Grundstoffindustrie bis Spedition

Wenig verändert zeigen sich die Ausfälle von Unternehmen im Hinblick auf die Entwicklung in den wichtigsten Branchen. Nach wie vor weisen die Grundstoffindustriebetriebe die wenigsten Ausfälle vor – in 2020 lag der Anteil bei 0,58 Prozent. Ungebrochen ist auch die gute Entwicklung der Stabilität im Konsumgütersektor mit 0,93 Prozent, bei der Chemie- und Kunststoffindustrie mit 0,97 Prozent und bei den unternehmensnahen Dienstleistern mit 1,05 Prozent Ausfall. Die stärksten Ausfälle sind nach wie vor im Bereich „Verkehr und Logistik“ zu finden, der 2,23 Prozent seines Unternehmensbestands durch Insolvenz und Zahlungsunfähigkeit verliert. Selbst in den Branchen „Einzelhandel“ und „konsumnahe Dienstleistungen“ kommt es zu einer weiteren Konsolidierung und einer Abnahme der Default Rate, was angesichts der Probleme durch den Lockdown und mangelndem Kundenkontakt verwundern kann. Einmal mehr ist auch an dieser Stelle auf die staatlichen Hilfsmaßnahmen zu verweisen. Der Einzelhandel weist eine Ausfallrate von 1,16 Prozent auf, beim konsumnahen Dienstleistungssektor sind es 1,32 Prozent.

Wie der SchuldnerAtlas für die Verbraucherüberschuldung, so weist auch die Default Study für die Unternehmen regionale Zahlen auf. Der Blick auf die Situation in den Bundesländern zeigt eine deutlich schwierige Lage für das Überleben der Unternehmen in Berlin und in Bremen. In Berlin beträgt die Ausfallrate 1,75 Prozent und in Bremen 1,63 Prozent. Während Hessen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen mit weitem Abstand auf die beiden Spitzenreiter folgen, kommen die übrigen Länder auf deutlich geringere Default Rates. Mit 0,83 bzw. 0,86 Prozent ist die Unternehmenslandschaft in Thüringen und Sachsen am solidesten aufgestellt. Unter regionalen Gesichtspunkten noch ein Blick auf die Landkreise: Während die ländlichen Gebiete etwa im Saale-Orla-Kreis im Main-Spessart-Kreis oder im Oberallgäu Ausfälle zwischen 0,40 und 0,47 Prozent hinzunehmen haben, liegen die Problemkreise mit den höchsten Ausfallraten 2020 mehr als fünfmal so hoch. Dies betrifft Offenbach. Groß-Gerau, und Bottrop mit 2,29, 2,22 und 2,21 Prozent Ausfall.

Durchgängig verbessert zeigt sich auch die Unternehmensstabilität nach Altersklassen. Dabei bleibt es dabei, dass gerade junge Unternehmen zwischen zwei und fünf Jahren die meisten Ausfälle aufweisen. Während es bei Unternehmen, die über zehn Jahre alt sind, nur in 0,65 Prozent zu einem Ausfall kommt, sind es bei den Betrieben, die zwischen zwei und fünf Jahre alt sind, 2,42 Prozent.

Angesichts der ruhigen Lage bei der Unternehmensstabilität, geprägt von einem weiteren Rückgang der Ausfälle, ist mit dem Verweis auf die fiskalischen Hilfsmaßnahmen zu fragen, was passiert, wenn diese ausbleiben. Es bedarf schon eines kräftigen konjunkturellen Wiederaufschwungs, um die Lücke, die das Ausbleiben der Hilfen schafft, auszugleichen. Angesichts der Mutationen des Virus und des steilen Anstiegs der Inzidenzen sowie der Probleme der Lieferketten braucht es schon viel Zuversicht, dass die Ausfälle von Unternehmen ihre gute Entwicklung auch in Zukunft fortschreiben werden.

Quelle: Creditreform Rating AG, Default Study 2020



Creditreform Kempten/Allgäu Winterstein KG