Risikomanagement Newsletter

Rezession sorgt für mehr Arbeitslose

Die jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg geben wenig Anlass zu Optimismus. Dabei war der Arbeitsmarkt trotz der konjunkturellen und strukturellen Verwerfungen im Zeichen von Pandemie und Inflation ein Hort der Stabilität.

Im Gegenteil: Es wurden die Gefahr des Fachkräftemangels, die demographische Entwicklung und die Rolle der Migration diskutiert. Dabei war die negative Entwicklung des Arbeitsmarktes an manchen Indizien durchaus abzulesen. So hat in den letzten Jahrzehnten immer die Zunahme von Unternehmensinsolvenzen mit dem Plus bei der Erwerbslosigkeit korreliert. Dabei sind zusammengebrochene Unternehmen ein geringerer Faktor, wenn es um Erwerbslosigkeit geht. Tatsächlich spielen Sanierungen mit einer Reduktion des Mitarbeiterbestandes eine viel größere Rolle, wenn Beschäftigte freigesetzt werden. Da sind Insolvenzen nur die Spitze des Eisbergs, die aber eben auf die Probleme unterhalb der Wasserlinie schließen lässt.

Schlechte Nachrichten aus Nürnberg

Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat sich mit den Hintergründen der aktuellen Lage beschäftigt. Nach ihren Studien ist für 2024 bei den Erwerbstätigen nur mit einer leichten Steigerung um 170.000 Personen zu rechnen. Und auch 2025 wird es nur einen Zuwachs von 180.000 Beschäftigten geben, so dass dann 35,12 Mio. Erwerbstätige in Deutschland zu zählen sein werden. Damit steigt auch die Zahl der Arbeitslosen. Im Jahr 2024 wird sie mit einem Plus von 170.000 bei 2,78 Mio. liegen und 2025 kommen noch einmal 61.000 Arbeitslose hinzu, so dass dann schließlich 2,84 Mio. Beschäftigungslose die Wirtschaft und Sozialversicherungen belasten. Die Bundesagentur für Arbeit hält für den August an einer Arbeitslosenquote von 6,1 Prozent fest – mit den üblichen unterschiedlichen Werten auf der positiven Seite beim Freistaat Bayern sowie den Stadtstaaten Bremen und Berlin auf der negativen Seite. Das ist noch einmal eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr – aktuell sind 176.000 Arbeitslose mehr zu beklagen als 2023. Und ein weiterer Vergleich mit dem Vorjahr macht das Ausmaß der Misere auch bei der Nachfrageseite deutlich. Mit knapp 700.000 gemeldeten offenen Stellen sind 72.000 Angebote weniger für Beschäftigung zu zählen. Die Präsidentin der Bundesagentur kennt den Grund für die Zurückhaltung, wenn sie ausführt, dass „der Arbeitsmarkt weiter die Folgen der wirtschaftlichen Stagnation zu spüren bekommt. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung haben in der Sommerpause weiter zugenommen.“

Dabei stützt die aktuelle Befragung der Creditreform Wirtschaftsforschung im Mittelstand, dem wichtigsten Arbeitgeber in Deutschland, die Untersuchung des ifo Instituts, die feststellt, dass die Unternehmen bei ihren Personalplanungen so vorsichtig agieren wie seit dreieinhalb Jahren nicht mehr, zu einem Zeitpunkt, als die Corona-Pandemie der Wirtschaft die Luft nahm. Die KMU in der Creditreform Analyse gaben zum Herbst 2024 zu Protokoll, dass sie nur zu 15,5 Prozent eine Personalaufstockung vorgenommen haben, zu 21,2 Prozent aber den Personalbestand verkleinerten. Damit wird ein negativer Saldo erreicht, höher als in den ganzen Jahren zuvor – 2020 lag das Minus beim Saldo bei 0,9 Prozentpunkten, aktuell beträgt es 5,7. Aus dem negativen Saldo aus Beschäftigungszusagen und Freistellungen wird man wohl auch im Mittelstand in Zukunft nicht herauskommen. So gaben 15,2 Prozent der Befragten an, dass sie zukünftig Personal einstellen möchten, aber 11,4 Prozent sprachen von einer Verkleinerung der Mitarbeiterzahl. Zurückhaltung üben am stärksten der Handel und das Verarbeitende Gewerbe aus. Sie sind auch am meisten von der schlechten Konsumlage und den Mangel an Aufträgen durch die konjunkturelle Flaute betroffen.

Autoindustrie wackelt

Nun ist aktuell neben dem Maschinenbau und der Pharmazie am stärksten von der Rezession – das neueste Gutachten geht von einem Minus von 0,1 Prozent aus – der Automobilbau betroffen. VW kündigt Beschäftigungsgarantien auf und die Zulieferer schließen Standorte oder verkleinern ihre Belegschaft drastisch. Noch hat kein Autogipfel Perspektiven aufzeigen können. Getrieben von der Konkurrenz aus China und den Anforderungen durch den Wechsel auf die E-Mobilität zeigen sich die Automobilwirtschaft und die Politik ratlos.

Enzo Weber vom IAB umreißt in einem Interview die aktuelle Lage von Konjunktur und Arbeitslosigkeit in Deutschland. Seit Mitte 2022 nimmt die Arbeitslosigkeit zu. Da helfen seiner Meinung nach auch sinkende Zinsen oder steigende Reallöhne der Konjunktur nicht, wieder auf die Füße zu kommen. Er nennt auch den zunehmenden Protektionismus und die Handelskonflikte als Ursache dafür, dass der Industriestandort Deutschland an Boden verliert. Die Vielzahl von Sanktionen, die immer mehr als ein wohlfeiles Mittel der Politik erscheinen, treffen bekanntlich nicht nur das Land gegen das sie sich richten, sondern den Auslöser eines Embargos selbst. Trump spricht bereits jetzt davon, dass er europäische und insbesondere deutsche Autohersteller über hohe Strafzölle dazu zwingen will, die Herstellung in die USA zu verlagern. Damit würden Arbeitsplätze in der Branche noch weiter verloren gehen. Besonders bedrückend für Weber ist die Langzeitarbeitslosigkeit – hier zeigen sich nach seiner Meinung bereits Verfestigungstendenzen. „Die Jobchancen von Arbeitslosen, die mit Pandemiebeginn und im Jahr 2022 eingeknickt waren, haben sich tatsächlich nicht wieder nachhaltig erholt. Die Unternehmen melden der Bundesagentur für Arbeit mittlerweile historisch wenige neue Stellen. Entsprechend liegt die Langzeitarbeitslosigkeit deutlich über dem Vor-Corona-Niveau.“ Neue Geschäftsfelder sind zu besetzen, der Strukturwandel steht vor der Tür. Weber dazu weiter: „Die Wirtschaft befindet sich gerade durch Künstliche Intelligenz und die grüne Transformation in fundamentalen Umbrüchen. Das bedeutet außergewöhnliche Chancen auf die Entwicklung neuartiger Wertschöpfung. Werden diese Chancen nicht hinreichend ergriffen, impliziert das allerdings auch außergewöhnliche Risiken, angestammte Stärken zu verlieren.“ Nun gilt es, nicht mehr vitalen Sektoren Subventionen und Forderungen, etwa auch im Zeichen der Sanierung in der Insolvenz, zu nehmen.

Quellen: Creditreform, IAB, ifo



Pressekontakt Regional

Marketing

Tel.: +49 89 189293-663
marketing@muenchen.creditreform.de

Pressekontakt

Patrik-Ludwig Hantzsch
Pressesprecher
Leiter Wirtschaftsforschung

Tel.: +49 (0) 21 31 / 109-172
p.hantzsch@verband.creditreform.de
Twitter: @PtrkLdwg