Presse, Fachbeiträge & Neuigkeiten

Hier finden Sie eine Übersicht unserer aktuellsten Veröffentlichungen.

Creditreform Magazin

Elektromobilität - Der E-Auto Boom bröckelt

Elektroautos galten bislang als guter Deal: Im Betrieb günstig und dank staatlicher Förderung in der Anschaffung konkurrenzfähig. Mit steigenden Strompreisen und sinkender Förderung ändert sich diese Rechnung. Wann lohnen sich E-Autos in der Flotte noch?

Wenn Deutschlands größter Autobauer VW seine Strategie ändert, dann horcht die Branche auf. So wie Ende 2022, als sich VW-Chef Oliver Blume in einer Rede auf der Hauptversammlung zwar voll zum Umstieg auf Elektromobilität bekannte, aber gleichzeitig Verbrennermotoren noch eine Zukunft attestierte, wenn sie mit sogenannten E-Fuels betrieben werden. Diese Kraftstoffe werden synthetisch mithilfe von Strom aus Wasser und CO2 hergestellt. Stammt der Strom aus erneuerbaren Quellen und das CO2 aus der Atmosphäre sind E-Fuels theoretisch klimaneutral. Zwar verbraucht der Prozess sehr viel mehr Strom als das Laden eines Elektroautos, doch zwischen den Zeilen klang in Blumes Botschaft durch: So ganz gibt VW die Verbrenner noch nicht verloren.  

Der Schwung auf dem E-Auto-Markt lässt nach

Dabei sollte das Jahr 2023 doch die Wende bringen, weg von Autos mit Diesel- und Benzinmotoren, hin zu im Betrieb sauberen Elektroantrieben. Kurz vor dem Jahreswechsel knackten die Zulassungszahlen endlich die schon von Angela Merkel für 2020 ausgerufene Marke von einer Million batteriebetriebenen Pkw auf deutschen Straßen. Ein kleiner, wenn auch verspäteter Etappensieg für die Mobilitätswende. Geht es nach der Ampelkoalition sollen in sieben Jahren bereits 15 Millionen Elektroautos in Deutschland fahren. Doch der Schwung hat wieder nachgelassen. Für das Jahr 2023 geht der Verband der Automobilindustrie in seiner Prognose davon aus, dass der Anteil von E-Pkw an den gesamten Pkw-Zulassungen um drei Prozentpunkte auf 28 Prozent sinken wird. Benjamin Kibies, Senior Analyst beim Marktforschungsinstitut Dataforce, blickt gesondert auf den Flottenmarkt: „Wir erwarten, dass sich die starke Dynamik von Ende 2022 nicht in 2023 fortsetzen wird“, sagt er. „Das hat aber auch damit zu tun, dass wir im November und Dezember extreme Vorzieheffekte gesehen haben, bevor die Förderung umgestellt wurde. Das fehlt in diesem Jahr.“ Alles in allem geht Dataforce davon aus, dass die Schwelle von zwei Millionen Elektroautos in Deutschland erst 2025 überschritten wird.  

Die Ursachen sind vielfältig. Da ist die Weltpolitik, die die Energiepreise steigen lässt. Das spüren die Kunden: Wer 2021 laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft noch für rund 32 Cent pro Kilowattstunde geladen hat, zahlt dafür inzwischen gut 48 Cent. Auch die Hersteller merken dies und preisen es entsprechend ein. Vor allem die Batterieproduktion ist energieintensiv und teuer. Sie verschlingt etwa 40 Prozent der Produktionskosten eines Elektroautos. Entsprechend schlägt es auf den Gesamtpreis durch, wenn die Batterieherstellung aufgrund steigender Strompreise teurer wird.  

Die Modellvielfalt bei Elektroautos wächst

Im Schnitt kosten Stromer immer noch mehr als Verbrenner. Hoffnung macht lediglich, dass die Zahl der verfügbaren Elektro-Modelle und -Marken stetig steigt. „Wir erwarten für 2023 insgesamt 72 neue Elektro-Modelle, das sind mehr als doppelt so viele wie 2022“, sagt Kibies. Dagegen kämen nur 34 neue Verbrenner-Modelle auf den Markt.  

Mit zunehmendem Wettbewerb könnten auch die Kaufpreise sinken oder zumindest nicht weiter steigen. Doch noch läuft die Entwicklung der Förderpolitik der Bundesregierung genau entgegen. Die Kaufprämie, mit der Staat und Hersteller Elektroautos 2022 noch mit maximal 9.000 Euro bezuschussten, ist in diesem Jahr auf 6.750 Euro gesunken. Für E-Autos mit einem Nettolistenpreis von mehr als 40.000 Euro gibt es nur noch maximal 4.500 Euro Förderung. Und Autos, die netto mehr kosten als 65.000 Euro, werden gar nicht bezuschusst, ebenso wenig Plug-in-Hybride.  

Förderstopp wiegt schwer 

Hinzu kommt: Die Förderung ist gedeckelt. Für 2023 stehen 2,1 Milliarden Euro zur Verfügung, für 2024 nur noch 1,3 Milliarden. Und für Unternehmen ist bereits Ende August mit der Förderung Schluss. Ab September 2023 können nur noch Privatpersonen die sogenannte Innovationsprämie beantragen. So will der Staat sicherstellen, dass die bereitgestellten Mittel trotz der Deckelung ausreichen und nicht nur Unternehmen – immerhin entfallen rund 64 Prozent aller Neuzulassungen in Deutschland auf gewerbliche Halter – davon profitieren. 

Im Moment ist es schon so, dass sich die Bedingungen für E-Mobilität im Fuhrpark verschlechtern“, sagt Marc-Oliver Prinzing, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Betriebliche Mobilität. „Das heißt nicht, dass man nicht mehr über E-Mobilität nachdenken sollte. Aber man muss vielleicht zweimal rechnen und schaut auch intensiver nach Alternativen.“ Denn klar ist: Die offensichtlichen wirtschaftlichen Argumente schwinden.  

E-Mobilität ist ein begehrtes Incentive

Unternehmen steuern damit auf eine Zwickmühle zu. Steigenden Kosten stehen Nachhaltigkeitsaspekte und Mitarbeiterinteressen gegenüber. Für Nutzer etwa ist ein Elektro-Dienstwagen nach wie vor sehr attraktiv. Denn die günstigere Besteuerung für Dienstwagen bleibt unangetastet. Für reine Elektroautos müssen Mitarbeiter weiterhin nur 0,25 Prozent des Listenpreises monatlich als geldwerten Vorteil versteuern – gegenüber einem Prozent bei einem Verbrenner. Nimmt man ein Auto für beispielhaft 40.000 Euro, fallen so entweder für 100 oder für 400 Euro Steuern an.  

Ebenso bieten Elektroautos einen vergleichsweise einfachen Hebel, um die Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Laut einer Studie der KfW Bankengruppe flossen im vergangenen Jahr 47 Prozent der Nachhaltigkeitsinvestitionen deutscher Unternehmen in klimafreundliche Mobilität – allen voran in Elektroautos sowie entsprechende Ladeinfrastruktur. „Mobilität ist ein Bedarf, den jedes Unternehmen hat – vom Dienstleister bis zum Industriebetrieb – und der entscheidenden Einfluss auf die betriebliche CO2-Bilanz hat“, sagt Prinzing. Immerhin stoßen gewerblich zugelassene Fahrzeuge hierzulande laut der Umweltschutzorganisation Transport & Environment 76 Prozent der CO2-Emissionen von Neuwagen aus. Unternehmen wie die Deutsche Telekom, sie betreibt die zweitgrößte Firmenflotte in Deutschland, stellen ihre Fuhrpark-Policy allen Widrigkeiten zum Trotz deshalb konsequent um. Seit Anfang dieses Jahres können dienstwagenberechtigte Mitarbeiter dort nur noch ein reines Elektroauto bestellen. Ähnliche Regelungen verfolgen auch der Schraubenhersteller Würth oder der Softwarekonzern SAP. „Unternehmen, die diese Umstellung konsequent verfolgen, sind Vorbilder“, sagt Prinzing. Ob ihr Vorhaben gelingt, hänge aber stark davon ab, ob sie die benötigten Autos auch bekommen. Noch sei der Markt nicht so aufgestellt, dass jedes Fahrzeug problemlos verfügbar sei, warnt der Experte. Er sieht, genau wie Dataforce-Analyst Kibies, die Jahre 2023 und 2024 als Übergangszeit. „Die Dynamik wird langsamer werden“, sagt Kibies, „aber es gibt durchaus Faktoren, die für einen weiteren Hochlauf der E-Mobilität sprechen.“   

Drei Fragen an Marc-Oliver Prinzing, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Betriebliche Mobilität.

 „Fuhrparkentscheider bauchen Planungssicherheit“ 

Herr Prinzing, kommt das Ende der Innovationsprämie für Firmenfuhrparks zu früh?  

Es ist klar, dass man eine Entwicklung nicht ewig mit Subventionen anschieben kann. Letztlich muss sich die E-Mobilität auch ohne bewähren und da sind wir auf einem guten Weg. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das Ende der Förderung ab September für den gewerblichen Bereich aber problematisch. Nicht nur, dass es keine Förderung mehr geben wird, sondern auch das Timing. Fuhrparkentscheider brauchen Planungssicherheit und hatten nur wenig Zeit, sich darauf einzustellen – auch weil sie einen großen Überhang aus dem Vorjahr mitbringen, wo sie aufgrund der Lieferschwierigkeiten längst nicht alle Fahrzeuge bekommen haben, die sie brauchen.  

Was empfehlen Sie Fuhrparkverantwortlichen nun zu tun?  

Sie müssen genauer rechnen. Durch den Wegfall der Prämie geraten vor allem Klein- und Kleinstwagen unter Druck. Bei einem Auto, das nur 18.000 Euro kostet, hat die Förderung einfach einen größeren Anteil als bei einem Fahrzeug in der Mittel- oder Oberklasse. Das heißt nicht, dass sich kleine E-Autos im Pool nicht mehr rechnen, aber die Unternehmen können überlegen, ob sie sie länger nutzen. Denn trotz allem haben Elektrofahrzeuge Betriebskostenvorteile gegenüber Verbrennern. Nur dauert es aufgrund des voll bezahlten Kaufpreises länger, bis diese Vorteile zum Tragen kommen.   

Ein neuer Aspekt ist: Mit Elektroautos verbessern Unternehmen ihre Klimabilanz. Könnte das in Zukunft eine weitere Motivation für den Umstieg sein? 

Ja, das könnte es. Allerdings nicht für sich allein genommen, sondern die Wirtschaftlichkeit muss immer gegeben sein. Aber das ergibt sich von selbst. Energiekosten sind in Unternehmen immer ein Faktor und je mehr Energie sie verbrauchen, desto höher sind die Emissionen. Das heißt, das Interesse an Autos, die wenig oder erneuerbare Energie verbrauchen, wird sicher weiter steigen. 

Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Christian Raschke 
Bildnachweis: Pitchayanan Kongkaew / iStock



KontaktKontakt