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Green Data: So managen Sie ESG-Daten
Mit den zunehmenden Anforderungen an Unternehmen, über Klimaschutz, Compliance und Co. zu berichten, steigt auch die Menge der zu verarbeitenden Daten. Die beliebte Excel-Liste stößt irgendwann an Grenzen. Wie ESG-Managementsoftware helfen kann, strukturiert zu berichten – und Prozesse nachhaltig zu verbessern.
Wer ein Unternehmen bewerten will, etwa Banken, Investoren oder Kunden, schaut mittlerweile auch auf die ESG-Kriterien. Wie hält es der Betrieb mit ökologischen Standards wie CO2-Emissionen oder Abfallrecycling, werden soziale Kriterien wie gute Arbeitsbedingungen und Lieferantenbeziehungen erfüllt und wie wird das Unternehmen generell geführt? Einige kapitalmarktorientierte Großunternehmen müssen laut der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU bereits in diesem Jahr ein ESG-Reporting vorlegen. 2025 wird es für Unternehmen ernst, die einen Umsatz von mehr als 40 Millionen Euro, eine Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro oder mehr als 250 Mitarbeiter haben. 2026 trifft die Berichtspflicht auch kleinere und mittlere börsennotierte Betriebe. Kleinstunternehmen und Mittelständler, die nicht am Kapitalmarkt agieren, sind zunächst nicht betroffen. Verweigert ein Unternehmen die Berichterstattung, drohen nicht nur empfindliche Strafen, sondern auch weitere Konsequenzen: Finanzinstitute könnten den Geldhahn zudrehen, Kunden zur Konkurrenz abwandern, Vermögenswerte Schaden nehmen.
KMU stehen bei ESG-Daten noch in den Startlöchern
Die Regulierung in Europa wird immer strenger: CO2-Steuer und EU-Taxonomie, Lieferkettengesetz und die CSRD sind nur einige Beispiele. Die Verpflichtungen bedeuten für die betroffenen Unternehmen erheblichen Mehraufwand. So müssen für das ESG-Reporting große Mengen an Informationen aus unterschiedlichen Quellen gesammelt, erfasst und aufbereitet werden. Eine Aufgabe, die ohne elektronische Tools kaum zu schaffen ist. Das meinen auch die rund 300 Entscheider in deutschen, österreichischen und schweizerischen Unternehmen, die das IT-Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen DXC Technology gefragt hat, wie sie die Nachhaltigkeitsziele und das geforderte ESG-Reporting realisieren wollen. Ergebnis: 73 Prozent halten den Einsatz digitaler Werkzeuge für „wichtig“ oder sogar „sehr wichtig“.
Doch genau an diesen Instrumenten mangelt es vielerorts noch. „Die Unternehmen sind zwar aufgeschreckt, aber viele stehen noch in den Startlöchern“, sagt Carsten Meinecke, Geschäftsführer DXC Deutschland und Head of Analytics, Consulting & Engineering in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Einige ermitteln ihre Kennzahlen immer noch mit Excel.“ Das liegt auch daran, dass die Einführung von Software für das ESG-Management und -Reporting zunächst Zeit und Geld kostet. Die Preise und Lizenzgebühren für die Tools variieren nach Leistungsumfang, Firmengröße, Lieferketten und Anzahl der Betriebsstandorte. So muss ein größeres mittelständisches Unternehmen für die Software „Substain“, die vom CSR- und Klimaschutzberatungshaus Conclimate den jeweiligen Betriebsbedürfnissen angepasst wird, mit jährlich etwa 10.000 Euro rechnen. Das Tool, mit dem die für die CSRD benötigten Daten gesammelt und ausgewertet werden, läuft bisher bei rund 140 Firmen, darunter Bahlsen, Morphosys und Kösterbau. „Die Unternehmen bekommen damit alle Fakten für die qualitative Bewertung der Kennzahlen im ESG-Bericht“, sagt Conclimate-Geschäftsführer Christian Reisinger.
ESG-Software: Kosten versus Mehrwert
DXC-Manager Meinecke rechnet die Kosten für die komplette Systemintegration zusammen: Bei einem 100-Mitarbeiter-Betrieb könnten sie schnell einen sechsstelligen Betrag ausmachen – eine Investition, die sich aber lohne: „Zum einen erhalten die Unternehmen die Chance, neue, nachhaltigere Produkte und Services zu entwickeln und zu vermarkten, zum anderen bekommt das Management eine valide Datenbasis und Transparenz, die eine effizientere Unternehmenssteuerung ermöglicht.“ So lassen sich oft sofort Kosten senken. Beispiel: Eine auf Kupferbeschichtungen spezialisierte Fabrik in Baden-Württemberg mit 800 Energieverbrauchsstellen hat mit einer ESG-Lösung für 50.000 Euro im Jahr Einsparungspotenziale beim Strom von über 500.000 Euro sichtbar gemacht. Meinecke: „Man sollte die neuen Richtlinien nicht als lästige und teure Pflicht empfinden, sondern als Möglichkeit, noch besser zu werden.“ Das sagt auch Reisinger: „Der ESG-Bericht ist nicht das Ziel, sondern der Weg zu langfristigem Erfolg.“ Der Report sei einer der wichtigsten Treiber für Innovation und ertüchtige Unternehmen, sich neu zu erfinden, attraktiver für Kunden und Mitarbeiter „und damit langfristig wirtschaftlich erfolgreicher zu werden“.
Der Automobilzulieferer Grammer in Ursensollen hat das erkannt. Für ihn sind die ESG-Kriterien nicht allein ein Reporting-Thema, sondern Kern der Unternehmensstrategie. „Bis 2030 wollen wir unseren CO2-Fußabdruck halbieren“, gibt Direktor Marcellus Menges das Ziel vor. Grammer stellt Komponenten und Systeme für die Pkw-Innenausstattung her, hat 46 Standorte in 19 Ländern und berichtet seit Jahren über die sozialen und ökologischen Aspekte seines Geschäfts. Um die für einen ESG-Report notwendige Datenbasis zu schaffen, hat der Mittelständler ein Product-Lifecycle-Management-System installiert, das Informationen aus der Fertigung und Auslieferung mit Daten aus dem Design und der Planung verknüpft. Damit kann Grammer von jedem Produkt einen digitalen Zwilling erstellen. „Das Ziel ist der Aufbau einer kompletten datentechnischen Kette von der Planung bis zum Schluss“, erläutert Menges. Laut Jens Rollenmüller, Geschäftsführer der Softwarefirma Aras, die dieses Werkzeug für Grammer entwickelt hat, nutzten Unternehmen vor allem die Möglichkeit, eine hohe Zahl an Kombinationen virtuell durchzuspielen und dabei auch gegenseitige Abhängigkeiten zu untersuchen: „So kann sich zum Beispiel herausstellen, dass ein auf den ersten Blick teureres Bauteil am Ende sowohl ökologisch als auch ökonomisch die bessere Wahl ist als das vermeintliche Schnäppchen eines anderen Anbieters.“
Aras-Geschäftsführer Rollenmüller berichtet, dass auch viele mittlere und kleinere Unternehmen digitale Zwillinge schon in der Produktentwicklung nutzen. Ziel sei häufig, energiesparendere Produkte und Prozessketten zu kreieren: „Sie erhalten so tiefgreifende Einblicke in die gesamte Wertschöpfungskette, erkennen zum Beispiel, welche Arbeitsschritte, Komponenten oder Vorprodukte die größten Energiefresser sind.“ Die zunächst virtuelle Simulation mit unterschiedlichen Materialien, Verfahren und eingesetzten Maschinen reduziere die F&E-Kosten, verkürze die Time-to-Market und löse einen Kreativschub im Team aus, „weil bisher aufwendige Testläufe einfacher umzusetzen sind – und damit zum Experimentieren anregen“.
Professioneller Ersatz für Excel
Essenziell sind die ESG-Richtlinien für die Immobilienbranche: Gebäude und Grundstücke, die nach Nachhaltigkeitskriterien positiv bewertet werden, erzielen höhere Preise, die Käufer solcher Immobilien erhalten bessere Kreditkonditionen. Bei der Deutsche Investment Gruppe (280 Mitarbeiter), die rund 420 Objekte in ihren Fonds verwaltet, waren Datenerfassung, Maßnahmenplanung und Reporting jahrelang „ein zeitintensiver und umständlicher Prozess“, erinnert sich Nanette Hoppe, Direktorin Nachhaltigkeits- und Projektmanagement. „Die relevanten Daten waren oft nicht verfügbar, lagen verteilt im Asset oder Property Management oder stammten aus Excel-Tabellen.“ Seit 2021 nutzt die Deutsche Investment die Software von Predium. Mit ihr werden ESG-Daten gesammelt und ausgewertet, die Nachhaltigkeitsperformance der Fonds verfolgt und fundierte Entscheidungen zur Verbesserung der Energieeffizienz getroffen. Hoppe ist zufrieden mit dem Tool: „Unsere Anleger schätzen die Transparenz des Status quo in Sachen Nachhaltigkeit.“
Eine Software von Alasco ist seit einem Jahr beim Projektentwickler Accumulata Real Estate im Einsatz. „Die Einführung hat Zeit gekostet“, konstatiert Lena Vincentelli. „Jetzt aber können wir in einem Bruchteil der Zeit wichtige Energie- und CO2-Analysen durchführen.“ Die Erfassung von Scope-3-Emissionen für ESG-Reports sei überhaupt erst mit der Software möglich geworden. Laut Alasco-Produktchef Benedict Marzahn loben die meisten der bislang rund 50 Anwender der ESG-Software vor allem „die Risikobewertung entlang des Dekarbonisierungspfads, die Taxonomie-Konformität und die Möglichkeit, Optimierungsmaßnahmen auf dem Weg zu Manage-to-Green abzuleiten“.
Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Jürgen Hoffmann
Bildnachweis: Andriy Onufriyenko / Getty Images